Das Berliner Partizipationsgesetz

Titelbild zum Gesetz der offenen Tür mit dem Text "Das Partizipationsgesetz für eine moderne Verwaltung in der Migrationsgesellschaft" und dem Slogan "Mehr Sichtbarkeit. Mehr Vielfalt. Mehr Teilhabe.

Berlin ist eine Stadt der Vielfalt – in Bezug auf Lebensweisen, Sprachen, Religionen und Kulturen. Um dieser Vielfalt gerecht zu werden, braucht es ein Gesetz der offenen Tür, das alle einbezieht und eine moderne Verwaltung fördert.

Das Berliner Partizipationsgesetz setzt genau dort an und sorgt dafür, dass die Vielfalt Berlins auch im öffentlichen Dienst sichtbar wird. Es fördert die Repräsentanz von Menschen mit Migrationsgeschichte in der Verwaltung und stärkt ihre politische Partizipation.

Ziele des Partizipationsgesetzes

Ziel des Partizipationsgesetzes ist es, die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Migrationsgeschichte zu fördern und durchzusetzen. Das gilt für alle Bereiche des Lebens.

Wesentliche Punkte des Berliner Partizipationsgesetzes:

  • Berücksichtigung bei der Stellenbesetzung: Menschen mit Migrationshintergrund werden bei der Besetzung von Stellen in besonderem Maße berücksichtigt.
  • Gezielte Ansprache: Durch verbindliche Regelungen bei Stellenausschreibungen sollen mehr Menschen mit Migrationsgeschichte gezielt angesprochen werden.
  • Förderpläne und Zielvorgaben: Alle öffentlichen Stellen des Landes Berlin führen spezifische Zielvorgaben und Förderpläne für die Förderung der Beschäftigung von Menschen mit Migrationshintergrund ein.
  • Befragung zum Migrationshintergrund: Die Anzahl der Beschäftigten mit Migrationshintergrund wurde 2024 erstmals auf freiwilliger Basis erhoben.
  • Beiräte: In jedem Bezirk wird ein Beirat für Partizipation und Integration gesetzlich verankert. Für die Belange der Roma und Sinti wird ein zusätzlicher Beirat auf Landesebene eingerichtet.

Befragung zum Migrationshintergrund

Im Jahr 2024 führte das Land Berlin erstmals eine freiwillige und anonyme Befragung zur Vielfalt im öffentlichen Dienst durch. Ziel war es, den Anteil von Beschäftigten mit Migrationshintergrund zu ermitteln, um gezielte Maßnahmen zur Förderung von Chancengleichheit und Vielfalt zu entwickeln.

Entstehung des Gesetzes

Der Vorläufer des Gesetzes war das 2010 verabschiedete Partizipations- und Integrationsgesetz (PartIntG). Berlin war das erste Bundesland, das ein solches Gesetz verabschiedet hat. Nach zehn Jahren und einer gründlichen Evaluation wurde jedoch deutlich, dass die Vorgaben des Gesetzes nicht ausreichend umgesetzt wurden. Daher wurde das Gesetz überarbeitet.

Das novellierte Gesetz zur Förderung der Partizipation in der Migrationsgesellschaft des Landes Berlin, kurz: Das Berliner Partizipationsgesetz (PartMigG), wurde am 17. Juni 2021 im Berliner Abgeordnetenhaus verabschiedet.

Zum 1. Juli 2023 wurde die Fachstelle bei der Beauftragten für Partizipation, Integration und Migration etabliert. Sie soll die fachliche und personelle Ausrichtung der Verwaltung auf die Migrationsgesellschaft unterstützen und begleiten.

FAQ zum Partizipations- und Migrationsgesetz

  • 1. Was ist das Gesetz zur Förderung der Partizipation in der Migrationsgesellschaft (PartMigG)?

    Das PartMigG ist die novellierte Version des Partizipations- und Integrationsgesetzes (PartIntG) aus dem Jahr 2010 und damit ein Gesetz zur Förderung der Teilhabe und Partizipation von Menschen mit Migrationsgeschichte.

  • 2. Was sind die Ziele des PartMigG?

    Das Gesetz soll die Partizipation und die gleichberechtigte Teilhabe von Personen mit Migrationsgeschichte in allen Bereichen des sozialen, kulturellen, ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Lebens in der durch Vielfalt und Migration geprägten Berliner Stadtgesellschaft (Migrationsgesellschaft) fördern und durchsetzen.

  • 3. Wie sollen die Ziele des PartMigG erreicht werden?

    Das PartMigG liefert konkrete Instrumente für eine größere Personalvielfalt in der Verwaltung und für mehr gesellschaftliche Partizipation von Menschen mit Migrationsgeschichte.

