Ein erlebnisreicher Nachmittag
Bild: Michael Hirschka / www.pixelio.de
von Christa-Dorit Pohle
Leider habe ich die letzte Seniorenveranstaltung in der URANIA nicht besuchen können. Aber dieses Jahr war ich wieder dabei und wie immer begeistert von den Darbietungen. Eine Freundin von mir war als junges Mädchen Artistin und hat mir oft von dieser erlebnisreichen Zeit erzählt.
Sie war sofort dabei, als noch eine Eintrittskarte zur Verfügung stand und sie mich begleiten konnte. Dadurch, dass sie fachmännische Kommentare zu den Leistungen der Künstler gab, habe ich dieses Mal aus einem anderen Blickwinkel die artistischen Leistungen bewundert.
Die 267. Internationale Varietè-Serie vom 29.2. – 11.3. 2016 in der URANIA stand unter dem Motto „Was bleibt, ist die Erinnerung“. Wir konnten die Veranstaltung am 11. März besuchen und spürten von der ersten Minute an, dass es eine ganz besondere Hochspannung unter den Künstlern gab. Durch die gemeinsamen Anstrengungen an diesen Tagen fühlten sie sich wie eine große Familie, aber nun hieß es Abschied nehmen.
Das Wetter am 11. März war grau in grau, aber unsere Stimmung wurde sofort sonnig und heiter, als der Vorhang aufging und die Reinhard Stockmann-Band mit mitreißenden Rhythmen und Susanne Koch durch ihren Gesang uns einstimmten auf diese so wunderschöne Veranstaltung, da waren die Alltagssorgen und Wehwehchen sofort vergessen, und wir fühlten uns auch wie eine große, fröhliche Familie von Zuschauern.
Als dann angesagt wurde, dass nun die Putzfrau Frau Schmidt auf die Bühne kommt, um etwas vorzuführen, wurden die Besucher neugierig und einige hatten wohl geglaubt, dass nun wirklich eine Putzfrau auf die Bühne kommt. Dieses zarte Persönchen im Putzfrauen-Look zeigte eine beeindruckende, akrobatische Leistung und durch ihre begleitenden Gesten und ihre Mimik eroberte sie unsere Herzen im Sturm. Einfach toll ihr einarmiger Handstand.
Früher hatte Frau Schmidt ein kleines Problem. Mit der Bühnenpräsenz tat sie sich etwas schwer. Jahrelang hat sie sich gequält, eine typische Artistin darzustellen mit einem gewissen Sexappeal. Aber das gelang ihr nicht so recht. Dann kam plötzlich der große Durchbruch. Im Varietè „et cetera“ kam der damalige Regisseur auf die Idee, sie in der Rolle einer Putzfrau auftreten zu lassen. Wer wollte schon als Putzfrau auftreten? Sie hatte damals nicht die Wahl, sie musste.
Und was geschah? Nach der Premiere wurde Frau Schmidt, die Putzfrau, als Publikumsliebling gefeiert. Schon oft wurde ihr nachgesagt, sie sei die Anke Engelke des Varietès. Das empfand ich auch so. Wir hielten den Atem an, als sie später mit ihrem Partner Toni Farello gemeinsam auftrat. Das Duo wurde schon vielfach international preisgekrönt.
Auf dem Einrad bewegten sich die Beiden schnell, witzig und voller Energie, erklommen sogar Treppenstufen, sprangen auf dem Trampolin und dann als Krönung, Frau Schmidt auf seinen Schultern sitzend, freihändig. Einfach toll diese Leistung.
Nun zu der Darbietung von Nils Duinke aus den Niederlanden mit seiner Jonglierkunst. Er begann seine Karriere ganz bescheiden in einem Rotterdamer Jugendzirkus. Er hat den Weg ganz nach oben geschafft. Sein Traum wurde Wirklichkeit und nun steht er mit vier Rekorden im Guiness-Buch der Rekorde.
