Fröhliche Weihnacht` überall …
Bild: Waltraud Käß
von Waltraud Käß
Dieser Wunsch wird uns spätestens nach dem Totensonntag vier Wochen lang in allen Variationen begegnen. In den Supermärkten stapeln sich schon seit September Lebkuchen, Dominosteine, Spekulatius in allen Geschmacksrichtungen, locken Marzipankartoffeln und gefüllte Pralinen. Aus den Lautsprechern wird die immer gleiche Weihnachtsmusik dudeln. Das soll die weihnachtliche Stimmung, aber vor allem die Kauflust anheizen.
Die Kaufhäuser preisen Geschenkartikel für Mann, Frau und Kind in allen Preislagen an. Straßen und Plätze sind weihnachtlich illuminiert und die Weihnachtsmärkte bieten Kunst, aber vor allem Krempel an, den keiner braucht und der trotzdem gekauft wird. Alle psychologischen Möglichkeiten der Einflussnahme werden ausgeschöpft, um die Menschen zum Einkaufen zu animieren, was sie denn auch reichlich tun. Die Tage vor dem Weihnachtsfest sind damit für den Einzelhandel die größte Einnahmequelle des Jahres. Die Menschen hetzen bis zur letzten Minute vor dem 24.12., um zwei Tage Weihnachten erschöpft abzusichern.
Spendengalas werden gerade im Monat Dezember organisiert, um den armen Kindern in den Entwicklungsländern zu helfen, aber vergessen sind die, die im Sommer im Mittelmeer ertrunken sind. Und es wird gespendet, obwohl inzwischen wohl Jeder weiß, dass nur etwa die Hälfte der Gelder bei den Bedürftigen ankommen. Für ausgewählte Obdachlose gibt es Gänsebraten im Hotel. An anderer Stelle wird Feuer an ihre wenigen Habseligkeiten gelegt.
Die Internet-Händler und geplagte Postboten und Pakete-Austräger kommen mit der Beförderung von Weihnachtspäckchen und Weihnachtskarten kaum noch hinterher. „Fröhliche Weihnachten und ein gesundes Neues Jahr“, „Merry Christmas“ oder „Gute Wünsche zum Weihnachtsfest“ kann man auf den Karten lesen. Die Motive sind unterschiedlich – verschneite Häuschen in den Bergen, ein Reh im Wald, Tannenzweige mit Kugeln, fröhliche Kinder auf Schlitten im Schnee oder auch ein lustiger, rotbäckiger Weihnachtsmann, niedliche Engel oder ein Kirchlein auf einem Berg, und auch der Stern von Bethlehem darf nicht fehlen – der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Aber wenigstens dieser Stern erinnert noch an die Ursprünge dieses Festes. Wer sie sucht, muss weit in die Geschichte der Menschheit, ihrer Sitten und Bräuche, ihrer Religionen zurückgehen.
Bei den Völkern vergangener Zeiten, den Römern, den Germanen, den Kelten, den Wikingern, den Maja und anderen, spielte die Sonne im Laufe des Jahres eine große Rolle. Insbesondere im Monat Dezember, wenn die Nächte kürzer, die Tage länger wurden, bedeutete das für die Menschen das Auftauchen aus der Kälte und Finsternis des Winters. Licht und neues Leben mussten gefeiert werden.
Im vorderasiatischen Mithraskult wurde die Geburt des indischen Lichtergottes gefeiert. Die alten Ägypter feierten nach dem Isiskult die Geburt des Horus. Bei den Römern wurde an diesem Tag die Geburt des Gottes Saturn, des unbesiegbaren Sonnengottes, gefeiert. Die Germanen feierten das Mittwinterfest oder die Wintersonnenwende, im norddeutschen Raum entstand das Julfest.
Als der Julianische Kalender eingeführt wurde, lag der Zeitpunkt der Sonnenwende auf dem 25. Dezember. In der Neuzeit ist daraus der 21.12./ 22.12. geworden. Erst zum Jahreswechsel beschenkten sich die Menschen am 31.12., was auf einen altrömischen Brauch zurückgeht.
Bereits im Jahre 217 versuchte ein Papst, all diese kultischen Feste zu vereinen, indem er ganz einfach die Geburt von Jesus Christus auf diesen Tag legte, der sich lt. Bibel, Johannes Kapitel 8,12, selbst als „das Licht der Welt“ bezeichnet haben soll. Endgültig gelang das aber erst im Jahre 354 nach Christus. Zum Dogma (Glaubenssatz) wurde dieses Ereignis vom 2. Konzil von Konstantinopel im Jahre 381 unter Kaiser Theodosius erklärt.
Das Geburtsdatum dieses Menschen Jesus ist allerdings nicht eindeutig geklärt. Außerdem erklärt die Bibel, dass Christen keinen Geburtstag feiern sollen, Darüber ging man also großzügig hinweg. Die Feierlichkeiten waren zu diesen Zeiten nicht unbedingt familiär oder liebevoll. Ihren Höhepunkt bzw. ihre schlimmsten Momente erreichten sie im Mittelalter – „es war eine Zeit des auffälligen Konsums und unbeschreiblicher Orgien“. Der Konsum blieb bis heute.
