Raffael – Superstar der Renaissance
Bild: The National Gallery London, SMB / J.P. Anders
von Hans-Jürgen Kolbe
Es war im Frühjahr 1958, als ich im Rahmen einer Jugendweihestunde zum ersten Male die Gemäldegalerie „Alte Meister“ in meiner Heimatstadt Dresden betrat. Und so stand ich dann auch bald vor dem Bild aller Bilder: Der Sixtinischen Madonna von Raffaello Sanzio da Urbino, wie der Künstler mit richtigem Namen hieß. Zugegeben: Damals hatte ich noch keine Ahnung von der künstlerischen Bedeutung der Werke dieses Mannes, dessen 500. Todestag wir in diesem Jahr begehen.
Geschweige denn hatte ich eine Ahnung davon, daß ihm schon zu seinen Lebzeiten die Geschichte gewissermaßen das Du angeboten hat. Sie meinte es mit dem Maler und Architekten Raffaello Sanzio (1483–1520) ausgesprochen gut: Raffael war ein Star der Renaissance, ein begnadeter Künstler und Selbstvermarkter, Herr über eine der renommiertesten Kunstmanufakturen seiner Epoche, ein gefragter Auftragskünstler der weltlichen wie kirchlichen Machtelite, und er hat in seinem kurzen Leben ein Werk geschaffen, das für Jahrhunderte als Maß aller Dinge galt. Allein die Raffael-Rezeption der Goethezeit nebst Sekundärliteratur füllt Bibliotheken. Ohne persönliches Raffael-Erlebnis und Abarbeitung des Raffael-Kanons galt man bis weit ins 19. Jahrhundert hinein als Parvenü und kaum gesellschaftsfähig.
Von 1500 bis 1508 arbeitete Raffael in ganz Mittelitalien, vor allem aber in Florenz, wo er sich einen Namen als Porträt- und Madonnenmaler machte, der die archetypische Ikone des katholischen Glaubens in einer Weise darstellte, wie sie die Welt noch nicht gesehen hatte, mit furioser Kompositionsgabe und von anrührender Intensität. Als er, gerade 25 Jahre alt, 1508 von Papst Julius II. nach Rom zitiert wurde, war er bereits ein umschwärmtes Idol. Im Dienste des päpstlichen Repräsentationswillens entstanden einige seiner berühmtesten Werke, Meisterwerke der Hochrenaissance wie etwa das Fresko Die Schule von Athen (La scuola di Atene) aus den Stanzen, aber auch die Sixtinische Madonna, von Julius II. 1512 für die Klosterkirche San Pisto in Piacenza in Auftrag gegeben, heute ein Kultbild und Publikumsmagnet in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden.
Raffael in Berlin – Die Madonnen der Gemäldegalerie
Mit fünf Madonnen besitzt das Berliner Haus einen reichen Bestand, um das Werk Raffaels zu zeigen. Und aus London kommt eine ganz besondere Leihgabe. Anlässlich des Raffael-Jubiläums 2020 vereint die Gemäldegalerie in einer Kabinettausstellung (13.12.2019 bis 26.04.2020) fünf Madonnenbilder aus ihrem Bestand, die durch Leihgaben der National Gallery in London und des Berliner Kupferstichkabinetts begleitet werden.
Der 500. Todestag am 6. April 2020 von Raffaello Sanzio da Urbino (6. April oder 28. März 1483 in Urbino, † 6. April 1520 in Rom), einem der bedeutendsten Künstler der italienischen Renaissance, bietet die Gelegenheit die fünf Madonnenbilder aus dem Bestand der Gemäldegalerie in einer Kabinettausstellung zu vereinen. Die sonst nicht zusammen ausgestellten Werke werden sich hier begegnen und in einen Dialog treten mit Leihgaben der National Gallery in London und des Berliner Kupferstichkabinetts. Dabei wird auch das Rundbild der Madonna Terranuova (um 1505) erstmalig zusammen mit Raffaels Zeichnung des Kopfes der Madonna Terranuova aus dem Kupferstichkabinett zu sehen sein.
Londoner Ehrengast
Neben den herausragenden Werken Raffaels aus Berlin ist ein Madonnen-Meisterwerk aus der National Gallery in London als Gast zu Besuch und bildet ein Highlight der Ausstellung: die Madonna mit den Nelken (1506-08). Sie verlässt England zum ersten Mal seit ihrem Museumsankauf. Raffael malte dieses Andachtsbild kurz bevor er Florenz nach Rom verließ und inspirierte sich dafür auch an der berühmten Komposition der „Madonna Benois“ von Leonardo da Vinci, die sich heute in der Eremitage in Sankt Petersburg befindet.
Raffael als Kult-Künstler
Die Berliner Sonderpräsentation nimmt eine dezidiert sammlungsgeschichtliche Perspektive ein und führt uns jenen „jungen Raffael“ vor Augen, der bei Gründung des ersten Museums in Berlin 1830 heiß begehrt war. Wir zeichnen die Ausstellungsgeschichte der Raffael-Madonnen nach vom Königlichen Museum Unter den Linden (heute: Altes Museum) über das Kaiser-Friedrich-Museum (heute: Bode-Museum) und die Nachkriegszeit in Dahlem bis heute. Nicht zuletzt rückt dabei auch die interessante Frage der Rahmung der Gemälde von Karl Friedrich Schinkel bis heute in den Fokus. Die Ausstellung wirft ein Schlaglicht auf die frühe Erwerbungspolitik der Gemäldegalerie im Spiegel europäischer Sammlungsgeschichte. Sie zeigt uns den Raffael, den Preußen im 19. Jahrhundert aus ihm gemacht hat, aber zugleich den zeitlosen Raffael, als Schöpfer von Bildern vollkommener Schönheit und Harmonie.
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