Wenn abends wieder viele Fenster leuchtselig den Weg weisen …
Bild: Rainer Kregovski / pixelio.de
von Ursula A. Kolbe
Es lässt sich nicht verleugnen, die Advents- und Weihnachtszeit naht.
Und ich freue mich schon auf die dann erleuchteten, heimelige Wärme ausstrahlenden Fenster mit den Schwibbögen darin, habe die weihnachtlich geschmückten Wohnstuben mit den typischen Pyramiden, Räuchermännchen, Nussknackern und schließlich liebevoll dekorierten Weihnachtsbäumen vor Augen.
All diese Dekorationen, die alten Traditionen eben, leben von Generation zu Generation weiter.
Viele dieser Wurzeln liegen im Erzgebirge. Gerade zu typisch sind die Schwibbögen. Sie verkörpern symbolisch den Himmelsbogen mit den Motiven Sonne, Mond und Sterne. Und obwohl diese bis weit ins 20. Jahrhundert meist aus Metall gefertigt wurden, ist heute Holz der verbreitetste Werkstoff.
Die auf dem Bogen aufgesetzten Lichter waren früher Ausdruck der Sehnsucht der Bergleute nach Tageslicht. Das bekamen sie ja in den Wintermonaten oft über Wochen nicht zu Gesicht, wenn sie abends nach langen Schichten den Heimweg antraten.
Der älteste bekannte Schwibbogen – datiert auf das Jahr 1740 – entstand in Johanngeorgenstadt. Und das Schwarzenberger Exemplar vom hiesigen Fabrikanten Friedrich Emil Krauß aus dem Jahre 1937 zählt noch heute zu den bekanntesten Ausführungen.
Motive aus dem Alltag der Bergleute
All die Motive spiegeln den Alltag der Bergleute und ihrer Familien wider. So zeigt eines der bekanntesten Schöpfungen zwei Bergleute, einen Schnitzer sowie eine Klöppnerin und verkörpert damit drei der Haupterwerbsquellen der erzgebirgischen Landbevölkerung des 18. und 19. Jahrhunderts.
Weitere Varianten zeigen christliche Motive aus der Weihnachtsgeschichte oder den Wald und seinen Tieren. Der Phantasie waren keine Grenzen gesetzt.
Dass heute zur Advents- und Weihnachtszeit die elektrisch beleuchteten Bögen in den Fenstern, Sträuchern und Bäumen vor den Häusern, auf den Märkten die Regel sind, liegt in der Entwicklung unseres modernen Lebens begründet, ist wichtig aber auch für die Sicherheit von Leib und Leben.
Übrigens steht seit 2009 der derzeit weltweit größte begehbare Außenschwibbogen mit seiner Höhe von über sechs Metern, einer Breite von 13 Metern und mit 19 Figuren verziert als Eingangstor an der Wilsdruffer Straße auf dem in Nah und Fern weithin bekannten Dresdner
Striezelmarkt. Wie seine große Schwester, die Stufenpyramide, wurde er in der Firma Erzgebirgische Holzkunst Gahlenz nahe Freiberg hergestellt. Vor über 100 Jahren gegründet, ist diese heute einer der größten Spezialanfertiger von Großfiguren und Pyramiden weltweit.
Räucherwerk seit Menschengedenken
Unverzichtbar auch die berühmten Räuchermännchen. Das Räucherwerk an sich wird ja schon seit Menschengedenken und in allen Religionen verwendet. Ob für rituelle Zwecke wie dem Vertreiben böser Geister oder heutzutage vielmehr für eine beruhigende, stimulierende Wirkung.
Mir steigt schon der Duft in die Nase, wenn ich nur daran denke, an Lavendel, Jasmin, Myrrhe, Weihrauch, an Sandelholz, Zimt oder Tannenduft.
Seit 1750 ist die Herstellung von Räucherkerzen und –kegeln im Erzgebirge historisch verbürgt. Als „Urheber“ gilt der Ort Crottendorf. Seine Produkte gehören seit jeher auch in unsere Weihnachtsausstattung.
