Luther und seine Bibelübersetzung vor 500 Jahren: Thüringen feiert Werk von Weltgeschichte
Bild: Zteven/Pixabay
von Ursula A. Kolbe
Jetzt im Hier und im Corona-Heute einen Blick 500 Jahre auch in eine Art Lockdown zurück: Martin Luther sitzt als „Junker Jörg“ von Mai 1521 bis März 1522 hinter den Burgmauern auf der Wartburg in Eisenach fest, es sind zehn Monate „zwischen Depression und Arbeitswut“. Dem vorausgegangen war sein Auftritt auf dem Reichstag in Worms, wo er mit seinem berühmten Satz „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“ dem anwesenden Kaiser und Papst, den höchsten Autoritäten dieser Zeit, die Stirn geboten und natürlich deren Zorn auf sich gezogen hatte.
Friedrich der Weise nahm deshalb die Geschicke in die Hand und entführte den rebellischen Mönch zu seinem Schutz und versteckte ihn auf der Wartburg. Hier begann Luther dann, die griechische Urfassung des Testaments für alle verständlich ins Deutsche zu übertragen. Damit hat der geächtete Reformator in nur vier Monaten Weltgeschichte geschrieben.
Und diese Leistung und deren Wirkung bis heute will Thüringen in diesem Jahr unter dem Motto „Welt übersetzen – Sprache lesen, hören, sehen in Thüringen“ ab April ganz groß feiern. Dr. Franz Hofmann, Geschäftsführer der Thüringen GmbH: „Diese Übersetzungen prägten die Geschichte und hinterließen vor allem in Thüringen markante Spuren. Der Schwerpunkt des Themenjahres liegt deshalb auch insbesondere auf den Einfluss der Übersetzungen auf das Wort, die Musik und das Bild und damit auch die stetigen Transformationen in die heutige Zeit.
Mit einer landesweiten Kampagne soll das Thema ab April 2022 beworben werden.
Machtworte – Sprache lesen
Als erste deutsche Burg wurde sie in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen: die Wartburg in Eisenach. Sie wurde über Jahrhunderte geprägt von weltweit bedeutenden Ereignissen und Persönlichkeiten. Einer davon war Martin Luther, der ab dem 4. Mai 1521 für rund 300 Tage auf der Wartburg lebte und hier das Neue Testament übersetzte.
Ausstellung „Luther übersetzt“ auf der Wartburg
Die Lutherstube, authentische Wohn- und Arbeitsstätte des Reformators, ist seither Ziel unzähliger Pilger. Sie gilt als Keimzelle der deutschen Schriftsprache. Die Ausstellung „Luther übersetzt – 500 Jahre Neues Testament auf der Wartburg“ ist dem kulturellen Themenjahr 2022 gewidmet.
Die Arbeit an den Inhalten der Heiligen Schrift in ihrer theologischen Dimension und mit Mitteln der Sprache wird in der Ausstellung ebenso anhand von originalen Quellen wie durch medial aufbereitete Beispiele verdeutlicht. Besucher sollen informativ-unterhaltsam und interaktiv mit der Problematik und der Geschichte des Übersetzers vertraut gemacht werden.
Diese Ausstellung ist vom 4. Mai bis 6. November 2022 zu sehen.
Luther und die Bibel im Lutherhaus Eisenach
Die mehrfach ausgezeichnete Dauerausstellung unter dem Titel „Luther und die Bibel“ ist im Lutherhaus Eisenach, einem der ältesten und imposantesten Fachwerkhäuser Thüringens, zu sehen. Wer hier zum Thema „Luther und die Bibel“ auf Entdeckungsreise geht, kann sich auf außergewöhnliche Exponate, ausgefeilte Multi-Media-Präsentationen und überraschende Einsichten freuen.
Dabei geht es längst nicht nur darum, wie und warum Luther die Bibel übersetzte, sondern auch um grundlegende Einflüsse, die sein Werk auf Sprache, Literatur und Musik nahm.
Als neueste Attraktion ist das Kunstwerk „man in a cube“ des international renommierten chinesischen Künstlers Ai Weiwei im Innenhof des Lutherhauses zu sehen. Mit der Skulptur schuf der chinesische Künstler eine bedeutende künstlerische Auseinandersetzung mit dem Werk und Wirken Luthers, die insbesondere auf die prägende Kraft seiner Sprache und Ideen Bezug nimmt.
