Ehem. Haus Penzlin
Podbielskiallee 28 in Steglitz-Zehlendorf, Ortsteil Dahlem
Bauzeit / -Geschichte: 1929-30 von Otto Rudolf Salvisberg, Ausführung Hermann Schäler, 1958/59 grundlegende Sanierung und Modernisierung der Studioräume; 1981/82 Umbau zum Mehrfamilienhaus
Bauherr: Erich Penzlin
Das Haus Penzlin bezogen im August 1945 die US-Streitkräfte und richteten hier ihren populären Soldatensender American Forces Network (AFN) ein, der nicht nur den Alltag amerikanischer Militärangehöriger prägte, sondern auch den vieler Berliner. Bis 1969 ist das Gebäude als Sendehaus genutzt worden, ab 1982 war es ein Mehrfamilienwohnhaus für Offiziere der US-Army.
Das Haus Penzlin wurde an den beiden Straßenseiten des Eckgrundstücks Podbielskiallee 28 / Hellriegelstraße als zweigeschossiges, winkelförmiges Einzelwohnhaus errichtet. Es gehört zu den bedeutendsten Einzelwohnhäusern, die der überregional agierende Schweizer Architekt Otto Rudolf Salvisberg (1882-1940) in Berlin erbaut hat. Weitere bekannte Berliner Werke sind das Haus Flechtheim 1927-28 und die Wohnbauten der Großsiedlungen Onkel Toms Hütte 1926-32 und der Weißen Stadt 1929-31. Salvisberg hat mit seinem Entwurf für die Villa Penzlin auf den allgemeinen Verdichtungsprozess in den Berliner Villenkolonien reagiert. Gegenüber seinen früheren Landhäusern erfolgte bei diesem Objekt eine Umorientierung der Anordnung auf dem Grundstück, indem er das das Haus an die Straße heranrückte. Nicht mehr der Garten umgab das Haus, sondern das Haus den Garten. Der winkelförmige Baukörper des Hauses Penzlin bildet mit dem rückwärtigen Garten eine Einheit. Die beiden rechtwinklig zueinander stehenden, langgestreckten und unterschiedlich hohen Quader der Baukörper bilden mit der Gartenfläche eine subtil aufeinander abgestimmte dreidimensionale, aus Kuben und Fläche bestehende Gesamtkomposition. Dieses abgestufte Arrangement stellt in dieser Form eine zeittypische Umsetzung von abstrakten Flächenkompositionen der zeitgenössischen Malerei à la Mondrian und der Bildhauerkunst in die Dreidimensionalität der Architektur dar.
Das ehemals zweigeschossige Gebäude mit flach geneigtem Walmdach und Fassade aus Cannstatter Travertin wurde 1928-30 für den Kaufmann Dr. Erich Penzlin als vornehmes Einzelwohnhaus errichtet. Mit der Winkelform wählte Salvisberg einen Grundriss, der sich mit der Entwicklung des großbürgerlichen Einfamilienhauses im beginnenden 20. Jahrhundert durchgesetzt hatte. Im Erdgeschoss des Hauptflügels an der Podbielskiallee lagen ursprünglich die repräsentativen Wohnräume, darüber die Schlafzimmer. Im niedrigeren Nebenflügel an der Hellriegelstraße waren die Wirtschaftsräume untergebracht. Hier befindet sich auch der durch eine Pergola betonte Eingang.
Formal stellt das Haus eine Weiterentwicklung des Wohnhauses im Sinne der Versachlichung dar: Der aus zwei quaderförmigen Baukörpern zusammengesetzte und ursprünglich mit sehr flachen Walmdächern versehene Baukörper vermittelt den Eindruck äußerster Strenge und Präzision, verbunden mit einer für den Stil des Architekten typischen Eleganz. Diese entsteht zum einen durch die Naturstein-Fassadenbekleidung, zum anderen durch die klare Form der Baukuben mit exakt in die Hausecken eingepassten Kastenfallrohren und durch die Betonung der Horizontalen mittels bündig mit den Außenwänden abschließender Fensterbänder. Ein weiter Dachüberstand und ein den Hauptbaukörper umschließendes vordachartiges Gurtband runden den Eindruck ab. Hervorzuheben ist auch die stimmige Einfriedung aus verputzter Ziegelmauer bzw. einem Mauersockel mit Drahtgitterrahmen, die ebenfalls von Salvisberg entworfen wurde.
