Die 27. Berliner Märchentage „erwachen“

Ein kleines Mädchen in einem bunten Kostüm auf einer Wiese

von Ursula A. Kolbe

Märchen – ob selbst lesen, vorlesen oder im TV sehen, Kinderaugen leuchten, auch Erwachsene werden wieder klein und Träume groß. Und oft sind Märchen und Geschichten auch Wurzeln der Literatur. Vielschichtig, tiefgründig.

Die diesjährigen 27. Berliner Märchentage stehen unter dem Motto „Dornröschen erwacht…!“ Im Mittelpunkt dabei die Heldinnen aus Märchen und Sagen. Verbreitet steht das Bild von Mädchen und Frauen einer passiven, hilflosen Schönheit, die von einem männlichen Helden errettet wird.

Dabei ist das Motiv der aktiv handelnden Frau, die zum Beispiel ihren Mann rettet oder selbstbestimmt den zu gewinnen versucht, den sie selbst heiraten will, oder die an der Spitze eines Heeres reitet, die mit List und Klugheit ihr eigenes und ihres Volkes Schicksal in die Hand nimmt, viel häufiger in den Märchen und Geschichten vertreten, als dies im Bewusstsein der Gesellschaft verankert ist.

In vielen weiblichen Märchen- und Sagengestalten spiegeln sich Schicksalsfrauen alter Religionen wider. Das Matriarchat war die Zeit der Kulte der „Großen Mutter“, der Fruchtbarkeits- und Muttergottheiten. Doch im Verlauf der Christianisierung wurde diese Vielschichtigkeit zerstört, die lichte von der dunklen Seite getrennt. Die kultischen Feste wurden zum Hexensabbat.

Für die jetzigen Berliner Märchentage von MÄRCHENLAND, Deutsches Zentrum für Märchenkultur, öffnen Bibliotheken, Buchhandlungen, Schulen, Konzert- und Theaterhäuser, öffentliche Verwaltungen und Botschaften vom 3. bis 20. November 2016 ihre Türen.

Ob Königin, Walküre oder Prinzessin; ob Fee, Nixe oder Elfe; ob Kräuterfrau, Magierin oder Hexe; ob Magd, Bauerntochter oder Jägerin – während des Festivals wandeln wir auf den Spuren märchenhafter Frauenfiguren aus Literatur, Kunst, Politik und Wirtschaft und schlagen Brücken bis in die Gegenwart – zu den Powerfrauen, Super- und Wonder Women!
Die Veranstaltungsreihe hat viele Facetten:

Politiker erzählen Märchen

2008 initiierte MÄRCHENLAND in Kooperation mit der Stiftung Brandenburger Tor Märchenstunden der besonderen Art. In der Reihe Politiker erzählen Märchen schenken Staatsmänner und- frauen eine Stunde ihrer Zeit an Schulklassen und lesen Märchen aus aller Welt. Dabei geht es um Märchen, die einen Bezug zum Beruf bzw. zum politischen Ressort des jeweiligen Gastes herstellen.

Anschließend besteht die Gelegenheit, Fragen zu stellen und herauszufinden, wie Politik gemacht wird. Die Kinder verlieren ihre Scheu vor den politischen Entscheidern und werden angeregt, über aktuelle Ereignisse nachzudenken und Lösungen zu suchen.

MÄRWERTSTUNDE

In dieser Reihe lädt Märchenland erfolgreiche UnternehmerInnen zu einem Wertschöpfungsprozess der besonderen Art ein.
Märchen beflügeln die Phantasie. Sie ist die Grundlage für alle Ideen, für Fortschritt und Entwicklung. Erfolgreiche Unternehmer lesen ein Märchen vor und erzählen anschließend, welche Werte ihr unternehmerisches Handeln prägen, welche Erfahrungen ihre Karriere beeinflusst haben und wie sie ihr „Erfolgsrezept“ fanden. Dann wird gemeinsam darüber diskutiert, welche Werte Gesellschaft und Wirtschaft bestimmen sollten.

Die MÄRWERTSTUNDE möchte dem Publikum Mut machen, innovativ zu sein und Widerstände zu überwinden. Sie regt zur Ausprägung von Zielstrebigkeit und Durchhaltevermögen an.

Botschaften und Vertretungen öffnen für Schulklassen

Seit 1990 öffnen sich in diesen Repräsentanzen Türen und Herzen für fremde Kulturen. Die Märchentage sollen der Völkerverständigung dienen und die kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen fördern. Jedes Jahr stellt Märchenland im Rahmen des weltgrößten Märchenfestivals eine Region dieser Erde vor und unterstützt damit das öffentliche Interesse an den Lebensweisen, Traditionen und Geschichten fremder Völker.

Angehörige der Vertretungen oder Künstler aus dem jeweiligen Land widmen eine Stunde ihrer Zeit interessierten Schülern und zeigen, was das Leben in ihrer Heimat besonders macht. Die Schulklassen erfahren, wie das Land entstanden ist und die die Menschen dort leben.

Teil der Veranstaltungen sind stets landestypische Märchen oder Erzählungen. Denn die Mythen des Landes tragen die Kultur und das Selbstverständnis eines Volkes in sich.

Märchenreise mit Prominenten

Märchen sind ja für Kinder die erste Berührung mit Literatur. Sie fördern das kindliche Interesse am Lesen, unterstützen die Entwicklung des Sprachvermögens und vermitteln so auch Werte und Normen, die für das Zusammenleben in einer friedlichen Gemeinschaft Voraussetzung sind. Ein Stück Bildungsform abseits des normalen Unterrichts also. Und interessant allemal.

Seit vielen Jahren erhält das Märchenland dafür prominente Unterstützung. Schauspieler, Moderatoren, Musiker und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens nehmen sich die Zeit, ihren kleinen Fans Märchen vorzulesen, über die Moral der Geschichten zu sprechen, ihnen einen Einblick in ihr aufregendes Leben zu geben.

Initiiert wurde dieses Projekt Märchenreise mit Prominenten in Zusammenarbeit mit Gesicht zeigen! Aktion weltoffenes Deutschland e. V.

Ehrenpreis „Die GOLDENE ERBSE”

Mit diesem Preis würdigt MÄRCHENLAND Menschen, die mit sozialem und kulturellem Engagement Hoffnung schenken, gegen die Missstände unserer Gesellschaft ankämpfen und die Welt Tag für Tag ein bisschen besser machen.
Die GOLDENE ERBSE ist ein Symbol für Sensibilität. Das feinfühlige Gespür für die oft kleinen, unscheinbaren, aber wesentlichen Dinge des Lebens zeichnet die Märchenhelden unserer Zeit aus.

Der kleine Wunsch jedes Menschen ist der Wunsch nach Glück. Doch neben den vielen Sorgen der Welt scheint es oft in weiter Ferne zu verschwinden. Hunger, Krankheit, Armut, Krieg, Missbrauch, Gewalt und Rassismus sind Übel, denen Einhalt geboten werden muss.