Zum Internationalen Frauentag
Bild: Waltraud Käß
Waltraud Käß
Erinnern Sie sich? Den 8. Marz als Internationalen Frauentag haben wir Frauen der Deutschen Demokratischen Republik immer feierlich und fröhlich begangen. Insbesondere an diesem Tag wurde uns öffentliche Wertschätzung entgegengebracht, wurden unsere hervorragenden Arbeitsleistungen in Politik, Wirtschaft, Forschung und Entwicklung, in Kunst und Kultur und vielen anderen Bereichen mit hohen staatlichen Auszeichnungen gewürdigt.
Denn wir waren anerkannt, gleichberechtigt, stolz auf unsere Leistungen, trauten uns was zu und man traute uns etwas zu. In den Arbeitskollektiven wurde gefeiert und neben den staatlichen Auszeichnungen erhielten wir Frauen oft auch Buchpräsente als Auszeichnung.
Und so steht auch in meinen Bücherregalen Literatur mit dem Einkleber „Wir gratulieren Dir zum Internationalen Frauentag …“. Einige von den Schriftstellerinnen waren selbst auch Trägerinnen hoher staatlicher Auszeichnungen und ich bin stolz darauf, diese Bücher zu besitzen.
Erinnern Sie sich z.B. an diese Namen und Titel?
„Partnerinnen“ / Elfriede Brüning
„Die Last, die Du nicht trägst“ / Roswitha Geppert
„Das schöne bisschen Leben“ / Dorothea Kleine
„Haus der schweren Tore“ / Eva Lippold
„Mein fremdes Gesicht“ / Irene Oberthür
„Judasfrauen“ / Helga Schubert
„Drei Häute aus Eis“ / Karin Simon
„Gesichter in meinem Spiegel“ / Gisela Steineckert
„Sonjas Rapport“ / Ruth Werner
„Medea“ / Christa Wolf
„Station 5“ / Inge von Wangenheim
Die Aufzählung ist natürlich unvollständig. Viele sind ungenannt, aber nicht unbekannt.
Als Leserin habe ich in diesen Büchern die ganze Palette des menschlichen Daseins mit all seinen Höhen und Tiefen gefunden. Die Geschichten waren aus dem wirklichen Leben entstanden und die Leserin konnte sich mit vielen Handlungssträngen identifizieren. Und zog daraus auch Kraft, mit den Problemen des eigenen Lebens fertig zu werden. Starke Frauen haben diese Bücher für und über starke Frauen geschrieben.
Es sind wertvolle Bücher, keine Weg-werf-Massenproduktion und ich greife mitunter nach diesem und jenem Buch und erinnere mich an vergangene Zeiten, an verlorene Illusionen, an Siege und Niederlagen und finde so in diesem Spiegel auch mein eigenes Leben.
Ich dachte, dass es ein guter Zeitpunkt wäre, zum Internationalen Frauentag an Schriftstellerinnen des Staates DDR zu erinnern, die ihren Leserinnen ein umfängliches Werk hinterlassen haben, welches auch nachfolgenden Generationen noch viel Stoff zum Nachdenken bietet.
Neuester Anlass, zu einem dieser Bücher zu greifen, war der im Feuilleton der Zeitschrift „Rotfuchs“/Ausgabe Januar 2018 erschienene Beitrag „Hand aufs Herz“ von Gisela Steineckert, der regelmäßig monatlich erscheint. Ihre Beiträge sind tiefgründig, nachdenklich, ehrlich wütend und traurig, und vor allem dadurch sind sie eine Bereicherung für die Leserinnen und Leser. Diese Schriftstellerin und Lyrikerin begeistert ihre Leserinnen und Leser noch immer mit alten und neuen Texten. Sie ist unermüdlich unterwegs, obwohl sie nicht mehr die Jüngste ist. Wer ihren Veranstaltungskalender des ersten Quartals dieses Jahres liest, kann nur staunen.
