Kunst in St. Marien – Schutzmantelmadonna

Kunst in St. Marien – Schutzmantelmadonna

Kunst in St. Marien – Schutzmantelmadonna

  • Kircheninnenraum, Blick nach Westen auf die Orgel

    Kircheninnenraum, Blick nach Westen auf die Orgel

  • Blick auf die Kirche von Ost nach West

    Blick auf die Kirche von Ost nach West

  • Bildausschnitt rechte Gruppe mit Schriftband

    Bildausschnitt rechte Gruppe mit Schriftband

  • Bildausschnitt blutende Schlange

    Bildausschnitt blutende Schlange

  • Bildausschnitte während der Konservierung - Papst

    Bildausschnitte während der Konservierung - Papst

  • Bildausschnitte während der Konservierung - linke Gruppe

    Bildausschnitte während der Konservierung - linke Gruppe

  • Bildausschnitte während der Konservierung - rechte Gruppe

    Bildausschnitte während der Konservierung - rechte Gruppe

  • Ausschnitt - Bildmitte

    Ausschnitt - Bildmitte

  • Standort Schutzmantelmadonna

    Standort Schutzmantelmadonna

Verborgen vor den Augen der Öffentlichkeit hat sich hinter der Orgel auf der Westempore eine mittelalterliche Wandmalerei erhalten, die für die Region einmalig und von hoher künstlerischer Qualität ist.

Das monumentale Bild zeigt auf einer Fläche von ca. 4,40 × 7,00 m eine Schutzmantelmadonna. Maria trägt als Zeichen ihrer Macht Krone und Zepter, auf ihrer linken Hüfte hält sie den nackten Christusknaben. Unter dem weit ausgebreiteten Mantel der drei Meter hohen Muttergottes haben sich zahlreiche Gläubige unterschiedlichen Standes und Geschlechts versammelt. Im Vordergrund sind auf jeder Seite drei Figuren als Ganzfigur wiedergegeben. Unmittelbar neben Maria knien zwei bürgerlich gekleidete Männer, wahrscheinlich die Stifter. Daneben ist links der Papst mit der Papstkrone, der Tiara, und rechts der Kaiser mit seiner Krone zu sehen. An den Rändern gibt es je eine Gestalt in grauschwarzer Kutte. Vielleicht sind hier Vertreter der so genannten Grauen Mönche, des Franziskaner Ordens dargestellt, der für das damalige Berlin von großer Bedeutung war. Von allen anderen Personen sind nur die Gesichter und Teile der Oberkörper sichtbar.

Auf geniale Weise gelingt es dem Maler trotz starker Vereinfachung mit wenigen Strichen ganz verschiedene Charaktere in unterschiedlichen Gemütslagen zu gestalten. Es gibt Jüngere und Ältere und neben empfindsamer Verinnerlichung findet sich ebenso humorvolle Lebendigkeit. Dreißig Figuren werden von den Wellen des Mantelsaumes wie von einem Baldachin umfangen und gerahmt. Schutz suchend und demutsvoll bittend und betend schmiegen sie sich an die Muttergottes.

Das Motiv der Schutzmantelmadonna war im Mittelalter sehr beliebt. Im mittel- und norddeutschen Raum haben sich jedoch nur wenige derartige Wandmalereien erhalten.

Das Bild des Mantelschutzes ist der Grundgedanke dieses ikonografischen Typs, der bereits in der Antike seine Ausprägung fand. Das symbolhaft-sprichwörtliche “jemanden unter seinen Mantel, seine Fittiche nehmen” und ihm damit Schutz zu gewähren, ist noch heute allgemein geläufig.

Die Berliner Madonna steht auf einer blutenden Schlange, dem Sinnbild des Bösen, was den Ausdruck ihrer Macht weiter verstärkt. Formal wie inhaltlich wird der Gedanke des Schutzes durch das die ganze Gruppierung bogenförmig umlaufende Schriftband verstärkt. Es bildet, die Form des Schutzmantels aufgreifend, einen zusätzlichen Schild gegen die Unbilden der Welt. Der lateinische Text in gotischer Minuskel lautet in seiner Übersetzung: “Kommt her zu mir alle, die ihr nach mir verlangt und sättigt euch an meinen Früchten” (Sirach 24, 26).

