Bachs Musik aus Eisenach in alle Welt getragen
Bild: Bachhaus Eisenach
von Ursula A. Kolbe
Luther- und Bachstadt Eisenach im Jubiläumsjahr „500 Jahre Reformation“. Anlass auch für die evangelisch-lutherische Kirchgemeinde Eisenach, am Vorabend des Reformationsjubiläums 2017 erstmals ein Bachfest zu veranstalten. In dieser Stadt hatten sich die Lebenswege von Johann Sebastian Bach (1685 -1750) und Martin Luther (1485 -1546) gekreuzt, denn beide waren Schüler der Lateinschule, beide sangen in der Eisenacher Kurrende.
Der Reformator war einer der produktivsten Lied-Dichter seiner Zeit. 37 Kirchenlieder schrieb er und versah mindestens 14 selbst mit Melodien, darunter Übertragungen der alten Messgesänge, Psalm-, Katechismus- und Kinderlieder. Überliefert ist Luthers Bekenntnis, dass er die Musik liebe, denn sie sei nach Gottes Wort der höchste Schatz auf Erden.
In seiner Kindheit hatte er in Eisenach im Schülerchor gesungen, dann auf der Universität in Erfurt Unterricht in Musiktheorie und Komposition erhalten, er spielte Laute und verfasste Motetten. Musik wurde ein Markenzeichen seiner Reformation: „Gottes Wort will gepredigt und gesungen sein“, schrieb er, denn das Wort sei Verstand, der Gesang Gefühl, beide müssten sich vereinen, um die Seelen zu bewegen.
200 Jahre später hatte sich daraus in den Gebieten der Reformation eine reiche Musiktradition entwickelt, mit Kantoren und Organisten, Chören und Musikern. Bach stammte aus einer Familie von Musikern. In Eisenach geboren, wuchs er mit Luthers Liedern auf. Zu wenigstens 30 von ihnen schuf er später prächtige Kompositionen.
Im historischen Bachhaus, wo der berühmteste Komponist der Welt am 21. März 1685 geboren wurde, wollten wir mehr über den Isenacus“, wie sich Bach selbst stolz nannte, erfahren. Das 1907 von der Neuen Bachgesellschaft, einer internationalen Vereinigung mit Sitz in Leipzig, als erste Bach-Gedenkstätte eröffnete Haus ist heute eines der meistbesuchten Musikermuseen Deutschlands.
An der Kasse schickte uns die freundliche Dame sofort in den Instrumentenraum, denn gleich sollte wieder eines der stündlichen Konzerte auf den barocken Instrumenten der Bach-Zeit beginnen. Hier empfing uns Uwe Fischer, Kustos für die Instrumentensammlung, studierter Musiker und auch als Museumspädagoge tätig. Das Interesse der Besucher aus dem In- und Ausland war groß, alle Stühle besetzt.
Kustos Fischer entlockte zu Beginn der Silbermann-Orgel die ersten Bach-Klänge. Dann setzte er sich an das Clavichord, das Keyboard der heutigen Zeit, wie er schmunzelnd bemerkte, denn es hätte für die damalige Zeit einen sehr zurückhaltenden, dezenten Klang. Als er auf dem Spinett zu spielen begann, kamen mir gleich Assoziationen von Tänzen, Reigen aus dem Mittelalter in den Sinn.
Zum Abschluss hörten wir die Klänge am Cembalo. Das Original von 1705 sei leider nicht mehr spielbar, bedauerte der Kustos, deshalb stehe jetzt ein „junger“ originalgetreuer Nachbau von 2003 hier.
In den authentischen Wohnräumen konnte man sich einen Einblick in das Leben der Stadtmusikerfamilie Bach um 1700 verschaffen. Im benachbarten, modernen Erweiterungsbau erwartete uns dann eine multimedial gestaltete Ausstellung. Hier verbinden sich Exponate, Multimedia-Kunst und eigenes Hören: So in schwebenden Bubble-Chairs“ (in meinen Worten gemütlichen, hängenden Sesseln) – und ein jeder mit wechselnder Musik-Sicht auf Bach.
Der Bereich „Bach-Ikonographie“ folgt der Entwicklung des Bach-Bildes von Originalgemälden über Kupferstiche bis hin zu Künstlern wie Emil Orlik und Johannes Heisig und zur gerichtsmedizinischen Rekonstruktion von 2008. Ein „begehbares Musikstück“ entführt über eine 180-Grad-Projektion in vier Bachaufführungen: ein Ballett zur „Kunst der Fuge“, eine Probe der Thomaner, ein Orgelkonzert und die Matthäuspassion.
Jährlich wechselnde Sonderausstellungen und öffentliche Konzerte mit international bekannten Musikern ergänzen das Programm. Nirgendwo gibt’s so viel Bach!
Seine Musik hat Generationen von Musikern fasziniert, und diese hat Bachs Musik in alle Welt getragen. So hat wohl niemand ein Bach-Stück populärer gemacht als der französische Komponist Charles Gounod, der 1852 Bachs Präludium C-Dur aus dem „Wohltemperierten Klavier“ mit einer Melodienstimme versah: Bis heute gehört dieses „Ave Maria“ zum Repertoire von Opernsängern und Schlagerstars.
Zur Bekanntheit von Bachs Toccata und Fuge d-Moll hat wiederum Walt Disney beigetragen, der das Stück 1940 an den Beginn seines Musikfilms „Fantasia“ stellte. Hierfür engagierte er den gefeierten britisch-polnischen Dirigenten Leopold Stokowski, der den Orgelwerken Bachs mit seinen effektvollen Fassungen für die „Philadelphia“ Orchestra einen „Philadelphia Sound“ verlieh.
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