An ihr Leben und vor allem ihr gesamtes künstlerisches Schaffen zu erinnern, betrachte ich als Hommage für alle Schriftstellerinnen der DDR. Gisela Steineckert hat neben allgemeinen Texten vor allem Liedtexte für die Interpreten der DDR geschrieben. Bekannt gemacht haben sie Sängerinnen wie Angelika Neutschel, Veronika Fischer oder Sänger wie Frank Schöbel, Dirk Michaelis und Jürgen Walter. Mit letzterem, dem sie um die 400 Titel geschrieben hat, und mit Dirk Michaelis, ist Gisela Steineckert oft auf Konzert-Lesungen unterwegs und findet immer ein aufgeschlossenes, begeistertes Publikum.
Wenn ich behaupte, dass fast jede Familie in der DDR die LP „Weihnachten in Familie“ mit Frank Schöbel und Aurora Lacasa im Schrank hat, oder zumindest einige Lieder kennt, ist das vielleicht nicht übertrieben. Der Text stammt von Gisela Steineckert. Diese LP wurde millionenfach verkauft, auch in der damaligen Bundesrepublik.
Wer kennt nicht das Kinderlied „Komm, wir malen eine Sonne“…gesungen von Frank Schöbel? Auch dieses Lied ist von ihr. Dieter Birr, der Sänger der Puhdys, gehört neuerdings zu den Interpreten ihrer Texte. Der Song „Vor dem Krieg“ geht unter die Haut. Ihr Text „Der einfache Frieden“ ist zu einem Volkslied geworden. Das ist überhaupt ihr Thema. Krieg und Frieden, die Beziehungen zwischen den Menschen und den Völkern dieser Welt treiben sie um. Sie ist eine Mahnerin und plädiert heißen Herzens für gegenseitiges Verständnis und Toleranz.
Neben der umfangreichen Liedtext-Sammlung gibt es da auch noch die Mitarbeit an Filmen der DDR wie z.B. „Auf der Sonnenseite“ mit Manfred Krug oder „Die sieben Affären der Donna Juanita“.
Ihre Bücher und Gedichtbände wie „Das Schöne an den Männern“, „Das Schöne an den Frauen“, „Und mittendrin das dumme Herz“ oder „Aus der Reihe tanzen – Ach Mama. Ach Tochter.“ sind einzigartig. Kein Wunder, dass sie schon in der DDR hoch geehrt wurde. Betrachtet man ihr Gesamtwerk, meint man, sie müsste Tag und Nacht gearbeitet haben.
Gisela Steineckert war und ist noch immer nah an den Menschen, in der DDR oft bei den jungen Leuten in den Anfängen der Singebewegung, wie z.B. dem Oktoberklub, denen sie mit Rat und Hilfe zur Seite stand. Daraus hat sie vielleicht auch manche Inspiration für die vielen Liebeslieder bekommen, die sie geschrieben hat.
Sie war aktiv gesellschaftlich tätig, viele Jahre als Präsidentin des Komitees für Unterhaltungskunst der DDR. Manchem Interpreten hat sie auf die Bühne geholfen. Auch manches Unheil konnte abgewendet werden, welches ihnen widerfahren sollte. Ich schätze sehr, dass sie sich nicht abgewendet hat von ihrem Leben und Wirken in der DDR. Sie ist parteilich geblieben, parteilich im Sinne eines Standpunktes, parteilich im Sinne von Einmischung, wenn es darum geht, den Finger in die Wunde zu legen, parteilich im Sinne der internationalen Solidarität mit den Schwachen, Ausgegrenzten, Flüchtlingen. Sie ist sich selbst treu geblieben.
Sozusagen als gemeinsames Credo für alle Frauen und Männer zum Internationalen Frauentag möchte ich den letzten Vers des Gedichts „Das Schöne an den Frauen“ von Gisela Steineckert zitieren:
„Frauen können sich gelingen
Wenn man sie lässt
Wenn Mann sie lässt
Wenn man sie in Frieden lässt
Wenn Mann sie im Frieden lässt.“
Herzlichen Glückwunsch allen Frauen!
Erinnern wir uns an die schönen Dinge des Lebens. Aber auch daran, dass der weltweite Kampf der Frauen um ihre Gleichbehandlung, ihre Gleichberechtigung gar, nicht abgeschlossen ist.
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