Ein Wissenschaftler, Weltbürger und Entdecker
Bild: Rolf Handke / Pixelio.de
von Ursula A. Kolbe
„Ein ganzes Jahr mit Alexander von Humboldt“ – unter diesem Motto haben sich 13 Institutionen Berlins und Brandenburgs zusammengeschlossen, um 2019 den 250. Geburtstag Humboldts zu ehren. Er war an vielen Orten zu Hause. Doch Berlin spielte in seinem Leben immer eine wichtige Rolle, hatte Enno Aufderheide, Generalsekretär der Alexander-von-Humboldt-Stiftung, bei der Vorstellung des Programms erklärt.
Alexander wurde in Berlin am 14. September 1769 als Sohn eines preußischen Offiziers und Kammerherrn geboren. Seine Mutter stammte aus einer wohlhabenden Familie zum Teil hugenottischer Herkunft. Sein zwei Jahre älterer Bruder Wilhelm von Humboldt ist heute bekannt als herausragender preußischer Bildungsreformer, der 1810 die Gründung der Berliner Universität vorantrieb.
Auch Alexander sollte eigentlich eine Karriere im Staatsdienst machen. Aber schon früh interessierte er sich für Pflanzen, Tiere, Steine und ferne Länder. Als seine Mutter im November 1796 starb, eröffnete ihm deren beträchtliches Erbe die Chance, sich als Forscher unabhängig zu machen.
Auf seinen Reisen trug er ein reichhaltiges Wissen zusammen. Er beeinflusste nahezu alle Gebiete – von den Altertumswissenschaften bis zur Zoologie. „Wohin man rührt, er ist überall zu Hause“, schwärmte der 20 Jahre ältere Goethe. Bereits vor seiner großen amerikanischen Forschungsreise von 1799 bis 1804 hatte sich Humboldt das Ziel gesetzt, eine „physique du monde“ zu schaffen, das physisch-geografische Wissen der Welt zusammenzufassen. Diese Forschungen mündeten später in das große Alterswerk „Kosmos“.
Als Wissenschaftler, Weltbürger und Entdecker war Alexander von Humboldt von der Aufklärung geprägt und pflegte einen weltumspannenden Austausch wie auch ein breites Netz von Freundschaften. Der jüngere Bruder von Wilhelm von Humboldt gilt als Mitbegründer der Geographie und als zweiter Entdecker Südamerikas.
Seine mehrjährigen Forschungsreisen führten Alexander nach Lateinamerika, in die USA sowie nach Zentralasien. Wissenschaftliche Feldstudien betrieb er u. a. in den Bereichen Physik, Chemie, Geologie, Mineralogie, Vulkanologie, Botanik, Vegetationsgeographie, Zoologie, Klimatologie, Ozeanographie und Astronomie, aber auch zu Fragen der Wirtschaftsgeographie, der Ethnologie und der Demographie.
Zudem korrespondierte er bei seinem publizistischen Werk mit zahlreichen international bedeutenden Spezialisten der verschiedenen Fachrichtungen und schuf so ein wissenschaftliches Netzwerk eigener Prägung.
Hierzulande erlangte er vor allem mit den Ansichten der Natur und dem Kosmos außerordentliche Popularität. Sein bereits zu Lebzeiten hohes Ansehen spiegelt sich in Bezeichnungen wie der „zweite Kolumbus“ oder der „wissenschaftliche Wiederentdecker Amerikas“.
Humboldts Leben war geprägt vom steten Drang, neuen Ufern zuzustreben, sein Wissensdrang schier unerschöpflich. Ihm eilte der Ruf voraus, ein Mann zu sein, der alles wisse. Diese Umtriebigkeit wird u. a. deutlich im Buch „Alexander von Humboldt / Ein Lebensbild in Anekdoten“ von Dorothea Nolte aus dem Eulenspiegel Verlag. Folgende Worte auf dem Einband machen darauf neugierig: „Auf gewagten Expeditionen legte er zehntausende Kilometer auf Schiffen, Pferden und zu Fuß zurück, durchkämmte den Dschungel des Amazonas, bestieg Berge, untersuchte Pflanzen, Tiere, Gesteine.
Ein Abenteurer mit dem Messinstrument in der Tasche. Und ein Wissenschaftler von ungeheurem Horizont. Kein Gelehrter seiner Zeit wurde mehr bewundert, keiner häufiger abgebildet. Im Alter bezeichnete sich Humboldt als ‚an den Höfen zahm gewordener Waldmensch vom Orinoco‘. Nur: So ‚zahm‘ war er nicht. Nicht vor Königsthronen, und auch nicht in den Salons von Berlin und Paris, wo er als geistreicher Redner geschätzt und als Lästermaul gefürchtet war.“
Lassen Sie mich in dem Zusammenhang auf eine weitere Schrift verweisen, auf „Alexander von Humboldt – Der Preuße und die neuen Welten“. Darin widmet sich der Autor Rüdiger Schaper neben dem Reisen und seinen Ergebnissen auch dem weithin verborgenen Privatleben – und dem preußischen Erbe, das Humboldt zeitlebens geprägt hat. Hier zieht Alexander Bilanz, schafft mit einem weitverzweigten Netz von Mitarbeitern die Grundlagen für ein Verständnis der globalisierten Welt, das jetzt im 21. Jahrhundert überraschend aktuell ist.
