Rosetta erreicht ihr Ziel
Bild: Dieter Schütz/pixelio.de
von Tristan Micke
Nach einer Reisezeit von über zehneinhalb Jahren erreicht die 3 t schwere Weltraumsonde Rosetta der Europäischen Weltraumorganisation ESA ihr Ziel und wird am 11. November 2014 den mitgeführten Lander Philae auf dem Kern des Kometen Tschurjumow-Gerasimenko absetzen.
Der Kometenkern ist ein Brocken aus Eis, Gestein, gefrorenen Gasen und Staub. Er ist schwarz wie Kohle und dreht sich in 12,6 Stunden einmal um die eigene Achse. Sein Durchmesser beträgt etwa zwei Kilometer, er ist vier bis fünf Kilometer lang, umkreist in 6,7 Jahren einmal die Sonne und nähert sich ihr dabei zwischen 840 Millionen und 195 Millionen Kilometer an.
Im August 2014 war die Sonde in eine Umlaufbahn um den Kometenkern eingeschwenkt, denn bevor der 100 kg schwere Lander auf ihm abgesetzt werden kann, muss er kartografiert werden, um einen geeigneten Landeplatz auf dem relativ kleinen Himmelskörper zu finden.
Wegen der großen Entfernung kann die Sonde bei der Annäherung an den Kometenkern nicht direkt von der Erde aus gesteuert werden. Deshalb orientiert sie sich mittels Sternsensoren an den Positionen von Sternen und agiert selbstständig. Nach dem Aufsetzen des Landers Philae verankert er sich mittels Harpunen auf dem Kometenkern, da dieser nur ein geringes Schwerefeld besitzt.
Dann beginnt er mit detaillierten Untersuchungen zur Beschaffenheit des Kometenkerns. Dazu hat er verschiedene Instrumente an Bord. Sonde und Lander begleiten dabei den Kometenkern bei seinem Flug in Richtung Sonne. Die gewonnenen Forschungsergebnisse werden zur Erde gesendet.
Den sonnennächsten Punkt erreicht der Komet Tschurjumow-Gerasimenko im August 2015. Dann nimmt seine Aktivität, wie Ausbildung eines Schweifs und der Verlust an Masse zu. Diese Aktivität begann zur Überraschung der Wissenschaftler bereits im April 2014. Bei jedem Sonnenumlauf verliert der Komet 400 t an Materie.
Geplant ist, dass der Lander sechs Monate den extremen Bedingungen auf der Oberfläche des Kometenkerns widersteht. Dann wird er von einem wegbrechenden Teil des Kometenkerns mitgerissen oder durch Hitze zerstört. Seine Forschungsaufgaben wird er aber bis dahin erfüllt haben.
Die Sonde Rosetta ist nicht direkt zum Kometen geflogen, wodurch sich ihre lange Reisezeit erklärt. Sie kam während ihres Fluges „zum Schwungholen“ dreimal in die Nähe der Erde und einmal in die Nähe des Mars. Dabei wurde sie von der Gravitation dieser Planeten beschleunigt und so ein geringster Treibstoffverbrauch ermöglicht (Swing-by Manöver).
Zweimal erreichte die Sonde den Asteroidengürtel zwischen den Planeten Mars und Jupiter. Am 5. September 2008 fand ihre erste Passage des Asteroidengürtels statt. Sie flog in einer Entfernung von 800 km am 4,6 km großen Asteroiden Steins vorbei und machte dabei von ihm fotografische Aufnahmen und sammelte spektrografische Daten.
Dabei stellte sich heraus, dass Steins mit einer Vielzahl von Einschlagskratern überzogen ist, was auf ein hohes Alter des Asteroiden schließen lässt. Bei der zweiten Passage des Asteroidengürtels erreichte Rosetta den Asteroiden Lutetia, der mit einem Durchmesser von 100 km wesentlich größer als der zuvor angeflogenen Asteroid Steins ist.
Aufnahmen aus einer Entfernung von rund 3000 km ergaben, dass Lutetia eine sehr unregelmäßige Form hat und von riesigen Kratern, Graten, Geröllrutschungen sowie mehreren 100 m großen Felsen geprägt ist. Zu diesem Zeitpunkt war der Asteroid 455 Millionen km von der Erde entfernt.
Nach diesen Erkundungen hatte die Sonde zunächst alle Aufgaben erfüllt und konnte zur Einsparung von Energie und zu ihrer Schonung am 8. Juni 2011 in den „Schlafmodus“ übergehen, aus dem sie vor dem Annähern an den Kometen Tschurjumow-Gerasimenko, am 20. Januar 2014 aufgeweckt wurde. Nach und nach wurden dann die Instrumente der Sonde eingeschaltet und ihre Funktion überprüft.
Asteroiden und Kometen bestehen aus dem Urmaterial, aus dem vor 4,64 Milliarden Jahren die Entstehung unseres Sonnensystems begann und das bis heute unverfälscht ist. Die Rosetta-Mission soll zur Klärung solch grundlegender Fragen beitragen, ob z. B. das Wasser auf der Erde vom Eis hier eingeschlagener Kometen stammt und ob die Grundbausteine des Lebens, wie Aminosäuren und komplexe organische Kohlenstoffverbindungen, einst von Kometen und Asteroiden auf unseren Planeten gebracht worden sind.
Das würde die Panspermie-Hypothese bestärken, nach der überall im Universum Leben entstehen könnte, wo es die Bedingungen dafür gibt.
In diesem Sinne ist auch der Name Rosetta zu verstehen. Er bezieht sich auf den Stein von Rosetta (auch Stein von Rosette oder Rosettastein), mit dem die Deutung der ägyptischen Hieroglyphen gelang.
Der Name des Landers Philae stammt von einer Insel im Nil. Hier wurde eine Säule (Obelisk) gefunden, welche die Entzifferung des Steins von Rosetta ermöglichte.
Zeitplan der Rosetta-Mission
Start: 2. März 2004 mit einer Ariane 5-Trägerrakete vom europäischen Raumflughafen Kouru in Französisch-Guayana, erster Erdvorbeiflug: 4. März 2005, Marsvorbeiflug: 25. Februar 2007, zweiter Erdvorbeiflug: 13. November 2007, Vorbeiflug am Asteroiden Steins: 5. September 2008, dritter Erdvorbeiflug: 13. November 2009, Vorbeiflug am Asteroiden Lutetia: 10. Juli 2010, danach „Schlafmodus“ vom 8. Juni 2011 bis 20. Januar 2014, Aufsetzen des Landers Philae auf den Kometenkern: 11. November 2014 – zusammen mit dem Kometen Flug in Richtung Sonne.
Zum Ende der Mission hat die Weltraumsonde Rosetta dann 7,1 Milliarden Kilometer zurückgelegt.
SeniorenServiceBüro
Sozialkommission
- Tel.: (030) 90293 4371
- Fax: (030) 90293 4355
- E-Mail SeniorenServiceBuero@ba-mh.berlin.de
Sonder-Sozialkommission
Redaktion Spätlese
Leiter: N.N.