Bekannt über die Region hinaus wurde diese Tradition aber erst mit der Verbreitung der Räuchermännchen. Die „Raachermannel“, wie sie im Erzgebirigschen liebevoll genannt werden, ist eine Erfindung der dortigen Spielzeugmacher und wurde das erste Mal um 1830 erwähnt.
Hintergrund war die wirtschaftliche Lage des Bergbaus in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Sie geriet in die Krise, und die Bergleute sahen einen Ausweg darin, ihre finanzielle Lage durch heimische Drechselarbeiten aufzubessern.
Auch nach der wirtschaftlichen Erholung kehrten viele von ihnen nicht wieder in die alten Berufe zurück. Zunehmend bestimmten das Holzdrechseln und die Spielzeugherstellung das wirtschaftliche Leben gerade des Seiffener Raumes. Als Motive empfahlen sich anfangs Berufe oder Motive des dörflichen Lebens. Die vielfältigsten Variationen lassen die schier unerschöpfliche Kreativität erahnen.
Tradition und Gegenwart
Auf der Suche nach diesen Traditionen und der Gegenwart heute, die uns die Advents- und Weihnachtszeit jedes Jahr aufs Neue den meist hektischen Alltag so anheimelnd und liebenswert macht, stieß ich auch auf Wendt & Kühn aus Grünhainichen mit ihrer bemerkenswerten Firmengeschichte, steht sie doch sprichwörtlich seit Jahrzehnten dafür.
Im Jahre 1915 gründeten Margarete Wendt und Margarete Kühn das Unternehmen direkt nach ihrem gemeinsam an der königlichen Kunstgewerbe-Akademie in Dresden abgeschlossenen Studium.
Nicht nur dieser Mut fand zu der damaligen Zeit großen Respekt, auch ihre ersten Figuren – die Beerensammler – waren ein großer Triumph: Auf der Leipziger Messe gewannen sie dafür eine Goldmedaille. Diesen Erfolg wiederholten sie auf der Pariser Weltausstellung im Jahre 1937 und gewannen zudem den Grand Prix für die Figur „Madonna mit dem Engelberg“.
Seit der Anfertigung der heute international bekannten Engelsfiguren im Jahre 1923 steht der Name Wendt & Kühn für qualitativ besonders hochwertige und in Sammlerkreisen sehr begehrte Holzkunst aus dem Erzgebirge.
Das Unternehmen hat alle Höhen und Tiefen überwunden, Hürden und Klippen der einzelnen Zeitepochen widerstanden, tief geprägt davon, das Beste in ihrer traditionellen Handwerkskunst zu geben.
Die Figuren aus dem Haus Wendt & Kühn sind unverwechselbar und ihr Markenzeichen die Grünhainicher Erzgebirge Engel mit den charakteristischen grünen Flügeln und den elf weißen Punkten. Ebenso die berühmten Blumenkinder weltweit einzigartig durch ihren charakteristischen Gesichtsausdruck.
Ich bin sicher, so manches gute Stück a lá Erzgebirge wird die Fenster erleuchten, die Räume mit exotischen Düften verzaubern, auch auf Gabentischen liegen, den Weg als Heimat- und Weihnachtsgruß in andere Länder antreten.
Abstecher in die Gläserhochburg Lauscha
Gestattet sei hier noch ein kurzer Abstecher in die thüringische Gläserhochburg Lauscha in der Nähe von Neuhaus am Rennsteig, den Vater aller Wanderwege. Dieser Ort gilt als eine Wiege des Christbaumschmucks.
Schon 1597 wurde dort die erste Glashütte gegründet. Seit über 150 Jahren produziert die Farbglashütte nun schon in aufwendiger Handarbeit Farbglasröhren und –stäbe, aus denen die Glasbläser dann ihre Kunstwerke fertigen.
Hier kann den Arbeitern über die Schulter geschaut werden, oder man probiert es einfach selbst mal und schafft es, eine Glückskugel als persönliche Erinnerung mit nach Hause zu nehmen.