Mit seinem jungenhaften Charme, voller Energie, einer dynamischen Fingerfertigkeit, die ihresgleichen sucht, jonglierte er sogar im Dunklen. Es gab großen Applaus.
Die Vorführung von Oscar Kaufmann hat mich sehr beeindruckt. Er ist als Sohn einer Künstlerfamilie aufgewachsen und schon sehr früh mit allen Formen der Kunst in Berührung gekommen. Er ist im Jugendensemble des Friedrichstadtpalastes aufgetreten und hat die Ausbildung an der Staatlichen Schule für Artistik mit Bestnote abgeschlossen. Sein Tanz mit dem Cyr-Rad war einzigartig. Wie ein überirdisches Wesen bewegte er sich in dem Rad.
Er schöpfte diese völlig neuen Möglichkeiten der artistischen Kunst voll aus, indem er jeden Ausdruck zu einem Roman und jede Bewegung zu Musik werden ließ. Er wirbelte mit dem Rad so blitzschnell über die Bühne, dass meine Augen zu tun hatten, seinen Bewegungen folgen zu können, und ich noch immer darüber grübele, wo seine Hände und Füße in diesem glatten Rund Halt fanden.
Der Auftritt des Show-Balletts Berlin mit „Shake it off“ von Taylor Swift war wie immer eine Augenweide.
Klaus Zeim, der Humorist und Kabarettist sorgte mit seinem selbst erdachten Programm dafür, dass unsere Lachmuskeln kräftig bewegt wurden.
Als Bert Beel auftrat, wurde er mit anhaltendem Beifall begrüßt. Wir kennen ihn ja schon gut von den vielen Veranstaltungen in der URANIA. Ob im Tonstudio, vor der Kamera, oder auf der Bühne, immer strahlt er Ehrlichkeit und Offenheit aus, und dafür hat sein Publikum eine Antenne. Mit seinen sagenhaften Parodien von Johannes Heesters bis Zarah Leander, vermag er immer wieder zu begeistern.
Er hat das Rezept gefunden, wie er Schlager, Gassenhauer, edle Chansons, Swingmelodien und Tangorhythmen zu einem Stelldichein zusammen führen kann. Da er mit dieser Vielfalt den Nerv der Zeit trifft, reagiert das Publikum mit Begeisterungsstürmen darauf.
Als nach der Pause Herr Erich Richter auf der Bühne erschien, ging ein Aufatmen durch den Saal. Er hat es sich nicht nehmen lassen, uns Zuschauer sehr herzlich zu begrüßen und den Stargast Gaby Baginsky zu präsentieren. Und wir spürten es in all den Jahren immer wieder, dass er sich mit ganzem Herzen dafür einsetzt, dass diese Internationale Varietè-Serie für uns Senioren erhalten bleibt. Und dafür sagen wir alle von Herzen Dankeschön.
Nun zurück zu den Künstlern. Der Auftritt von Gaby Baginsky war einfach mitreißend. Die blonde Sängerin konnte im September 2008 ihr 40-jähriges Bühnenjubiläum feiern, und das ist eine klare Aussage über ihr Talent. Sie hat sich sofort in unsere Herzen gesungen. Sie strahlt Lust am Leben und Lust am Singen aus, und das vermag sie auch mit leisen Tönen. Wenn sie ihre Stimmungsschlager singt, vergisst das Publikum für kurze Zeit die Alltagssorgen.
Wenn ich auf Anhieb sagen sollte, welche der Künstler mir am besten gefallen haben, so könnte ich das nicht. Denn jede der Darbietungen war ein unvergesslicher Höhepunkt für mich.
Wenn ich an Noah Chorny mit seiner vertikalen Stangenakrobatik denke, bekomme ich noch heute Herzklopfen. Noah wurde 1968 in New York geboren und hat diese 2000 Jahre alte chinesische Kunst vom ehemaligen Direktor des chinesischen Staatszirkus Nan Jing gelernt. Noah lebt seit 15 Jahren in Deutschland. Auf der Bühne zeigte er uns eine akrobatische Achterbahnfahrt mit Höhen und Tiefen.
