Mal wieder verirren?
Bild: Gärten der Welt/Markus Hilbig
von Kempen Dettmann
Ja, das konnte man seit Juni 2007 in den Gärten der Welt im Irrgarten. Der damalige Wirtschaftssenator der Stadt Berlin, Harald Wolf, hat es bei der feierlichen Eröffnung des Irrgartens gleich selbst vorgemacht: er hat sich verirrt.
So hat es in den nachfolgenden Jahren immer mal wieder jemand getroffen, was einen Spaßvogel unter den Guides der Gärten der Welt dazu animierte, die Besucher damit zu beruhigen, dass abends zur Schließung der Gärten die Parkwächter dann alle die aus dem Irrgarten rausholen würden, die sich darin hoffnungslos verirrt hätten. Man bräuchte also keine Angst haben.
Ich selbst habe bei einer Führung ein Pärchen wieder zusammenführen können. Er hatte sich nicht wieder auffindbar verirrt, während sie schon am Ausgang auf ihn unruhig wartete. Nach der Zusammenführung war der Ehefrieden wieder hergestellt und beide hatten ein unvergessliches Erlebnis mehr in ihren gemeinsamen Leben.
Besonders beliebt ist der Irrgarten bei den Kindern. Hier kann man sich verstecken oder andere erschrecken, einen Wettkampf austragen, wer zuerst zum Mittelpunkt mit der Aussichtsplattform kommt. So war für eine 3. Klasse der Irrgarten bei meinem Rundgang mit ihr durch die Gärten der Welt das Superding. Erst nach einer halben Stunde fanden sich alle wieder am Ausgang zusammen, wobei einige sich auch verlaufen hatten und etwas traurig hinter den Hecken standen.
Ansonsten sind Kinder die Rekordhalter für einen Weg zum Zentrum. Während die durchschnittliche Gehzeit etwa 10-15 Minuten beträgt schaffen es Grundschüler deutlich unter 4 Minuten. Die Gesamtwegelänge beträgt ja 600 m, wobei der kürzeste Weg nur 330 m lang ist. Vier Sackgassen und drei Wegeschleifen wurden eingebaut, 1.225 Eibenpflanzen auf 750 laufende Meter Hecke wurden eingesetzt. Zur Markierung des Zentrums wurde ein Ginkgobaum eingepflanzt, dessen Fächerblatt sich in aller Schönheit im Frühjahr zeigt.
Im Herbst färbt er sich dann wunderschön in Gold. Ein Ginkgo kann bis zu 200 Jahre alt werden. Spaß und Freude dieser besonderen Art waren ja auch die Hauptkriterien für die Errichtung des Irrgartens. Mit dem Irrgarten und dem daneben liegenden Labyrinth wurden die Gärten der Welt allerdings auch um bedeutende Elemente der Kulturgeschichte und der Gartenkunst bereichert.
Das älteste bekannte Labyrinth mit über 3000 Jahren wurde in Griechenland, in der Stadt Pylos entdeckt. Das Labyrinth in den Gärten der Welt ist eine größere Kopie des Labyrinths der Kathedrale von Chartres in Frankreich, das vor etwa 700 Jahren entstand. In den Renaissancegärten entstanden dann erste Labyrinthe aus Blumen und niedrigen Hecken. Sie waren allerdings nicht begehbar. Die ersten Irrgärten mit hohen Hecken, in denen man sich verirren konnte, entstanden erst ab dem 15. Jahrhundert.
Der erste Irrgarten dieser Art im italienischen Verona. In den darauffolgenden Jahrhunderten wurden die Irrgärten ständig weiter entwickelt mit unterschiedlichen Wegenetzen und Mustern, sie wurden immer komplizierter und verzweigter. In den barocken Lustgärten wurden sie ein beliebter Zeitvertreib. In den Niederlanden waren im 1700 Jahrhundert Irrgärten in Gärten der Gasthäuser schon eine besondere Attraktion für die Besucher. In England ließ Wilhelm III. in seinem Herrschaftssitz in Hampton Court um 1700 dann einen Irrgarten anlegen, der zum Vorbild für den Irrgarten in den Gärten der Welt wurde.
So konnten sich die Besucher der Gärten der Welt seit 2007 in einem eigenen Irrgarten „englisch“ verirren. Bis zum März 2020. Dann war Schluss. Der Irrgarten musste schließen wegen Corona. Abstandsregeln und Hygienevorschriften konnten ja auf den engen Wegen nicht eingehalten werden. Das traf natürlich viele Besucher gerade in diesen Zeiten recht hart, denn die Gärten der Welt waren zu einem sehr beliebten Ausgehziel geworden. Auch für die Kinder.
Das belegen die Zahlen für das vergangene Jahr. Ungeachtet der Tatsache, dass etwa 90 Prozent der Veranstaltungen abgesagt werden mussten wegen Corona und auch viel weniger Touristen kamen besuchten rund 700.000 Naturliebhaber die Gärten der Welt. Das waren etwa 2 Prozent mehr als im Nichtcoronajahr 2019.
Seit Anfang 2021 kann man sich nun wieder verirren und verlaufen im Irrgarten. Man hatte ein neues Buchungskonzept entwickelt, das Coronakonform ist. Man kann als Familie, Paar oder auch als Einzelperson für 30 Minuten einen Besuch ordern. Man hat dann den Irrgarten für sich ganz allein und genügend Zeit, sich wieder herauszufinden. Wichtig ist nur, sich rechtzeitig anzumelden für seine halbe Stunde. Für das „Verirren“ gibt es noch einen nicht offiziellen Geheimtipp.
Um sicher ins Zentrum und wieder hinaus zu finden gibt es eine einfache Regel – immer an der Hecke entlang. Man muss sich nur zu Beginn entscheiden, ob man links oder rechts an der Hecke entlang geht. Mehr Spaß macht es allerdings, einfach so den Weg zu finden und sich auch mal zu verirren.
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