Die Verständigung über „gewichtige Anhaltspunkte“ der Gefährdungen, die Weiterbildung von Fachkräften nach § 8a Abs. 2, SGB VIII, die intensive Einbeziehung von Minderjährigen und Eltern, ressortübergreifende Kinderschutzkonferenzen, Fachtage, Fortbildungen, Supervision und kollegiale Fallbesprechungen, waren und sind für die Jugendhilfe u.a. wichtige Schritte bei der Entwicklung eines qualifizierten Kinderschutzes.
Kinderschutzkonzepte, die Arbeit im Netzwerk sowie Angebote der Frühen Hilfe und Bildung helfen die Gefährdungslagen von Kindern und Jugendlichen frühzeitiger zu erkennen und Unterstützung zu geben.
Erfolge geraten allerdings ins Wanken, wenn in den Schlagzeilen steht, dass ein Kind misshandelt oder vernachlässigt wurde, Schaden kam oder gar gestorben ist. Die Medien berichten und sofort kommt die Frage auf: Wo war das Jugendamt? Was haben die Behörden gewusst, wer hat was (nicht) getan? Wer hat die Schuld?
Die Fragen sind legitim. Legitim bleibt aber auch der Hinweis, dass meist nicht die Feuerwehr am Brand schuld ist, nicht die Versicherung am Schaden und nicht die Jugendhilfe an der Kindesmisshandlung.
Natürlich muss gewährleistet sein, dass die Feuerwehr über genügend Personal, Fachwissen und Löschfahrzeuge verfügt und alle Geräte stets gewartet sind. Und natürlich muss auch die Jugendhilfe ausreichend ausgestattet sein für die Arbeit mit Familien, und über Zeit und qualifiziertes Personal verfügen.
Einschätzungen, Prognosen und Entscheidungen gehören zur täglichen Kinderschutzarbeit. Es gibt unvorhergesehenes und unkalkulierbares Verhalten von Menschen, mit dem wir zu tun haben. Prognosen können falsch sein. Hier sind Fehleranalysen wichtig. Verantwortung muss dann von denen übernommen werden, die tatsächlich fehlerhaft gehandelt haben oder die für eine fehlerhafte Struktur verantwortlich sind. Eine fehlerhafte Struktur besteht auch dann, wenn Aufgaben so angelegt sind, dass sie nicht erfüllt werden können.
So besteht weiterhin ein gesellschaftspolitischer Handlungsbedarf. Allen empirischen Erkenntnissen über die Auswirkungen und Folgen von Benachteiligung, Chancenungleichheit, Ausgrenzung, Gesundheitsrisiken und Vernachlässigung zum Trotz funktioniert die Versorgung von Minderjährigen mit besonderen Bedarfen teilweise nur lückenhaft.
Eine angemessene, kontinuierliche personelle und materielle Ausstattung von Jugendämtern, Schulen, Kitas, Bildungs- und Freizeitangeboten sowie ausreichend flexible Hilfesettings und Unterbringungsplätze in der Jugendhilfe, sind – weiterhin – wesentlich für die Gewährleitung eines nachhaltigen Kinderschutzes.