Zu Stein gewordene Sonnenstrahlen
Bild: Kempen Dettmann
von Kempen Dettmann
Einen Berliner Rekord hält Marzahn/Hellersdorf noch, von dem wohl kaum jemand so richtig Kenntnis nimmt: Der Stadtbezirk hat die meisten Pyramiden Berlins – nämlich zwei!
Die Markanteste ist das 100m hohe Bürogebäude an der Landsberger Allee Ecke Rhinstraße, das seit 1995 auf 23 Stockwerken 43 800 qm Nutzfläche bietet. Es ist das höchste Gebäude des Stadtbezirks. Der gläserne Mittelteil in Pyramidenform gab dem Gebäudekomplex auch den Namen. Ursprünglich konnte man an einer laufenden Lichterkette die Zeit ablesen. Auch heute bietet die Pyramide moderne Büroräume mit modernster technischer Ausstattung.
Mehr an eine richtige Pyramide erinnert jedoch das Ausstellungszentrum Pyramide in der Riesaer Straße, die jährlich 8 bis 10 Ausstellungen zu den unterschiedlichsten Themen beherbergt. Daneben ist sie Treffpunkt für Chorsingen, Konzerte, Theateraufführungen und Buchbasare. Jeden Herbst findet die Pyramidiale statt – ein Festival zeitgenössischer Musik.
Dann bietet Berlin noch den Pyramidengarten am Columbiadamm – allerdings ohne Pyramide – und die Berliner Weihnachtspyramide, die faktisch wiederbelebt worden ist. Schon im 18. Und 19. Jahrhundert war diese Berliner Pyramide Bestandteil der Weihnachtsfeiern, geriet dann aber mit dem Aufkommen des Weihnachtsbaumes in Vergessenheit. Nur die ärmeren Laute, die sich keinen Weihnachtsbaum leisten konnten, schmückten die Berliner Pyramide zum Festtag.
Dann gab es noch andere unvollendete Ideen des Pyramidenbaus für Berlin. So entwarf der visionäre Architekt Otto Kohtz in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine Pyramide, die doppelt so hoch werden sollte wie die Siegessäule. Sämtliche Ministerien des damaligen Deutschland sollten darin untergebracht werden. Wie auch zahlreiche andere himmelstürmende Wolkenkratzer wurde das Projekt nie realisiert. Schließlich gab es noch ein Projekt eines Berliner Vereins, das höchste Bauwerk Deutschlands als multikulturelles Grabmal zu errichten, in dem Menschen aus der ganzen Welt ihre letzte Ruhestätte finden könnten. Übrigens sollte es größer als die Pyramide von Gizeh werden.
In Ägypten findet man auch die Antwort auf die Frage: Warum so ein Bauwerk in Pyramidenform? Ein Sonnenstrahl bildet die Form einer Pyramide wenn er auf die Erde leuchtet. So waren die Grabstätten der Pharaone zu Stein gewordene Sonnenstrahlen. Deshalb wurde diese Form auch immer wieder als Grabstätte gewählt.
Solche beeindruckenden Bauten gibt es auch in der brandenburgischen Nachbarschaft zu entdecken. So die Grab-Pyramide Fürst Pücklers im Park Branitz. Mit nur 13 Metern Höhe ist sie das Wahrzeichen der gesamten Parkanlage. Sie wurde schon 1856 auf einer Wiese aufgeschüttet und 1863 mit der Pflanzung wilden Weins fertiggestellt. Seit 1871 dient sie als Grabstätte des Fürsten und seiner Ehefrau.
Pyramiden als Grundform spiegelten den Zeitgeist des 18. Jahrhunderts wider als Ägypten für die Mächtigen in Europa von Interesse wurde.
Ein klassisches Beispiel dafür ist auch die Pyramide Garzau. Sie befindet sich in Garzau, einem Ortsteil der Gemeinde Garzau-Garzin im Landkreis Märkisch-Oderland, unweit von Strausberg entfernt. Auch sie ist eine Art Entdeckung geschichtsträchtiger Ereignisse. Die Pyramide ist die größte Feldsteinpyramide Deutschlands und war Teil einer gesamten Anlage, bestehend aus Schloss Garzau mit Landschaftspark. Friedrich Wilhelm Carl Graf von Schmettau legte den Park ab 1779 an; die Pyramide entstand 1784 und sollte wohl dem Grafen als Mausoleum dienen. Er verkaufte allerdings das Anwesen.
Der Vorgängerbau des Schlosses fiel 1911 einem Brand zu Opfer, wurde aber als Schloss dann später wieder neu errichtet. Die Pyramide verfiel jedoch zunehmends, so dass von ihr lediglich eine Ruine übrigblieb. Ja sie geriet als Trümmerhaufen aus Feldsteinen in Vergessenheit. Erst 1999 wurde die in Garzau von den Einwohnern als „Ritterburg“ genannte Pyramide wiederentdeckt. Ein Förderverein „Pyramide und Schloßpark Garzau e.V.“ wurde gegründet. Mit eigenen Kräften wurde das Bauwerk von 2000 bis 2010 wieder frei gelegt und im ursprünglichen Zustand wiederaufgebaut. Mit 13,8 Metern ist sie heute wohl auch die einzige Pyramide mit einem Dach über der Spitze, die an den Außenseiten der Wände erklommen werden kann: ein schöner Aussichtspunkt über der märkischen Landschaft. Neben der Sammlung vieler geschichtlicher Momente auf seiner Internetseite (www.pyramide.garzau.de) organisiert der Förderverein Ausstellungen und jährliche Konzerte vor der Pyramide.
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