1934 ist die Villa Penzlin an den Bankdirektor der Deutschen Verkehrs-Kreditbank AG Dr. Max Martin Schlenker verkauft worden. Im August 1945 bezogen die US-Streitkräfte die 27-Zimmer-Villa, richteten in ihr den Soldatensender American Forces Network (AFN) ein und nutzten sie als Sendehaus.
Der amerikanische Soldatensender entstand während des Zweiten Weltkrieges und sollte den im Ausland stationierten Truppen ein typisches Unterhaltungsprogramm mit Musik bieten und gleichzeitig Nachrichten und Informationen zum Kriegsverlauf geben. Der AFN ging am 4. Juli 1943 erstmals auf Sendung und begleitete ab Juni 1944 den Vormarsch der Alliierten nach Deutschland. Nach Kriegsende entstanden in allen großen Städten der amerikanischen Besatzungszone AFN-Stationen, so auch am 17. Juni in Berlin. Anfangs wurde aus einem LKW gesendet, später das Einfamilienhaus in der Podbielskiallee bezogen. Die erste Sendeanlage des AFN war eher primitiv, die Antenne bestand nur aus zwei Drähten, die zwischen zwei Bäumen aufgehängt waren.
Während der Berlinblockade und der Luftbrücke 1948/49 sendete der AFN Berlin 24 Stunden am Tag, zum einen, um das Bodenpersonal und die Piloten während der Nachtschichten wach zu halten, zum anderen diente das Radiosignal auch als Peilsender im schmalen Flugkorridor beim Landeanflug in Tempelhof.
Der AFN erreichte in Berlin bald Kultstatus; nicht nur amerikanische Soldaten hörten das Programm, sondern auch die Berliner. Neben der modernen Musikmischung aus Rock´n´Roll, Blues und Pop begeisterten das deutsche Radiopublikum auch die Übertragungen von Livekonzerten. Mit dem Mauerbau wurde es allerdings für die Ost-Berliner Zuhörer immer schwieriger, den Sender zu hören, denn er galt als Sprachrohr des potentiellen Gegners. Im August 1961 berichtete der AFN Berlin “live vor Ort” vom Mauerbau. Radio Moskau versuchte daraufhin die freie Nachtfrequenz in den späten Abendstunden nach Sendeschluss des AFN für sowjetische Propaganda in englischer Sprache zu nutzen. Daraufhin stellte der AFN sein Programm um und sendete nun dauerhaft 24 Stunden täglich. Viele historisch bedeutende Momente der Geschichte Berlins hat der amerikanische Soldatensender begleitet, so auch den Besuch des amerikanischen Präsidenten im Juni 1963 und dokumentierte die berühmten Worte Kennedys “Ich bin ein Berliner!”.
In den 1960er Jahren ist das Unterhaltungsangebot des AFN um ein eigenes Fernsehprogramm (AFN-TV) erweitert worden. Für Fernsehstudios und zusätzliches Equipment reichte das Platzangebot im Haus Penzlin nicht mehr aus und der Sender zog im August 1969 in ein ehemaliges Army Post Office in der Saargemünder Straße 28, wo der Sendebetrieb am 18. August 1969 wieder aufgenommen wurde. Von hier aus sendete der AFN 25 Jahre lang seine Radioprogramme, bis er am Freitag, den 15. Juli 1994 zum letzten Mal auf Sendung ging und eine dreistündige Sondersendung über UKW und Mittelwelle in 54 Länder übertrug.
Das Haus Penzlin in der Podbielskiallee ist 1981-82 unter Wahrung des äußeren Erscheinungsbildes in ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen für Offiziere der US-Streitkräfte umgebaut worden. Bei einem erneuten Umbau 2009 ist die Dachform durch Aufstockung verändert worden.