Als erste Besatzungsmacht trafen Einheiten der Roten Armee in Berlin ein. Diese hatten die Stadt nach der Schlacht um Berlin, die am 16. April 1945 mit dem Sturm auf die Seelower Höhen begonnen hatte, bis Ende April vollständig eingenommen. Die Verteidigung der Hauptstadt endete offiziell am 2. Mai mit dem Befehl General Helmuth Weidlings, die Kämpfe einzustellen. Als Stadtkommandant Berlins unterzeichnete er am gleichen Tag die Kapitulation seiner Truppen in Tempelhof. Damit wurde die Befehlsgewalt über Berlin vier Tage nach Hitlers Selbstmord im Führerbunker unter der Reichskanzlei in die Hände der Roten Armee gelegt.
In den folgenden Wochen geriet die gesamte Stadt vorerst ausschließlich unter sowjetische Kontrolle. Noch vor der Unterzeichnung der gesamtdeutschen Kapitulationsurkunde in Berlin-Karlshorst am 9. Mai durch Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel begann die Rote Armee damit, in bereits eroberten Stadtgebieten eine neue Verwaltungsstruktur zu etablieren. Diese folgte sowjetischem Muster. Gleichzeitig wurde allerdings auch die Neueinrichtung von deutschen Stellen vorangetrieben. Unterstützung erhielten die Sowjets von der “Gruppe Ulbricht”, die sich aus Funktionären der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) zusammensetzte und am 30. April aus dem sowjetischen Exil zurückgekehrt war. Die Devise Walter Ulbrichts, dem Namensgeber der Gruppe, lautete:
- Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand behalten.[2]
Dies betraf auch die neu entstehende Parteienlandschaft. Zwar erlaubten die Sowjets bereits am 10. Juni 1945 die Gründung von Parteien, es zeigte sich jedoch bald, dass die KPD eindeutig bevorzugt wurde. Daneben konstituierten sich die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), die Christlich Demokratische Union (CDU) und die Liberalen.
Die neuen Machthaber sahen sich vor große Herausforderungen gestellt. Das Ausmaß der Zerstörungen war beträchtlich. Im gesamten Stadtgebiet waren ca. ein Drittel der Wohnungen vernichtet.[3] Vor allem die Bezirke innerhalb des S-Bahn-Ringes wiesen durch den Bombenkrieg einen hohen Zerstörungsgrad auf. Der Bezirk Tiergarten verzeichnete beispielsweise über 50 % der Wohnungen als unbewohnbar.[4] Darüber hinaus waren Gas-, Wasser- und Stromleitungen größtenteils zerstört und der öffentliche Nahverkehr zusammengebrochen.
Die Rote Armee sorgte für erste Aufräumarbeiten, die vor allem auf den Wiederaufbau des Verkehrsnetzes zielten. Straßen und Plätze wurden von Trümmerschutt befreit und ein kleiner Teil des öffentlichen Nahverkehrs bereits im Mai 1945 wieder in Betrieb genommen.
Daneben hatte die Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln Priorität. Eine Rationierung der Lebensmittel sollte eine gerechte Verteilung gewährleisten. Doch nur die höchste der fünf eingeführten Lebensmittelklassen ermöglichte eine halbwegs ausreichende Ernährung. Erschwerend hinzu kam der anhaltende Flüchtlingsstrom aus den Ostgebieten: Monatlich erreichten ungefähr 500.000 Vertriebene die Stadt.[5]
Der Umgang der Sowjets mit den Berlinern war unterschiedlich. Obwohl Marschall Konstantin Konstantinowitsch Rokossowski den Befehl gab, Plünderer oder Vergewaltiger vor das Kriegsgericht zu stellen oder zu erschießen, sind zahlreiche Übergriffe auf Zivilpersonen belegt.
Als die West-Alliierten im Juli 1945 Berlin erreichten, endete die Alleinherrschaft der sowjetischen Besatzungsmacht über die Stadt. Trotz des relativ kurzen Zeitraums von zwei Monaten war es den Sowjets gelungen, den Verwaltungsaufbau und die Personalpolitik maßgeblich in ihrem Interesse zu beeinflussen. Hohe Positionen im Gerichtswesen, bei der Polizei, in den Medien und an der Friedrich-Wilhelms-Universität Unter den Linden waren größtenteils mit politisch zuverlässigen Personen besetzt worden. Auch auf wirtschaftlichem Gebiet waren entscheidende Eingriffe vorgenommen worden. In den späteren westlichen Sektoren hatten die Sowjets 80 % der Industriemaschinen demontiert, im Ostteil dagegen nur 30 %. Zudem waren leistungsstarke Betriebe in die Sowjetische Aktien-Gesellschaft (SAG) umgewandelt worden. Dies stellte bereits einen ersten groben Verstoß gegen die Abmachung der Alliierten dar, eine gemeinsame Wirtschaftspolitik anzustreben.[6]
fn2. Leonhard, Wolfgang: Die Revolution entlässt ihre Kinder, 22. Auflage, Köln 2005, S. 317.
fn3. Vgl. Ribbe, Wolfgang (Hrsg.): Geschichte Berlins. Zweiter Band. Von der Märzrevolution bis zur Gegenwart, München 1987, S. 1093.
fn4. Ebd.
fn5. Ebd., S. 1032.
fn6. Vgl. Flemming, Thomas: Berlin im Kalten Krieg. Der Kampf um die geteilte Stadt, Berlin 2008, S. 12.