Vollkorn – gesund oder doch nicht?
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von Prof. Dr. med. Curt Diehm
Ist Vollkornbrot die Lösung für ein gesundes und längeres Leben? Oder ist es doch nicht so gesund, wie landläufig behauptet wird? Informationen rund um den menschlichen Körper und die Gesundheit – erklärt von Prof. Dr. med.Curt Diehm.
Manchmal scheint es mir, als wäre vor und auch hinter den Theken unserer Brotgeschäfte eine Grundsatzdiskussion ausgebrochen. Klassisches Weißbrot verschwindet mit Ausnahme der auch bei uns beliebten Baguettes mehr und mehr, Dinkel scheint der neue Heilsbringer zu sein und Vollkornbrote sind allgegenwärtig.
Insgesamt essen wir Deutschen im Schnitt knapp 90 Kilogramm Brot, Brötchen und Kleingebäck pro Jahr. Übrigens mit leicht steigender Tendenz, wie das deutsche Bäckerhandwerk vermeldet. Mit rund 3.000 Brotsorten steht Deutschland europaweit an der Spitze der Sortenvielfalt. Darunter auch aktuelle Trends wie das kohlenhydratarme Glyxbrot, das Omega-3-Brot mit besonders viel der wertvollen Fettsäuren oder Jogging-, Vital- und Fitnessbrote mit extra Eiweiß.
Die einen sagen: Vollkorn ist gesund
Gerade das früher sehr beliebte Weißbrot ist in den vergangenen Jahren zunehmend in Verruf geraten. Dick soll es machen und sogar krank, heißt es immer wieder. Als gesunde Alternative wird Vollkornbrot – also dunkles Brot aus ungeschältem Getreide gepriesen.
Fest steht: Vollkornbrot enthält mehr Ballaststoffe, Mineralstoffe und B-Vitamine. Das fördert die Verdauung und sättigt besonders gut. Verschiedene Studien bestätigen die positive Wirkung für die Gesundheit. Eine häufig zitierte Meta-Analyse von 14 Studien mit fast 800.000 Teilnehmern kam bereits vor einigen Jahren sogar zu dem Ergebnis, dass Vollkornbrot-Konsumenten länger und gesünder leben. Das bestätigte erst jüngst eine weitere, im British Medical Journal veröffentlichte Meta-Analyse, für die Wissenschaftler weltweit 45 Studien mit unterschiedlichen Krankheitsschwerpunkten ausgewertet hatten.
Die anderen behaupten: Vollkorn kann sogar schaden
Kritiker stellen jedoch gern genau diese Meta-Analysen in Frage. Ihr Argument: Nicht berücksichtigt wurde dabei, dass die Probanden, die besonders viel Vollkornbrot aßen, sich auch insgesamt besonders bewusst ernährten, mehr Sport trieben und deutlich seltener rauchten sowie Alkohol tranken. Für diese Kritiker ist das Vollkornbrot also sozusagen nur ein Indikator, der eine Personengruppe definiert, die aufgrund ihrer insgesamt gesünderen Lebensweise länger lebt.
Diese Kritiker betonen dabei auch gern das schadhafte Potential von Vollkornprodukten durch deren hohen Gehalt an Stärke, Gluten, Phytinsäure (wichtig für die Eiweißverdauung) und Lektinen, die zu Darmentzündungen führen können.
Ist Vollkorn gesünder? Was ist richtig?
Wenn Sie mich nun fragen, kann ich Ihnen auch keine abschließende Antwort geben. Zum einen hängt es davon ab, ob und wie Sie Vollkornprodukte vertragen. Leiden Sie beispielsweise bereits an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung oder einer Gluten-Unverträglichkeit, können sich Vollkornbrote ungünstig auf den Krankheitsverlauf auswirken.
Sind Sie jedoch gesund, dann lautet mein Ratschlag: Essen Sie das Vollkornbrot, das Ihnen schmeckt und gut bekommt. Und komplett verzichten auf Weißbrot müssen Sie auch nicht. Beides sollte seinen Platz in einer ausgewogenen, gesunden und bewussten Ernährung haben. Und darauf kommt es an.
Zur Person:
Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl.
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