Schinkel-Veranda

Schinkel-Veranda

Schinkel-Veranda

  • Das Schweizerhaus, 2009

    Das Schweizerhaus, 2009

  • Ansicht von Süden - Architekturzeichnung, 2003

    Ansicht von Süden - Architekturzeichnung, 2003

  • links: Farbige Entwurfszeichnung von Schinkel; rechts: Originale Farbigkeit Schinkels (um 1825), Teilfreilegung 1999

    links: Farbige Entwurfszeichnung von Schinkel; rechts: Originale Farbigkeit Schinkels (um 1825), Teilfreilegung 1999

  • Originale Farbigkeit Schinkels im verputzten Deckenbereich, Teilfreilegung 2008

    Originale Farbigkeit Schinkels im verputzten Deckenbereich, Teilfreilegung 2008

  • Decke mit 'Schinkelblau' in den verputzten Feldern nach der Restaurierung (2009)

    Decke mit 'Schinkelblau' in den verputzten Feldern nach der Restaurierung (2009)

  • Ausführung der Rekonstruktionsmalerei , 2008

    Ausführung der Rekonstruktionsmalerei , 2008

  • Rekonstruierter Farb- und Formenkanon Schinkels (2009)

    Rekonstruierter Farb- und Formenkanon Schinkels (2009)

  • Kapitellzone, Blätter und Palmetten als Schablonenmalerei mit aufgemaltem Licht und Schatten (2008)

    Kapitellzone, Blätter und Palmetten als Schablonenmalerei mit aufgemaltem Licht und Schatten (2008)

  • Kapitelzone nach Abschluss der Restaurierung, 2009

    Kapitellzone nach Abschluss der Restaurierung, 2009

  • Veranda vor der Restaurierung mit Einbauten (1920er Jahre), 2008

    Veranda vor der Restaurierung mit Einbauten (1920er Jahre), 2008

  • Schützende Abklebung der originalen Deckenmalereien unter der rekonstruierten Deckenfassung (2008)

    Schützende Abklebung der originalen Deckenmalereien unter der rekonstruierten Deckenfassung (2008)

An der historischen Ausfallstraße von Berlin nach Norden, der heutigen Dietzgenstraße in Niederschönhausen, verbirgt sich hinter der neuen Wohnbebauung auf dem Grundstück Nr. 56 ein Kleinod klassizistischer Baukunst, das an den Ort als Sommerparadies wohlhabender Berliner Familien am Anfang des 19. Jahrhunderts erinnert. Der Bankier Wilhelm Brose hatte hier ab 1804 ein Grundstück zu einem schönen Garten entwickelt, an den heute der Brose-Park erinnert. Viele Freunde der Familie waren hier häufig zu Gast, so die Bildhauer Daniel Christian Rauch und August Kiß, der Maler Franz Krüger, der Gelehrte Peter Christian Wilhelm Beuth und ebenso der Baumeister Karl Friedrich Schinkel.

Es lag nahe, dass Brose seinen Freund Schinkel mit dem Entwurf für ein Gästehaus auf dem 1825 erworbenen Nachbargrundstück beauftragte. So entstand hier auf rechteckigem Grundriss das eingeschossige “Schweizerhaus”, dessen Längsachse in Ost-West-Richtung liegt. Die mittig in der südlichen Hausfront angeordnete Eingangstür flankieren beidseitig je zwei Fenster, hinter denen sich die beiden Haupträume befinden. Ursprünglich bestand die Dachdeckung aus Stroh. Diese wurde jedoch zeitgleich mit den Gaubeneinbauten durch eine Ziegeldeckung ersetzt. Der mit Ziegeln ausgemauerte Fachwerkbau ist mit Holzplanken horizontal verkleidet, so dass der rustikale Eindruck eines Blockhauses entsteht. Richtung Osten schmiegt sich über die gesamte Breite der Giebelfassade eine Veranda mit flachem Pultdach, das drei Ständer tragen. Selbst für die detailreiche und farbenfrohe Dekoration dieser offenen, leichten Sommerkonstruktion lieferte Schinkel die Entwurfszeichnung, deren Original erhalten ist.

