Röntgen und die Entdeckung der X-Strahlen
Bild: Arria Belli
von Ursula A. Kolbe
Am 8. November 1895 machte Wilhelm Conrad Röntgen in seinem Labor an der Universität Würzburg eine wichtige Entdeckung, eine wohl entscheidende in seinem Leben: Einige Meter von der mit Edelgasen gefüllte Entladungsröhre befand sich ein speziell beschichtetes Papier. Bei eingeschalteten Kathodenstrahlen begann es zu leuchten. Das Rätselhafte: Das Papier schimmerte auch dann noch, als die Entladungsröhre mit dicker schwarzer Pappe umschlossen war.
Also wurde es von einer bislang unbekannten Art von Strahlung zum Leuchten gebracht. Röntgen nannte sie X-Strahlen und erzählte zunächst fast keiner Menschenseele von seiner Entdeckung. Lediglich seiner Frau teilte er mit, dass er etwas mache, „wovon die Leute, wenn sie es erfahren, sagen werden: „Der Röntgen ist wohl verrückt geworden.“
Er verbrachte die folgenden Wochen fast rund um die Uhr in seinem Labor, um die Eigenschaften der Strahlen zu erforschen. Dabei ging Röntgen mit jener Sorgfalt und Präzision vor, für die er unter Physikern ein so hohes Ansehen genoss. Bis zum Januar 1896 schrieb er drei wissenschaftliche Forschungsberichte zu den X-Strahlen. Das während dieser frühen Forschung entstandene Foto von den Handknochen seiner Frau Bertha mitsamt Ring sollte zu einer Ikone der Wissenschaft werden.
Breite Resonanz unter den Wissenschaftlern
Weil Kathodenröhren damals in vielen Labors stehen, werden die spektakulären Ergebnisse international rasch bestätigt. „Es ging wie ein Leuchtfeuer um die Welt“, sagte der Präsident der Universität Würzburg, Alfred Forchel. Auch der deutsche Kaiser Wilhelm II. ließ den Star-Physiker zu sich nach Berlin kommen, um sich von den geheimnisvollen, alles durchdringenden X-Strahlen berichten zu lassen. Viele Ehrungen wurden Röntgen zuteil, 1901 sogar der erste Nobelpreis in Physik.
Die ursprüngliche Skepsis weicht schnell einem „Röntgenfieber“ – zu faszinierend ist die neue Möglichkeit, in den Körper und verschiedene Gegenstände zu blicken. Auf einem Röntgenbild sind Knochen gut zu erkennen, Weichteile dagegen nicht. In der Technik lassen sich mit ihnen Werkstoffe prüfen, im Labor die Struktur von Kristallen analysieren. Röntgenteleskope im Weltraum enthüllen energiereiche kosmische Prozesse, etwa bei schwarzen Löchern.
Neuer Zweig der Medizin entstand
Die Entdeckung vor 125 Jahren führte zu einem gänzlich neuen Zweig der Medizin – der Radiologie. Ungezählten Menschen hat das Verfahren bisher geholfen. Schon 1905 hieß es beim Kongress der Röntgen-Vereinigung zu Berlin: „In dieser vervollkommneten Weise sind die Röntgenstrahlen, (…) in allen Spezialfächern der Menschenheilkunde, (…) ein unersetzliches und unentbehrliches Hilfsmittel geworden.“
Daran hat sich bis heute nichts geändert. Röntgenstrahlen sind aus der Diagnostik nicht mehr wegzudenken. Und sie revolutionierten auch viele andere Bereiche der Forschung. „Die Doppelhelix-Struktur der DNA ist mit Röntgen-Beugung aufgelöst worden“, sagt Ralph Claessen, Leiter des Lehrstuhls für Experimentelle Physik IV an der Uni Würzburg. „Das ist für mich ein Meilenstein der Wissenschaft.“
Doch immer bescheiden geblieben
Der am 27. März 1845 geborene Röntgen war der einzige Sohn eines angesehenen Tuchfabrikanten aus Lennep bei Remscheid. Als er drei Jahre alt war, wanderten die Röntgens in die Niederlande aus, lebten bis 1862 in Appeldorn, danach in Utrecht. Nach dem Studium des Maschinenbaus mit Diplom in Zürich promovierte er in Physik, lernte in der Schweiz auch seine spätere Frau Anna Bertha kennen. Nach neunjähriger Professur in Gießen kehrte Röntgen an die Universität in Würzburg zurück, wo er eben auch mit den X-Strahlen die Wissenschaft revolutionierte.
Und allem Rummel um seine Person und Entdeckung zum Trotz blieb der Star-Physiker ein bescheidener, zurücklebender Mensch. Die Sommerzeit verbrachte er gern in seinem Haus in Weilheim in den Bayerischen Alpen. Er liebte die Natur, war begeisterter Bergsteiger und Jäger. 1900 nahm er eine Professur in München an. Dort verbrachte er den Rest seines Lebens und starb am 10. Februar 1923, vier Jahre nach seiner Frau. Seine wissenschaftlichen Erfindungen prägen unser aller Leben, heute und in weiterer Zukunft.
SeniorenServiceBüro
Sozialkommission
- Tel.: (030) 90293 4371
- Fax: (030) 90293 4355
- E-Mail SeniorenServiceBuero@ba-mh.berlin.de
Sonder-Sozialkommission
Redaktion Spätlese
Leiter: N.N.