Auch nach 200 Jahren Theodor Fontane auf der Spur
Bild: Neuruppin / Traub
von Ursula A. Kolbe
Fontane? Ah ja – „Effi Briest“, „Der Stechlin“ fallen mir sofort ein und auch „Herr Ribbeck von Ribbeck im Havelland, ein Birnbaum in seinem Garten stand…“ Von Theodor Fontane ist natürlich die Rede. Am 30. Dezember vor 200 Jahren als Nachkomme eingewanderter Hugenotten in Neuruppin geboren, schrieb er Romane, die in die Weltliteratur eingingen, prägte er wie kein anderer seine Heimat und die Identität Brandenburgs, hat er sich als bedeutendster deutscher Realist in die Literaturgeschichte eingeschrieben.
Der „Goethe der Mark“ wird er auch genannt. In seinen „Wanderungen durch die Mark“ beschreibt er die Landschaften, die Orte, die Menschen, denen er begegnete. Der gelernte Apotheker, Journalist und Schriftsteller begegnete seiner Umwelt mit wachem Gespür. Er tauschte die märkischen Gefilde mit Berlin, berichtete später als Korrespondent u. a. auch von der Eröffnung der Londoner U-Bahn, schrieb über die Debatten zum Frauenwahlrecht, beschäftigte sich mit den britischen Kolonialkriegen und dem amerikanischen Bürgerkrieg.
Blättern wir beim Historiker Iwan-Michelangelo D’Aprile, markiert dieser den Weg Fontanes vom „Apotheker auf der Flucht“, den „Revolutionär“ hin zum Kulturjournalisten und „Romancier der Hauptstadt“. Seine politischen Ansichten seien nach eigenen Worten immer „etwas wackliger Natur“.
Er habe zwischen der Rolle und der tatsächlichen Erscheinung des „Preußentums“ kritisch unterschieden. So setzte sich Fontane mit scheinbar unveränderlichen Wahrheits- und Moralbegriffen auseinander. Die im Kaiserreich als Duell getarnten „Ehrenmorde“ waren für ihn ein Beispiel überholter Moralauffassungen der preußischen Oberschicht, um nur einiges zu nennen.
Chronist der Mark und Europäer
Der Schriftsteller sei nicht nur ein Chronist der Mark, sondern auch ein Europäer gewesen, der in London gelebt und Schottland und Italien bereist habe, beschreibt der Literaturwissenschaftler und Leiter des Potsdamer Fontane-Archivs, Peer Trilcke, die Bedeutung Fontanes. In der Weltliteratur des 19. Jahrhunderts sei er der einzige deutsche Schriftsteller, der international wahrgenommen werde.
Fontanes Motive seien von „überraschender Aktualität“, betont die Leiterin der „Kulturland Brandenburg“-Themenjahre Brigitte Faber-Schmidt. Durch seinen Wortwitz könne häufig „eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart“ geschlagen werden. Er sei ein „Schriftsteller im buchstäblichen Sinn“, ein „Allesnotierer und Vielkorrigierer“ gewesen, der „mit der Feder in der Hand auf dem Papier dachte“.
Geburtsstadt Neuruppin setzt würdige Akzente
Das Jubiläumsjahr wird am 30. März 2019 natürlich in Fontanes Geburtsstadt Neuruppin eröffnet und endet zu seinem 200. Geburtstag am 30. Dezember. Unter dem Titel „fontane.200“ wurde ein umfangreiches Kulturprogramm ins Leben gerufen, und nicht nur für Literaturfans wird es sich lohnen, das Land Brandenburgs auf den Spuren Fontanes zu erkunden. Denn wo auch immer er Station machte, wird in diesem Jahr besonders an ihn erinnert.
Neuruppin ist für Kulturliebhaber ein ganz besonderer Ort. Mit Theodor Fontane und Karl-Friedrich Schinkel sind gleich zwei bedeutende Persönlichkeiten in der ehemaligen preußischen Garnisonsstadt geboren. Die klassizistische Architektur im historischen Stadtkern und die reizvolle Lage am Ruppiner See machen die Stadt noch dazu sehenswert.
Einblicke in die Geschichte und Entwicklung der Stadt bietet natürlich das Museum Neuruppin. Da die erste Schausammlung bereits zu Fontanes Zeiten bestand, hat sich der berühmte Sohn in seinem literarischen Werk damit auseinandergesetzt. Das kann man vor Ort an 20 Tonstationen „nachhören“. Ein bedeutender Schatz des Museums sind außerdem die rund 22.000 Motive des Neuruppiner Bilderbogens, ein Vorläufer der heutigen Zeitschriften und Illustrierten, aus dem frühen 19. Jahrhundert, die Neuruppin rasch in der ganzen Welt bekannt machten.
Das Museum Neuruppin präsentiert ab März mit „fontane.200 / Autor“ die zentrale Ausstellung zum Fontane-Jubiläum. Direkt an das Museum grenzt der Tempelgarten mit dem Apollo-Tempel. Er geht auf den jungen Kronprinzen Friedrich zurück, der mit dem exotischen Park sein erstes Gartenkunstwerk schuf, bevor die Parks in Rheinsberg und Sanssouci entstanden.
Um noch einmal auf das berühmte Gedicht über Herrn von Ribbeck und seinen Birnen zurückzukommen: Seit Generationen gehört es zum Schulstoff und machte damit das kleine Dörfchen und mit ihm das ganze Havelland berühmt. Und das, obwohl Fontane wohl nie selber in Ribbeck gewesen ist. Der berühmte Birnbaum fiel 1911 einem Sturm zum Opfer. Dennoch dreht sich in dem Dorf noch immer sehr vieles um die Birne, das berühmte Gedicht und damit auch um Fontane.
Ein Teil des alten Baumstammes blieb erhalten und kann in der Kirche besichtigt werden. Das Schloss der Ribbecks ist heute ein Ort der Kultur; in der Alten Schule gibt es ein historisches Klassenzimmer sowie ein Cafè im ehemaligen Wohnzimmer des Lehrers. Und im alten Waschhaus werden Birnentorten in unzähligen Variationen serviert. Legende und Gegenwart leben in Ribbeck – und laden zu einem Abstecher ein.
Mit rbb-App „Fontane“ in Berlin und Brandenburg unterwegs
Anstöße, auf Fontanes Spuren zu wandeln, gibt jetzt ebenfalls die eigens zu diesem Jubiläum entwickelte rbb-App „Fontane“. Sie lädt dazu ein, Berlin und Brandenburg auf den Spuren des bekannten deutschen Schriftstellers zu entdecken, seine Wege und Werke zu erkunden. Bereits 120 Orte in der Region sind in der App enthalten: Von „Chicago am Schwielowsee“, Caputh, über Neuruppin und Bad Freienwalde bis in die Berliner Innenstadt. Zu jedem Ort gibt es Audios oder Videos, ein passendes Stück Originaltext sowie Zitate.
Die App wird aber weiter wachsen und immer vielseitiger werden. So fließen Beiträge u. a. von Kulturradio, zibb, Inforadio oder Brandenburg aktuell mit ein. Die App bietet zudem Themenfilter, weist via Push-Nachricht auf spannende Fontane-Orte in der Umgebung hin und schlägt passende Inhalte entlang der bekannten Wander- und Radrouten in Brandenburg vor.
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