In den beiden unteren Ecken des Bildes finden sich zwei Wappenschilde. Das linke zeigt zwei bislang nicht identifizierte gekreuzte Werkzeuge und das rechte zwei gekreuzte Pfeile. Sie dürften ein Verweis auf die Stifter des Wandbildes sein.

Ein anderes monumentales Wandbild – Der Berliner Totentanz – befindet sich in der Turmhalle der Marienkirche. Wie häufig bei mittelalterlichen Wandmalereien gibt es über die Erschaffung der beiden Bilder keine schriftlichen Nachrichten.

Ihre Entstehungszeit ist in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts anzunehmen. Die Gemälde weisen stilistisch wie maltechnisch erstaunliche Übereinstimmungen auf. Auch inhaltlich können sie im Zusammenhang stehen: Während der Kirchenbesucher mit der Mahnung an Tod und Weltgericht das Gebäude betritt, kann er mit dem Blick auf die beschützende Muttergottes gestärkt und getröstet den Ort Gottes verlassen.

Der Berliner Totentanz konnte in den letzten Jahren aufwendig „rerestauriert“ und im November 2022 in der architektonisch neu konzipierten Turmhalle wiedereröffnet werden. Die Schutzmantelmadonna war 1893 wiederentdeckt worden. Im Gegensatz zum Totentanz ist die Madonna zwar fragmentarisch, jedoch ohne Übermalungen oder Restaurierungen überliefert.
Geschützt hinter der Orgel konnte dieses einzigartige mittelalterliche Kunstwerk in seiner Authentizität die Zeiten überdauern.

Spendenaufruf

Für die weitergehende dringende Restaurierung des Kircheninnenraums und seiner Kunstwerke appellieren wir an Ihr bürgerschaftliches Engagement.

Spenden bitte an:
Ev. KK Berlin-Stadtmitte, BLZ 21060237, Konto 102741280, Evangelische Darlehnsgenossenschaft e.G., Verwendungszweck: Schutzmantelmadonna

Das Wandbild der Schutzmantelmadonna kann in der Regel ohne Anmeldung sonntags 12 Uhr zur Orgelführung und donnerstags 13:30 Uhr zur Orgelmusik besichtigt werden. Anmeldungen zur Kirchenführung unter: 030 242 44 67 Weitere Informationen unter:

Zeittafel

  • 2. Hälfte 15. Jh.

    Entstehung des Wandbildes mit der Schutzmantelmadonna im Bogenfeld an der Westwand des Mittelschiffs

  • 1539

    Einführung der Reformation in Berlin, danach Übertünchen der Wandmalerei

  • 1577/78

    Orgelneubau auf der Westempore

  • 17. Jh.

    Bemalung des Bogenfeldes mit musizierenden Engelsköpfen

  • 1720/42

    Orgelneubau (Orgelwerk von Joachim Wagner)

  • 1889/96

    Umfassende Kirchensanierung (Stadtbaurat Hermann Blankenstein)

  • 1893

    Entdeckung der Wandmalerei, weitgehende Freilegung

  • 2000/01

    Restauratorische Untersuchung und Konservierung der Schutzmantelmadonna, Rekonstruktion der mittelalterlichen Farbfassung an der rahmenden Bogenarchitektur (Restaurierung am Oberbaum)
    Kunsthistorische Erfassung und Bewertung (Birgit Neumann-Dietzsch)

Faltblatt-Impressum

  • Herausgeber: Ev. Kirchengemeinde St. Petri – St. Marien
  • Abbildungen:
    Titelbild – Landesdenkmalamt Berlin, Wolfgang Bittner (2)
    Details – hinten Mitte: © Restaurierung am Oberbaum (1), Andere: © Birgit Neumann-Dietzsch
    Kirchenansichten – © M. Marx und M. Kirchner
  • Text: Birgit Neumann-Dietzsch
  • Idee / Redaktion: Sibylle Schulz, Landesdenkmalamt Berlin
  • Herstellung / Gestaltung: © Divergenz GmbH / Jo Hartmann
  • Aus der Reihe: Erkennen und Erhalten in Berlin 2006, Nr. 13
    Initiative Landesdenkmalamt Berlin