Karriere vom Müllersohn zum Malergenie
Bild: Gemäldegalerie "Alte Meister", Dresden
von Hans-Jürgen Rudolf
Die Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden zählt mit ungefähr 750 ausgestellten Meisterwerken aus dem 15. bis 18. Jahrhundert zu den renommiertesten Gemäldesammlungen der Welt. Zu den Schwerpunkten des Museums gehören italienische Werke der Renaissance sowie holländische und flämische Maler des 17. Jahrhunderts. Unter Letzteren auch Werke von Rembrandt, an dessen 350. Todestag in diesem Jahr erinnert wird.
Am 15.07.1606 wurde Rembrandt Gerritsz van Rijn in Leiden geboren: eine Karriere vom Müllersohn zum Malergenie begann. Doch ein Senkrechtstarter war er nicht. Zunächst versuchte er eine akademische Karriere und schrieb sich an der renommierten Leidener Universität ein. Doch bereits nach wenigen Monaten entschied er sich für eine Lehre als Maler, was zu dieser Zeit einem sozialen Abstieg gleichkam. Denn die Malerei gehörte nicht zum exklusiven Bereich der “freien Künste”, sondern galt als Handwerk, Maler waren wie Tischler und Färber in Gilden organisiert.
Recht schnell muss Rembrandt die Enge seiner Heimatstadt bewusst geworden sein, er entschied sich für eine Fortsetzung seiner Ausbildung in Amsterdam im Atelier Pieter Lastmans, dessen Hauptverdienst es war, den Schüler auf die Kunst Italiens und Flanderns, insbesondere Rubens, aufmerksam gemacht zu haben. Danach ging alles ganz schnell. Rembrandt eröffnete in Leiden mit seinem Freund Jan Lievens ein Atelier, das die Aufmerksamkeit Constantijn Huygens erregte, der die ersten großen Aufträge besorgte. Rembrandt zog nach Amsterdam, heiratete Saskia van Uylenburgh, erwarb ein stattliches Haus und setzte seine Karriere fort.
Rembrandt-Gemälde kamen nach Dresden
Die Dresdner Gemälde stammen aus dieser erfolgreichen Phase, da Rembrandt zu den begehrtesten Malern von Porträts und Historienbildern zählte. August der Starke und seinem Sohn, August III., gelang es, bedeutende Gemälde nach Dresden zu holen, darunter das berühmte “Selbstbildnis mit Saskia” und der “Raub des Ganymedes.” Diese Bilder zeigen Rembrandt auf dem Höhepunkt der barocken, dynamischen Malerei, die keine Berührungsängste mit drastischen und obszönen Details hat.
Bis heute diskutieren die Kunsthistoriker über die Bedeutung des pinkelnden kleinen Ganymedes, der nach der griechischen Mythologie als junger Mann die Aufmerksamkeit des Göttervaters Jupiter erregte. Angesichts dieses Bildes ist es kein Wunder, dass Rembrandt nicht nur Liebhaber, sondern auch Kritiker hatte. Der Gelehrte Andries Pels beschrieb ihn gar als den “ersten Ketzer in der Malerei”, indem er eine eigensinnige Malweise verfolge, die sich nicht an die Richtlinien des Geschmacks und der Schönheit halte.
Saskia, die Managerin
Nur leider werden die Frauen an seiner Seite in der neueren Forschung völlig unterschätzt, meint der Journalist Christoph Driessen, der während seines Studiums sehr interessante Aspekte zu Rembrandts Leben hat ausfindig machen können und diese detailreich und spannend schildert. Vor allem die erste Ehe habe den Meister stark inspiriert und ihm zum Aufstieg verholfen: „Solange ihm Saskia zur Seite stand, stieg sein Stern in Amsterdam immer höher. Als sie aber 1642 mit noch nicht einmal 30 Jahren starb, geriet er sofort in eine schwere Krise“, schreibt Driessen.
Saskia Uylenburgh hat dem großen Meister oftmals Porträt gestanden und vermutlich für ihn Geschäfte geführt und Bilder verkauft. Die Tochter aus einer angesehenen, friesischen Bürgermeisterfamilie verhalf dem einfachen Müllerssohn aus Leiden zu seinem gesellschaftlichen Aufstieg.
Es war Liebe auf den ersten Blick. Im Frühjahr 1633 haben sie sich zum ersten Mal in Amsterdam gesehen und nur wenige Monate später, am 5. Juni, haben sie sich verlobt. Sie war 21, Rembrandt 27 Jahre alt. Den zahlreichen Bildern nach zu urteilen, die Rembrandt von ihr schuf, war Saskia seine große Liebe. Am 10. Juni 1634 haben sie in Amsterdam geheiratet, am 2. Juli noch einmal kirchlich in der Sint Annaparochie in Friesland. Vier Kinder wird Saskia zur Welt bringen, aber nur ein Kind überlebt: Sohn Titus.
Saskia und Rembrandt lebten in Amsterdam auf großem Fuß. Eine Tatsache, die auch das Gemälde „Selbstbildnis mit Saskia“ widerspiegelt. Das Malergenie verdiente sehr viel Geld mit Bildern und der Ausbildung junger Maler. Und diesen Reichtum zeigte er auch gerne. Er leistete sich eine sündhaft teure Raritätensammlung und prahlte damit, „über die Maßen begütert“ zu sein. Auch Saskia umgab sich gerne mit dem Überfluss, ließ sich von Rembrandt als Göttin malen (1635) und hielt sich in keiner Weise an die kirchlich verordnete Zurückhaltung.
Es war ein kurzes, intensives Leben – und vermutlich die schönste Zeit für Rembrandt. Saskia starb mit 30 Jahren. Nach ihrer vierten Geburt ging es ihr nicht gut. Vermutet wird, dass sie an Tuberkulose litt.
Rembrandts Strich faszinierte Picasso
In Deutschland nehmen, neben Köln, München und Hamburg, die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden das 350. Todesjahr zum Anlass für eine Sonderaustellung. Sie widmet sich seit Mitte Juni noch bis zum 16. September vorrangig Rembrandts Grafikkunst. Vor allem die sächsischen Kurfürsten haben im 18. Jahrhundert die meisten der wunderbaren Radierungen Rembrandts erworben. In der Ausstellung „Rembrandts Strich“ sind rund 100 Werke aus allen Schaffensperioden zu sehen: Zeichnungen, Radierungen und Kupferstiche. Eine wahrlich üppige Schau! Rund 20 Zeichnungen gelten als von ihm selbst ausgeführt oder überarbeitet, 45 wurden von seinen Schülern gefertigt.
Grafik hat in seinem Werk immer eine bedeutende Rolle gespielt. Das Genie konnte mit wenigen Strichen eine Figur erfassen.
Am Beispiel der großen Radierung „Ecce Homo“ wird demonstriert, wie Rembrandt seine Kompositionen entwickelte und korrigierte. Dieses Vorgehen hat vor allem Picasso fasziniert, der um 1970 eine Serie „Ecce Homo“ nach Rembrandt produzierte.
Wer in Berlin dem Malergenie anläßlich seines 350. Todestages die Ehre erweisen will, dem sei ein Besuch in der Gemäldegalerie der Staalichen Museen zu Berlin empfohlen. Der Saal mit den Rembrandt-Gemälden ist durch seine zentrale Lage im Museum hervorgehoben. Die Sammlung gehört mit 16 Werken des Künstlers zu den größten und qualitätsvollsten der Welt.
(Quellen: Deutsche Biographie – Rembrandt van Rijn; Andreas Gebbink: Rembrand und die Frauen; Tagesspiegel: Sonderbeilage Sommerkultur)
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