Ohrwürmer – Sprache hören: Bach vertonte Luther-Texte Luthers Übersetzungsleistung war vor 500 Jahren ein unschätzbarer Verdienst für die Christen in Deutschland. Erstmals war es möglich, das Neue Testament selbst zu lesen und damit zu verstehen. Die Übersetzung war eine einzigartige Vermittlungsleistung, die Johann Sebastian Bach später in anderer Form übernahm. Er machte es sich in seinen späteren Vertonungen zur Aufgabe, die Wirkung des Textes künstlerisch zu verstärken.
Die Fußspuren Johann Sebastian Bachs und Martin Luthers kreuzen sich nirgends augenfälliger als in Eisenach. Hier ging der Reformator zur Schule und übersetzte später das Neue Testament ins Deutsche; hier wurde Bach geboren und besuchte die gleiche Schule wie einst Luther. Beide erhielten hier den ersten Musikunterricht und sangen im Chor der Georgenkirche. 35 Kirchenlieder schuf Luther später, häufig stammen auch die Melodien von ihm.
Bach wiederum, der mit Luthers Liedern seit seiner Kindheit vertraut war, vertonte viele von ihnen etwa in seinen Orgelchorälen, seinen Passionen und Oratorien. In Bachs Lutherkantaten verwandeln sich Luthers Gemeindelieder in Eingangs- und Schlusschöre mit prächtiger instrumentaler Besetzung, ja einige dieser Kantaten bestehen sogar nur aus Luther-Texten.
Auch die Thüringer Bachwochen werden verschiedene Projekte präsentieren, die direkt oder indirekt dem Jubiläum von Luthers Bibel-Übersetzung auf der Wartburg ihre Reverenz erweisen.
Ebenbilder – Sprache sehen: auf den Spuren von Lucas Cranach
Das Luther-Land Thüringen stellt neben der Sprache in Wort und Musik vor allem auch die des Bildes ins Zentrum. Anhand herausragender Objekte und Ausstellungen in ganz Thüringen sollen so auch die Auswirkungen der Übersetzung des Neuen Testaments in der Kunst aufgezeigt werden.
Hier eine fein ziselierte Kette am Hals der Prinzessin Sibylle von Cleve in Weimar, da ein hauchzarter Stoff, der die Gothaer Aphrodite kaum verhüllen kann, dort spritzendes Blut vom Rumpf des geköpften Täufers Johannes in Neustadt an der Orla. Was die Cranachs malten, malten sie mit viel Liebe am Detail.
Cranach der Ältere gilt als ein bedeutender Maler der deutschen Reformation, der, neben der Anfertigung zahlreicher Luther-Porträts und Gemälde führender Persönlichkeiten, auch reformatorische Schriften mit seinen Grafiken illustrierte. In seiner Werkstatt ließ er mehrere dieser Schriften und die Übersetzung des Neuen Testaments drucken.
Zu Martin Luther und dessen Familie verband Cranach eine enge Freundschaft. Er war Trauzeuge und Taufpate des ersten Sohnes Johannes Luther. Darüber hinaus war Cranach der einzige Künstler, der Luther zu dessen Lebzeiten porträtierte.
Cranachs Bilderfluten in Weimar
Ab Frühjahr 2022 können Besucher das historische Stammhaus der Herzogin Anna Amalia Bibliothek neu erleben. Dann werden neben dem berühmten Rokokosaal auch eine Ausstellung zu Lucas Cranach und der Kunst der Reformation sowie wechselnde Präsentationen von Bibliothekssammlungen zu sehen sein.
Unter dem Titel „Cranachs Bilderfluten“ wird am 1. April 2022 eine Ausstellung zur Kunst der Reformation im 16. Jahrhundert eröffnet. Die Schau zeigt Objekte von Lucas Cranach den Älteren, dem Jüngeren und ihrer Werkstatt.
Präsentiert werden Gemälde, Grafiken, Medaillen und die Luther-Bibel von 1534. Von dieser Luther-Bibel hat sich in Weimar ein ganz besonderes Exemplar erhalten, das nach dem Druck farbig gestaltet wurde und dadurch aus dem ohnehin sehr aufwendig hergestellten Buch ein wahres Prachtexemplar machte.
Im Kontext des Jubiläums „500 Jahre Bibelübersetzung“ zeigt die Ausstellung die berühmte Weimarer Luther-Bibel von 1534 mit ihren prächtig kolorierten Illustrationen. Die Schau bietet eine reflektierte und gegenwärtige Auseinandersetzung mit der Sprachleistung Luthers und der Bildleistung Cranachs.
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