Die Armbrust – über Schrecken und Schönheit
Bild: Deutsches Historisches Museum
von Ursula A. Kolbe
Beim Rundgang durch die Ausstellung „Die Armbrust – Schrecken und Schönheit“ im Berliner Deutschen Historischen Museum blieb mein Blick an markierten Redewendungen an den Wänden hängen. Das machte mich neugierig, handelte es sich doch Ausdrücke im alltäglichen Sprachgebrauch. So z. B. „etwas im Schilde führen“. Im wörtlichen Sinne ist damit gemeint, dass ein gerüsteter Ritter mit geschlossenem Visier Freund oder Feind sein könnte. Nur anhand des Wappens auf dem Schild war er zu erkennen. Weitere Aussprüche sind „den Vogel abschießen“, „den Bogen überspannen“, „weit gefehlt“ oder „einen Bock schießen“; nachzuspüren an eben diesem Ort.
Diese Ausstellung gehört trotz aller Nachkriegsverluste noch immer zu den bedeutendsten der Welt. Und dass die dargestellten Objekte weitaus mehr als historische Kriegswaffen sind, zeigt die Wechselausstellung bis zum 8. März 2020. Ihre Bedeutung liegt in der Geschichte und Zusammensetzung sowie in ihren wertvollen Stücken. Fast alle gehörten dem Königlichen Zeughaus zu Berlin, wichtigstes Arsenal der preußischen Armee.
Armbruste waren schrecklich in ihrer Durchschlagskraft, aber auch besondere Repräsentationsobjekte mit schöner Dekoration. Der Gebrauch hing eng zusammen mit der technischen Weiterentwicklung der Waffen: Sie wurde als effektive Kriegswaffe erfunden, als lautlose Jagdwaffe zur Perfektion gebracht und als zielsichere Schützenwaffen zu einem technischen und dekorativen Höhepunkt geführt. Als moderne Sportwaffe gibt es sie bis heute.
Schätze in den Rüst- und Kunstkammern des Berliner Schlosses
Die Waffensammlung im Zeughaus geht auf das 18. Jahrhundert zurück, doch wurden schon vorher in den Rüst- und Kunstkammern des Berliner Schlosses wertvolle und dekorative Waffen und Rüstungen gesammelt. Im frühen 19. Jahrhundert sind die Berliner Armbruste wie alle historischen Waffen der Könige von Preußen im Zeughaus konzentriert und seit dem Ende des 19. Jahrhunderts im Rahmen einer Museumssammlung unter modernen Gesichtspunkten auch systematisch bearbeitet worden.
Armbrustschützen im Mittelalter
Sie kämpften sowohl in Feldschlachten als auch bei Belagerungen. Anders als Ritter waren Schützen relativ leicht ausgerüstet, da sie beweglich sein mussten. Kettenhemd, Eisenhut und Brustpanzer schützten bedingt vor Schwerthieben, Lanzenstichen, Pfeilen, Bolzen und Kugeln. Zur Selbstverteidigung trugen sie ein Schwert. Wichtiger war die Ausrüstung der Armbrust: ein Riemen oder eine Winde zum Spannen und der Köcher für die Bolzen. Um Schutz auf dem Gefechtsfeld zu finden, war die Mitnahme schwerer Satzschilde, einer „beweglichen Burg“, nötig.
Das Schützenwesen der deutschen Städte
Ihre Hauptbedeutung erlangte die Armbrust aber im 15. bis 18. Jahrhundert im Schützenwesen der deutschen Städte. Ausgehend von den Schützengesellschaften in ganz Mitteleuropa, die ursprünglich zur Selbstverteidigung der Städte dienten, entstand ein reiches gesellschaftliches Leben um das Armbrustschießen, das sich in lokalen und regionalen Schießwettbewerben und Schützenfesten zeigte. Letztere waren bald Mittel der bürgerlichen Politik der Städte untereinander.
Sie wurden aber im 16. Jahrhundert auch zunehmend von Adel und Fürsten erkannt, die die ursprünglich städtischen Schützenfeste übernahmen und daraus Hoffeste machten. Für das ritterliche Turnier nutzten sie zunächst das organisatorische Wissen der Bürger. An Fürstenhöfen schossen auch Frauen mit Armbrüsten. Das Schießen ließ sich zudem mit der Jagd verbinden.
Die Legende vom Freiheitshelden Wilhelm Tell
Wer kennt sie nicht, diese Legende. Bekannt der Ausspruch: „Vertraute Bogensehne, die so oft mir treu gedient hat in der Freude Spielen. Verlass mich nicht im fürchterlichen Ernst.“ – Verknüpfungen zur Erzählung um Wilhelm Tell, die sich unmittelbar mit der Armbrust als Waffe des Freiheitskampfes und mit dem Schuss ergeben, bei dem der Held dem eigenen Sohn mit einem gefährlichen, aber zielsicheren Einsatz der Waffe einen Apfel vom Kopf schießt. Damit befreite der Titelheld sich und seinen Sohn aus der Hand des Tyrannen. In der Frühen Neuzeit noch Identifikationsfigur verschiedener Gruppierungen, wurde die Legende im späten 19. Jahrhundert zum Nationalmythos der Schweiz.
Mit der Veröffentlichung des Dramas von Friedrich Schiller (1759 – 1805) im Jahre 1804 erlangte die Legende vom Freiheitshelden Bekanntheit über die Schweiz hinaus. Das Schauspiel wurde sowohl als Heldenepos auf den Bühnen inszeniert als auch als Inspirationsquelle für die Vorstellung vom Mittelalter vielgestaltig rezipiert. Bis heute erfährt es eine Ausbeutung als Kampf um Freiheit und nationale Einheit. Die Armbrust bleibt dabei ein Symbol für den Kampf um die Freiheit gegen die Tyrannei.
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