Im Laufe der Jahre unterlag dieses Fest im christlichen Raum einer steten Veränderung und der Einführung feierlicher Höhepunkte. Im Mittelalter erfand man die Krippe mit Josef, Maria und dem Kind und den heiligen drei Königen, darüber der Stern von Bethlehem, als Mittelpunkt des Weihnachtsspiels. Die Idee des gegenseitigen Beschenkens wurde auf das Weihnachtsfest umgelegt. Der Lichter- oder Weihnachtsbaum hielt erst im 19. Jahrhundert Einzug in die Wohnstuben, vor allem die der gut betuchten Bürger.
Vier Wochen vor dem eigentlichen Termin wird die erste Kerze auf einem Adventskranz entzündet. Am 6. Dezember kommt der Nikolaus und beschenkt die Kinder. Und natürlich kommt er auf einem Schlitten aus dem hohen Norden mit Rudolf, dem Rentier. Aber das wäre schon wieder eine andere Geschichte. Das Küssen unter dem Mistelzweig wurde eingeführt und auch der Julklapp, sehr beliebt dort, wo Menschen in Gruppen zusammenarbeiten. Unter Kaufleuten wurde es üblich, dem Geschäftspartner in einem Billett zu wünschen, dass er dieses Fest fröhlich und gesund begehen möge.
Es war wohl die Bequemlichkeit und eine tolle Geschäftsidee, die im Dezember des Jahres 1843, also vor 175 Jahren, den Engländer Sir Henry Cole veranlasste, dem Illustrator John Callcott Horsley den Auftrag zu erteilen, für ihn eine Grußkarte zum Weihnachtsfest zu entwerfen. Er hatte keine Lust, seinen Geschäftsfreunden immer so ausführliche Grußbriefe schreiben zu müssen. Also suchte er nach einer Möglichkeit, dem Gruß nur noch seinen Namen beizusteuern.
Denn Cole besaß eine eigene Litographieanstalt. Er bekam den Entwurf, das Motiv war einem Altarbild mit Familie nachempfunden und die Textzeile lautete: „Merry Christmas and a Happy New Year to You“. Cole druckte von diesem Entwurf 1000 handkolorierte Karten. Er verkaufte sie zu einem damals horrenden Preis von 1 Shilling das Stück. Als im Jahre 1840 mit der ersten Briefmarke die Penny Post in Großbritannien eingeführt wurde, wurde auch das Versenden von Weihnachtskarten sehr populär.
Nicht nur nebenbei bemerkt – die Herstellung und der Druck der Karten, die später in die Millionen gingen, brachte viele Menschen in Lohn und Brot. In Deutschland wurden Weihnachtskarten in großen Mengen für den Export gedruckt. Sie setzten sich als Grußkarten aber erst nach dem Ersten Weltkrieg durch.
Natürlich wurde auch diese Geschäftsidee weiter ausgebaut. In den USA war es der deutsche Auswanderer Louis Prang, der in Boston im Jahre 1874 die ersten Weihnachtskarten druckte. Er verbesserte die Qualität und Anzahl der Farben, führte andere Formate ein, suchte gefühlvolle Texte aus. Sogar Wettbewerbe für die schönsten Entwürfe wurden organisiert. Im Jahre 1880 verkaufte er bereits 5 Millionen Karten. Die Weihnachtskarte trat ihren Siegeszug um die ganze Welt an. In den großen Unternehmen der Gegenwart werden Weihnachtskarten – verbunden mit einem Präsent- auch als Kundenbindung eingesetzt.
Die Royal Mail in Großbritannien vergibt jedes Jahr einen Preis für die schönste Weihnachtskarte. Es ist ein Pokal und er trägt den Namen „Henry“ im Gedenken an den Erfinder der Karte. Von den ersten Karten existieren heute noch ganz wenige Exemplare. Eine dieser Karten wurde im Jahre 2001 zu einem Rekordpreis von 22.500 Pfund = 28 700 € versteigert.
Stellt sich letztendlich die Frage:
Was ist eigentlich Weihnachten? Und welchen Veränderungen unterlag es?
Betrachtet man die gesamte geschichtliche Entwicklung, kann man zu folgenden Antworten kommen:
Weihnachten ist eine Mischung von kultischen Festen mehrerer Völker und Zeitepochen.
Weihnachten ist ein durch Menschen willkürlich festgelegtes Datum des Christentums.
Weihnachten wurde durch das Christentum internationalisiert, also in alle Welt getragen.
Weihnachten ist eine Mischung alter und moderner Bräuche.
Weihnachten ist ein Fest des überbordenden Konsums.
Weihnachten ist ein Fest der Reisebüros.
Weihnachten ist wirklich eine tolle Geschäftsidee.
Übrigens: Der Begriff Weihnachten hat seinen Ursprung in der mittelhochdeutschen Wendung „ze den wihen na ten“. Übersetzt ins Neuhochdeutsche bedeutet das so viel wie „Zu den heiligen Nächten“.
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