Trotz der wechselvollen Geschichte des Anwesens verblieben an der Veranda aus dem bauzeitlichen Bestand zwei Ständer, vier Deckenfelder mit den dazugehörigen Sparren sowie die beiden tragenden Pfetten. Diese Teile überliefern unter den jüngeren Anstrichen die originale Farbigkeit aus der Entwurfszeichnung Schinkels. Für jedes Bauteil belegen Befunde die ursprüngliche Gestaltung und so gelang die restauratorische Wiederherstellung der Veranda entsprechend der originalen Dekorationsmalerei. Über einer das Original schützenden Zwischenschicht ist die Farbfassung Schinkels aus farbigen Linien und Flächen, Schablonenmalerei mit freier Licht- und Schattensetzung nun wieder zu erleben. Befundflächen präsentieren die authentische Oberfläche, die durch Alterung nachgedunkelt ist und Fehlstellen aufweist. Zudem ist hier an den Ständern und Sparren die Schwarzfärbung der ursprünglich in gebrochenem Weiß gestrichenen Spiegelfelder zu beobachten, die auf eine chemische Reaktion des verwendeten Bleipigments zurückgehen.

Mit der “Schinkel-Veranda” ist hier im Norden von Berlin ein repräsentatives “Kammerstück” klassizistischer Gestaltungskunst Karl Friedrich Schinkels, des Hauptmeisters klassizistischer Baukunst in Deutschland, wieder erfahrbar geworden. Zudem bietet sie dem Holländerhaus, ebenfalls ein Gästehaus der Familie Brose, einen besonderen Point de Vue. Es bleibt zu wünschen, dass das Gebäude den Menschen aus der Umgebung ans Herz wächst und eine markante Adresse in der Denkmallandschaft im Ortsteil Niederschönhausen von Berlin-Pankow wird.

Stand: 2009

Zeittafel

  • 1804

    Wilhelm Brose (1781-1870) erwirbt Haus und Grundstück der Berliner Bankiersfamilie Fetschow, heute Brose-Park

  • 1825

    Erweiterung des Anwesens um das benachbarten Grundstück, heute Dietzgenstraße 56, Errichtung des Gästehauses mit Veranda
    - Entwurf Karl Friedrich Schinkel (1781-1841), damals Geheimer Oberbaurat der Technischen Oberbau-Deputation -
    Das Schweizerhaus, später auch Gelehrtenheim genannt, wird ein beliebter Aufenthaltsort für Beuth (1781-1853), damals Geheimer Oberfinanzrat der Abteilung Handel, Gewerbe und Bauwesen im Preußischen Finanzministerium, und seine Schwester. Folgend mehrere Umbauten

  • seit 1978

    Baudenkmal und mit dem Holländerhaus als Gesamtanlage eingetragen

  • bis 1993

    bewohnt, nachfolgend Vernachlässigung und Brand

  • seit 1998

    im Besitz von Christian Brauch

  • seit 1999

    mehrere restauratorische und bauforscherische Untersuchungen im Auftrag des Landesdenkmalamts Berlin

  • 2008/2009

    Restauratorische Arbeiten durch die Firma Restaurierung am Oberbaum (Projektleitung: Uwe de Maizière, Ausführung: Michael König); Leitung der restauratorischen Wiederherstellung der Veranda: Diplom-Restauratorin Brigitta Hofer, Architekt Wolfgang Thaeter

Faltblatt-Impressum

  • Herausgeber: Landesdenkmalamt Berlin
  • Abbildungen:
    Titel und Gesamtaufnahmen Haus und Veranda – Brigitta Hofer
    Details – Michael König, Restaurierung am Oberbaum
    Originalzeichnung von K. F. Schinkel – Kupferstichkabinett der SMB/SPK
    Architekturzeichnung – Wolfgang Thaeter, STP Architekten
  • Text: Brigitta Hofer
  • Idee / Redaktion: Sibylle Schulz, Landesdenkmalamt Berlin
  • Herstellung / Gestaltung: pro.fund gmbh / © Jo Hartmann
  • Aus der Reihe: Erkennen und Erhalten in Berlin 2009, Nr. 25
    Initiative Landesdenkmalamt Berlin