150 Jahre Berliner Straßenbahn
Bild: Peter von Bechen/pixelio.de
von Tristan Micke
Die Konzession für die erste Berliner Pferde-Eisenbahn war mit der königlichen Kabinettsorder vom 13. März 1865 erteilt worden. Diese Konzession wurde am 11. Mai 1865 von der Berliner Pferde-Eisenbahn-Gesellschaft E. Besckow übernommen.
Als Geburtstag der Berliner Straßenbahn gilt der 22. Juni 1865. An diesem Tag nahm die Berliner Pferde-Eisenbahn E. Besckow den Betrieb auf. Die Strecke führte vom Brandenburger Tor nach Charlottenburg, Spandauer Straße (heute Spandauer Damm) und war die erste Pferdestraßenbahn in Deutschland. Am 28. August des gleichen Jahres ging die Streckenverlängerung zum Kupfergraben in Betrieb.
Bereits kurze Zeit nach der Eröffnung der ersten Pferdebahnlinien suchte man nach anderen Antriebsarten. Versuche, die Dampfkraft zu nutzen, setzten sich in der Innenstadt nicht durch. Nur vom Zoologischen Garten nach Wilmersdorf und in den Grunewald sowie vom Bahnhof Groß-Lichterfelde Ost zur Machnower Schleuse verkehrten einige Jahre Dampfstraßenbahnen.
Auf der Gewerbeausstellung 1879 stellte Werner von Siemens den Besuchern die erste brauchbare Elektrolok der Welt vor. Auf dem Ausstellungsgelände in Moabit nahe dem Lehrter Bahnhof zog die kleine Lokomotive drei offene Wagen mit Sitzplätzen für je sechs Personen. Die Geschwindigkeit betrug 7 km/h. Die Stromzuführung zur Lokomotive erfolgte über eine Mittelschiene und die Stromrückführung über die Fahrschienen.
Von Mai bis September 1879 fuhren knapp 90 000 Ausstellungsbesucher mit der kleinen Bahn und waren angetan von ihrer sauberen und leisen Fahrweise. Die Möglichkeit, Schienenfahrzeuge elektrisch zu betreiben, war damit bewiesen.
Werner von Siemens entwickelte 1880 Pläne für eine elektrische Hochbahn in der Friedrichstraße, eine Probestrecke in der Markgrafenstraße und eine Hochbahn in der Leipziger Straße, die alle abgelehnt wurden, denn noch immer zweifelten die zuständigen Behörden an der praktischen Bewährung elektrischer Bahnen.
Um den praktischen Betrieb einer elektrischen Bahn überzeugend vorführen zu können, erwarb die Firma Siemens & Halske im Jahre 1881 eine stillgelegte meterspurige Materialbahn zwischen dem Bahnhof Groß-Lichterfelde (heute Lichterfelde Ost) und der knapp 2,5 km entfernten königlichen Kadettenanstalt (heute eine Filiale des Bundesarchivs). Hier ging am 16. Mai 1881 die erste elektrische Straßenbahn der Welt in Betrieb.
Die 180 Volt Gleichspannung für den Antrieb der Bahn wurde dem Triebwagen über die Fahrschienen zugeführt. Zur Isolation der Schienen dienten die Holzschwellen. Diese Art der Stromübertragung war jedoch nicht sicher. Wenn auf einem Bahnübergang ein Pferd beide Fahrschienen gleichzeitig berührte, erhielt es einen Stromschlag und bei feuchtem Wetter gab es erhebliche Energieverluste.
Der Wagen fasste 26 Personen und erreichte bei voller Besetzung 40 km/h. Wegen ihrer zügigen Fahrt erfreute sich die elektrische Straßenbahn bei den Fahrgästen bald großer Beliebtheit. Damit fand Werner von Siemens erstmals für die Entwicklung seiner elektrischen Fahrzeuge öffentliche Anerkennung.
Beim Bau weitere Strecken musste eine befriedigendere und sicherere Lösung der Stromzuführung gefunden werden. Bei der zweiten elektrisch betriebenen Straßenbahnstrecke zwischen Charlottenburg und dem Spandauer Bock fand eine doppelpolige Oberleitung Anwendung, auf der ein kleiner Kontaktwagen vom Triebwagen nachgeschleppt wurde. Später kamen eine einpolige Oberleitung und Stangen- bzw. Bügelstromabnehmer zum Einsatz. Die Stromrückführung erfolgte über die Fahrschienen.
Um sich die Installation von Oberleitungen zu ersparen, fuhren kurze Zeit auch auf einigen Strecken Benzol- und Akkumulatoren-Triebwagen.
Die neu gegründete BVG übernahm am 1. Januar 1929 ein ausgedehntes Straßenbahn-Netz von insgesamt 89 Linien mit 634 Kilometern Streckenlänge. 1945 endete der Straßenbahnbetrieb in Berlin in Trümmern und Verwüstung.
Die Nachkriegszeit und die politischen Verhältnisse im geteilten Berlin prägten die weitere Entwicklung dieses Verkehrsmittels. 1949 kam es zur Verwaltungstrennung der BVG in einen Ost- und einen Westteil. Dabei wurde festgelegt, dass auf den durchgehenden Linien die bestehenden Vorschriften des jeweiligen Betriebsteils zu beachten sind. So durften nach den gesetzlichen Vorschriften in West-Berlin keine Fahrerinnen eingesetzt werden.
Bei der BVG-Ost (später BVB) waren bereits ab 1950 Straßenbahn-Fahrerinnen im Einsatz. Wohl aus Personalmangel gab es in den Jahren 1951 bis 53 Versuche der BVG-Ost, Fahrerinnen auch auf den durchgehenden Strecken einzusetzen. Als sich diese Versuche häuften, schickten Verkehrsmeister der BVG-West die mit Fahrerinnen besetzten Straßenbahnen an der Grenze zu den Westsektoren zurück in den Ostsektor.
Die BVG-Ost zog daraufhin am 15. Januar 1953 die von ihr betriebenen Straßenbahn-Linien bis zur Sektorengrenze zurück. Auch die BVG-West ließ danach ihre Straßenbahn-Linien an der Grenze der Westsektoren enden. So kam es zur Spaltung der Berliner Straßenbahn, während S- und U-Bahnen noch bis zum 13. August 1961 über die Sektorengrenzen hinweg verkehrten.
Im Westteil Berlins verlangte die Stadtplanung Mitte der 1950-er Jahre nach Londoner und Pariser Vorbild die Verbannung der Straßenbahn aus der Innenstadt. Nach damaliger Ansicht passte eine Straßenbahn nicht in eine Weltstadt; sie sollte durch U-Bahn und Busse ersetzt werden. Am 2. Oktober 1967 fuhr die letzte Straßenbahn in West-Berlin.
Das war eine Entscheidung, die später oft bereut wurde. In Ost-Berlin wurde das Straßenbahnnetz dagegen ausgebaut und mit den Tatra-Wagen der Fahrzeugbestand erneuert. Nach dem Fall der Mauer erfolgten auch wieder Streckenverlängerungen in den ehemaligen Westteil Berlins. Damit sind erste Schritte getan, dass die Straßenbahn auch dort wieder Einzug halten kann. Moderne Niederflurwagen sind heute eine völlig neue Fahrzeuggeneration.
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