Ehem. Scharlachberg-Haus
Kurfürstendamm 211 in Charlottenburg-Wilmersdorf, Ortsteil Charlottenburg
Bauzeit / -Geschichte: 1948 Entwurf von Hans Semrau, Ausführung: 1949-50
Bauherr: Gouvernement Militaire Français de Berlin
Während der Berlin-Blockade ließ die französische Militärregierung zwischen 1948-50 das Kulturzentrum “Maison de France” im britischen Sektor errichten. Es war eine der ersten wiederhergestellten und neu errichteten Bauten nach dem Zweiten Weltkrieg am Kurfürstendamm.
1897 wurde auf dem Eckgrundstück Kurfürstendamm / Uhlandstraße ein Mietshaus von W. Klopsch für den Rentier N. Knopf errichtet, das später mehrmals verändert wurde, so 1914 im Erdgeschoss durch George Pourroy und 1925 durch Umbau der Läden nach einem Entwurf von Paul Ackermann. Am wesentlichsten war die 1926 erfolgte Neugestaltung der Straßenseite durch Hans und Wassili Luckhardt und Alfons Anker. Die vormals sehr historistisch gestaltete Fassade wurde von allem Stuck befreit und im Sinne der Neuen Sachlichkeit umgebaut. Der Straßenfassade wurde durch eine streng waagerechte, bandartige Gliederung ein architektonisches Gesicht der 1920er Jahre gegeben, sie erhielt vorgebaute Brüstungsbänder, dazwischen traten die vereinfachten Fenster bandartig zurück. Das Erdgeschoss und das erste Obergeschoss wurden zu Ladenlokalen mit vollverglasten Ladenportalen im Erdgeschoss umgebaut. Ein besonderes Gestaltungsmerkmal des fünfgeschossigen Eckhauses mit Pultdach sind die abgerundeten Übergänge zwischen den drei Straßenfassaden, auf scharfe vertikale Kanten wurde verzichtet. Das Gebäude erhielt nun die Bezeichnung Scharlachberg-Haus.
Im Zweiten Weltkrieg erlitt das Gebäude schwere Schäden durch Brandbomben, lediglich das Erdgeschoss, Teile des Obergeschosses und der Umfassungsmauern blieben erhalten. 1945 wurde im ersten Obergeschoss des Flügels am Kurfürstendamm das Roxy-Kabarett und 1947 ein gleichnamiges Hotel im Uhlandstraßen-Flügel eröffnet. Die französische Militärregierung beschloss 1947 auf dem günstig gelegenen Grundstück unter Einbeziehung der britischen Militärregierung ein französisches Kulturzentrum zu errichten. Am 7. Mai 1947 wurde das Gebäude durch die britische Militärbehörde beschlagnahmt und am 5. November 1947 zur Nutzung an die französische Militärregierung übergeben. 1948 wurde mit dem Wiederaufbau begonnen, jedoch musste der Architekt Hans Semrau wegen des Beginns der Berlin-Blockade und den damit verbundenen Schwierigkeiten bei der Baustoffbeschaffung seinen Entwurf verkleinern. 1950 erfolgte die Fertigstellung des Hauses. Am 21. April 1950 wurde das “Maison de France” als Ort des deutsch-französischen Gedankenaustausches feierlich durch den französischen Stadtkommandanten General Ganeval und den französischen Hohen Kommissar François-Poncet im Beisein des Berliner Oberbürgermeisters Ernst Reuter eröffnet.
Das “Maison de France” gehört zu den sehr frühen Wiederaufbauten am Kurfürstendamm und es zeigt die noch sehr zurückhaltende und sparsame Architektur der ersten Nachkriegsjahre. Die Formensprache der äußeren und inneren Raumgestaltung entspricht ihrer Epoche, den 1950er Jahren: ohne Überschwang, aber mit Knappheit, eleganten Kurven, indirektem Licht, Klarheit und Festlichkeit. Obwohl bei der Wiedererrichtung aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage und Materialversorgung alte Bauteile wiederverwendet wurden, sind Baudetails und die Innenausstattung sehr anspruchsvoll ausgeführt worden. Die Kubatur des Gebäudes ist bei der Wiederherstellung gleich geblieben, der Architekt Semrau hat den Bauteil an der stumpfen Ecke am Kurfürstendamm nur unwesentlich verändert. Das fünfgeschossige Eckhaus an Kurfürstendamm und Uhlandstraße orientiert sich wie in den 1920er Jahren mit seiner Hauptfront zur Straßenkreuzung. Beiderseits schließen sich ungleich lange Flügel am Kurfürstendamm und an der Uhlandstraße an. Der zweifach gewinkelte Baukörper mit weichen Rundungen zeigt im Erdgeschoss eine umlaufende, verglaste Ladenfront. Die Obergeschossfenster an der stumpfen Ecke sind bodentief ausgeführt und mit Brüstungsgittern versehen. Dies ist ein Zitat der in Frankreich weit verbreiteten Fenstertüren. Im Inneren legte der Architekt zugunsten einer größeren Halle das Treppenhaus um etwa einen Meter zurück. Teilweise erfolgte die Neuordnung von Räumen. Anstelle des abgerissenen Flügels an der Uhlandstraße ist das Kino mit Rang als Stahlskelettbau errichtet worden. Äußerlich wurde es dem Hauptbauteil am Kurfürstendamm angepasst.
Das französische Kulturzentrum sollte als Begegnungsstätte zur Förderung der freundschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland dienen und vermittelte französische Kultur- und Lebensweise auf unterschiedlichen Ebenen. Neben einem Kino (“Cinema Paris”) mit 435 Sitzplätzen und bespielbarer Bühne, einer Bibliothek mit Lesesaal, Ausstellungs- und Unterrichtsräumen verfügte das “Maison de France” auch über ein Restaurant mit Bar und Tanzcafé, eine Konditorei mit modernen Küchenräumen und ein Reisebüro. Zudem residierte das Französische Generalkonsulat im Gebäude. Nach dem Sprengstoffattentat vom 25. August 1983 erfolgte ein Innenumbau. Nach Beseitigung der Schäden wurde das französische Kulturzentrum mit Konsulat 1985 durch den Staatspräsidenten François Mitterand und im Beisein des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl wiedereröffnet. 1992 verkaufte die Bundesregierung Deutschland dem französischen Staat das Grundstück, das Eckhaus wird weiterhin als deutsch-französisches Begegnungs- und Kulturzentrum genutzt und ist immer noch Sitz des “Institut français Berlin”, das die Förderung der französischen Sprache und Kultur in Berlin und Brandenburg zur Aufgabe hat.