    Wesentliche Punkte des PartMigG:

    • Menschen mit Migrationshintergrund werden bei der Besetzung von Stellen in besonderem Maße berücksichtigt. Ziel ist die Abbildung auf allen beruflichen Ebenen mindestens entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung Berlins.
    • Durch verbindliche Regelungen bei Stellenausschreibungen sollen mehr Menschen mit Migrationsgeschichte gezielt angesprochen werden.
    • Förderpläne und Zielvorgaben für Menschen mit Migrationshintergrund werden bei allen öffentlichen Stellen des Landes Berlin eingeführt.
    • Die Anzahl der Beschäftigten mit Migrationshintergrund wird auf Basis freiwilliger Angaben erhoben.
    • Die Berliner Verwaltung richtet ihre Angebote und Maßnahmen auf die Belange der Migrationsgesellschaft aus.
    • Eine Fachstelle bei der Beauftragten des Senats für Integration und Migration begleitet die fachliche und personelle Ausrichtung der Verwaltung auf die Migrationsgesellschaft.
    • Mitarbeitende des öffentlichen Diensts erhalten Fortbildungen zu migrationsgesellschaftlicher Kompetenz.
    • Der Landesbeirat für Partizipation wird gestärkt und stärker fachlich ausgerichtet.
    • Für die Belange der Roma und Sinti wird ein eigener Beirat eingerichtet.
    • In jedem Bezirk wird ein Beirat für Partizipation und Integration gebildet.
  • 4. Was heißt Migrationsgesellschaft?

    Eine Migrationsgesellschaft ist eine Gesellschaft, für die Einwanderung prägend ist, ebenso wie Auswanderung oder Pendelmigration. Dies drückt sich aus in einer Vielfalt der Sprachen, Bezüge, Religionen und Lebensweisen. Alle Berliner*innen bilden die Migrationsgesellschaft – denn auch diejenigen, die schon seit vielen Generationen in der Stadt leben, sind von dieser Vielfalt geprägt.

  • 5. Wer ist die Zielgruppe des PartMigG?

    Die Zielgruppe des PartMigG sind Personen mit Migrationsgeschichte.
    Diese werden wie folgt definiert:

    • Als Personen mit Migrationsgeschichte gelten Personen mit Migrationshintergrund, Personen, die rassistisch diskriminiert werden und Personen, denen ein Migrationshintergrund allgemein zugeschrieben wird. Diese Zuschreibung kann insbesondere an phänotypische Merkmale, Sprache, Namen, Herkunft, Nationalität und Religion anknüpfen.
    • Eine Person verfügt über einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt.

    Der Begriff Migrationsgeschichte drückt die Wertschätzung der vielfältigen Biografien aus.

  • 6. Warum wird der Begriff Migrationshintergrund beibehalten und warum soll er unter den Beschäftigten in der Verwaltung erfasst werden?

    Die im PartMigG vorgesehenen Fördermaßnahmen im Personalbereich sollen auf der Basis nachvollziehbarer Daten erfolgen. Deshalb wird die statistisch eingeführte Größe des Migrationshintergrunds als Annäherung an die Zielgruppe genutzt. Die Verwaltung erfasst auf Basis freiwilliger Angaben den Migrationshintergrund der Personen, die sich bewerben oder beschäftigt werden, um sie gezielter ansprechen, einstellen und fördern zu können.

  • 7. Was ist migrationsgesellschaftliche Kompetenz und wie steht sie im Verhältnis zur Interkulturellen Kompetenz und zur Diversity-Kompetenz?

    Migrationsgesellschaftliche Kompetenz ist Teil der Diversity-Kompetenz.

    Sie umfasst die Fähigkeit,

    • bei Vorhaben, Maßnahmen und Programmen die Auswirkungen auf Personen mit und ohne Migrationsgeschichte beurteilen und entsprechend handeln zu können.
    • die durch Diskriminierung und Ausgrenzung von Personen mit Migrationsgeschichte entstehenden teilhabehemmenden Auswirkungen zu erkennen und zu überwinden.
    • insbesondere in beruflichen Situationen Personen mit Migrationsgeschichte respektvoll und frei von Vorurteilen zu behandeln.

    Der Begriff der migrationsgesellschaftlichen Kompetenz löst das irreführende Konzept der interkulturellen Kompetenz ab. Migrationsgesellschaftliche Kompetenz umfasst die Vermeidung von Zuschreibungen und einen möglichst vorurteilsfreien, offenen und respektvollen Umgang aller mit allen. Für das kompetente Agieren in der Migrationsgesellschaft ist auch das Erkennen von Rassismus und der kritische Umgang damit zentral.

  • 8. Wie verhält sich das PartMigG zum Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG)?

    Das Berliner LADG dient dem Schutz vor Diskriminierung im Rahmen öffentlich-rechtlichen Handelns des Landes Berlin sowie der Herstellung und Förderung einer Kultur der Wertschätzung von Vielfalt (Diversity). Das PartMigG hingegen dient der besonderen Förderung und dem Nachteilsausgleich von Menschen mit Migrationsgeschichte in ihrem Zugang zu öffentlichen Leistungen und Positionen sowie zur gesellschaftlichen und politischen Partizipation.

  • 9. Wie verhält sich das PartMigG zum Berliner Landesgleichstellungsgesetz (LGG)?

    Analog zum LGG, das den Nachteilsausgleich und die Förderung von Frauen zum Ziel hat, fördert das PartMigG Menschen mit Migrationsgeschichte. Die Gesetze stehen nicht in Konkurrenz zueinander, sondern ergänzen sich gegenseitig.

  • 10. Wie verhält sich das PartMigG zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)?

    Das AGG dient auf Bundesebene ebenso wie das Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) auf Landesebene dem Schutz vor Diskriminierung und Benachteiligung. Ziel des AGG ist es, Benachteiligungen aus rassistischen Gründen, wegen ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Somit erlaubt das AGG auch explizit, Fördermaßnahmen zu ergreifen, um diese Benachteiligungen zu beseitigen. Diese werden im PartMigG für die Zielgruppe der Menschen mit Migrationsgeschichte getroffen.