Er spielte uns einen angetrunkenen, tolpatschigen Mann vor, der einen Laternenmast erklimmen will. Wir sollten denken, dass der Alkohol seinem Talent zu Missgeschick und Unsinn erst richtig auf die Sprünge geholfen hat. Und er suchte dafür die einzige Laterne aus, die noch wackliger war als er selbst. In 6 m Höhe sahen wir Noah torkeln, toben und über eine so ungeheure Distanz schwingen, dass der Zuschauer einfach die Luft anhielt.
Unsere Fragen, warum die Stange nicht bricht und warum Noah nicht fällt, blieben unbeantwortet. Das bleiben die Geheimnisse des „Drunken Masters“. Er erklimmt einen hohen Mast auf die verschiedensten und unmöglichsten Weisen und stellt mit seinem Körper Fahnen dar. Und wenn er sich dann, nur mit beiden Beinen an der Stange festhaltend, bemüht, die Laterne anzuzünden, dann scheinen die Gesetze der Schwerkraft nicht mehr zu gelten. Eigentlich unbeschreiblich, was wir da zu sehen bekamen.
Der Auftritt von Martin Mall, einem Künstler, der seine Liebe zur klassischen Musik mit seiner Jonglierpassion verbindet, hat die Zuschauer auch sehr begeistert. Als der Solist vertieft in sein Spiel auf der Bühne stand, sahen wir plötzlich einen Ball, der am Bogen herunter rollte. In dieser „Cellovariation“ jongliert Martin unterschiedlich große Bälle. Diese werden von ihm vielseitig manipuliert.
Als wir ihn dann bei seinem zweiten Auftritt mit seiner Diabolo Jpnglage bewundern konnten, kamen wir aus dem Staunen nicht heraus. Er gewann damit die Bronzemedaille bei den Weltmeisterschaften in den USA. Und mit seiner Kreation, „diabololights“ erhielt er eine Silbermedaille in Paris. Diese dynamisch aufgeladene Synthese traditionellen Jonglierens mit Elementen modernster Lichttechnik zeigte er uns. Die begleitende Musik hat er selbst komponiert. Einfach zauberhaft schön diese Vorführung.
Auch das Team Súpreme erhielt lang anhaltenden Applaus. Die ehemaligen Profiturner und erfahrenen Akrobaten überraschten uns durch ein Feuerwerk der Sprungakrobatik mit tollen Kombinationen und Akrobatikchoreografien. Verkleidet als kernige Waschweiber konnten wir sie in einer sprunggewaltigen Showdarbietung erleben.
Spektakuläre Sprünge auf dem Mini-Trampolin, einfache und doppelte Salti auch mit zusätzlichen Schraubendrehungen , das alles präsentierten sie uns in einer witzigen Art und Weise, dass wir viel zu lachen hatten.
Und dann noch der Auftritt einer Künstlerin, die uns alle in Erstaunen versetzte. Jane Kramer, direkt aus Las Vegas, war sie nun zum ersten Mal in Deutschland. Sie ist eine von Amerikas beliebtesten, jungen Magiern, und hat schon in vielen Ländern mit ihrer magischen Kunst Bewunderung ausgelöst. Sie erhielt auch bei uns viel Beifall.
Viel zu schnell ist dieser erlebnisreiche Nachmittag wieder vergangen. Alle Mitwirkenden standen noch einmal auf der Bühne und Gaby Baginsky sang für uns die Melodie „Weil wir uns bald wiedersehen“, der Beifall wollte nicht enden. Froh beschwingt verließen wir die URANIA mit wunderschönen Erinnerungen im Gepäck.
SeniorenServiceBüro
Sozialkommission
- Tel.: (030) 90293 4371
- Fax: (030) 90293 4355
- E-Mail SeniorenServiceBuero@ba-mh.berlin.de
Sonder-Sozialkommission
Redaktion Spätlese
Leiter: N.N.