Alexander von Humboldts Vermächtnis aktueller denn je
Um noch einmal auf die eingangs erwähnten 13 Institutionen zurückzukommen, die gemeinsam das Humboldt-Jahr ausgerufen haben und jedes von ihnen Bezug zu ihm hat. Über die Veranstaltungen und Partner informiert die Plattform www.avhumboldt250.de.
So gehört zu den herausragenden Ereignissen „12xHumboldt – eine wachsende Ausstellung“ im Botanischen Garten. Dieser beherbergt mehr als 3.000 „Herbarbelege“ – Humboldts, also meist getrocknete und gepresste Pflanzen oder Pflanzenteile, die der Naturforscher von Reisen mitbrachte. Erst 2014 erschien das reich bebilderte grafische Gesamtwerk Humboldts, in dem Pflanzen einen großen Platz einnehmen.
Die virtuelle Ausstellung „12x Humboldt“ wird im Juni 2019 eröffnet und nähert sich Humboldts Wirken „über zwölf ungewöhnliche Pflanzengeschichten“. Dabei soll es etwa auch um die Frage gehen, ob Humboldt wirklich der Erfinder der Infografik gewesen ist. Das Naturkundemuseum besitzt rund 1.000 Steine und Mineralien, die Alexander von seinen Reisen mitbrachte; die Leopoldina, deren Mitglied er bereits mit 23 Jahren wurde oder das Stadtmuseum, das im Knoblauchhaus sein Totenbett zeigt.
Zu den beteiligten Institutionen gehören auch die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, das Humboldt-Forum im Berliner Schloss, die Humboldt-Universität, die Staatsbibliothek, das Stadtmuseum Berlin und die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg.
Das Humboldt – Forum will zum Tag des Geburtstags am 14. September bereits einige Räume öffnen und zu einem offiziellen Fest einladen. Am gleichen Tag findet die Festveranstaltung der Akademie der Künste und der russischen Botschaft unter dem Motto „Die Macht der Wissenschaft in einer Zeit im Wandel. Brauchen wir einen Humboldt’schen Esprit, um die Welt richtig zu verstehen?“ statt. Sie erinnert an die Reisen Humboldts 1829 durch Russland.
Das Museum Knoblauchhaus zeigt, wie der Gelehrte wohnte. Der Titel „Tropisch warm: Zu Hause bei Alexander von Humboldt“ deutet bereits darauf hin, dass es in seinem Arbeitszimmer in der Oranienburger Straße 67 immer überheizt war, auch im Sommer. Vielleicht sehnte er sich ja nach dem Klima zurück, das er auf seinen Reisen in die Tropen kennengelernt hatte. Diese „heißen“ Landstriche waren schon ein Traum seiner Jugend.
Exzellenzwettbewerb und Alexander
„Nicht, dass ich jemals auch nur die Spur eines Zweifels in meinem Herzen hatte: Aber das Abschneiden der Humboldt-Universität im Exzellenzwettbewerb von Bund und Ländern hat einmal mehr bewiesen, dass unsere Universität zu den besten in Deutschland gehört. An vier der sieben für Berlin bewilligten Exzellenzcluster ist sie als Antragstellerin beteiligt. In allen sieben engagieren sich HU-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Den Cluster „Matters of Activity, in dem u. a. auch wichtige wissenschaftliche Grundlagen für die Gestaltung des Humboldt-Forums erarbeitet werden, verantworten wir in alleiniger Sprecherschaft.“ – So Sabine Kunst, die Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin.
Auf Alexander von Humboldt direkt eingehend stellt sie heraus, dass man ihn zu Recht als den Erfinder der Interdisziplinarität würdige und der Universalgelehrte immer versuchte herauszufinden, wie die Dinge zusammenhängen. Diesem ganzheitlichen Ansatz fühlten sie sich in Forschung und Lehre mehr denn je verpflichtet. Und so passe es wunderbar, dass zu Beginn des Jubiläumsjahres die neuen Exzellenzcluster mit der Arbeit begonnen haben. Denn das sei die Verbindung zwischen Humboldt und Ihnen heute: die Frage nach dem Wirken der Menschen in der Welt und den Auswirkungen auf die Welt.
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