Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche mit Turmruine und modernem Turm zählt zu den international prominentesten Wahrzeichen Berlins. Anstelle der im Krieg 1943 zerstörten Kirche und unter Einbeziehung des beschädigten Kirchturms entstand hier 1961, im neuen Zentrum von West-Berlin, die unverwechselbare städtebauliche Dominante als Mahnmal gegen den Krieg und als Symbol des Wiederaufbaus.
Der ehemalige Auguste Victoria Platz mit der alten Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche gehörte um 1900 zum zweiten Berliner Zentrum neben dem historischen mittelalterlichen Zentrum in Berlins Mitte. Die Kirche, die von dem renommierten Architekten Franz Heinrich Schwechten (1841-1924) erbaut wurde, war einer der wichtigsten neoromanischen Kirchenbauten in Deutschland. Ihre Erbauung verdankt sie wichtigen zeitgeschichtlichen Strömungen und Geisteshaltungen. Sie wurde 1891-1895 auf Betreiben des Evangelischen Kirchenbauvereins und Kaiser Wilhelm II. errichtet. Der Kirchenbauverein war 1890 eigens zur Behebung der für Berlin konstatierten “Kirchennot” und “Unkirchlichkeit” gegründet worden. Seine Gründer erhofften sich, durch eine Fülle von Kirchenbauten den zunehmenden Einfluss der als anarchistisch und glaubenslos erachteten Sozialdemokraten entscheidend eindämmen zu können. Kaiser Wilhelm II. wollte mit dem Bau hingegen seinem von ihm sehr verehrten
Großvater Wilhelm I. ein Denkmal setzen, weshalb er zum bis dahin teuersten protestantischen Kirchenbau geriet. In der Wahl des Stils waren sich Kaiserhaus und Kirchenbauverein bald einig. Die Denkmalkirche sollte im sogenannten germanischen Stil (nach heutigem Verständnis ist damit die Neoromanik gemeint) errichtet werden, da dieser Stil der ruhmreichen Hohenstaufenzeit entspringe und daher in bester Weise geeignet sei, das Kaiserhaus zu glorifizieren.
Im zweiten Weltkrieg wurden das einstige Geschäfts- und Vergnügungsviertel rund um den ehemaligen Auguste Victoria Platz sowie bis auf den Hauptturm und Teile der Westfront auch die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche weitgehend zerstört. Nach dem Krieg erhielt der heutige Breitscheidplatz seinen Namen nach Rudolf Breitscheid (1874-1944/gestorben im KZ Buchenwald), einem der führenden Köpfe der Sozialdemokratie in der Weimarer Republik. Der Platz wurde auf der Grundlage einer einheitlichen Planungskonzeption des Hauptamtes für Stadtplanung im Berliner Magistrat durch die gelungene Synthese von Alt- und Neubauten als symbolisches und faktisches Zentrum von West-Berlin wieder aufgebaut.
Die lang anhaltende Auseinandersetzung um Erhaltung oder Neubau der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche endete 1956 mit der Ausschreibung eines beschränkten Wettbewerbs von neun Teilnehmern. Der Kirchbau verdankt seine heutige Gestalt dem Ergebnis einer kontroversen politischen Auseinandersetzung zwischen Sozial- und Christdemokraten. Zusammen mit dem Kuratorium der Stiftung Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche, der Kirchengemeinde und dem Bistum Berlin wurde zunächst Werner March, der Architekt des Berliner Olympiastadions, mit dem Wiederaufbau in Anlehnung an das historische Vorbild beauftragt. Nach Bildung des neuen (West-)Berliner Senats ab 1955 mit Otto Suhr (SPD) als neuen Regierenden Bürgermeister, wurden die von March bereits veranlassten Bauarbeiten zum Wiederaufbau gestoppt und ein Architekturwettbewerbsverfahren unter progressiven Architekten eingeleitet, aus dem drei Preisträger hervorgingen, die in einer Zweiten Wettbewerbsstufe 1957 ihre Entwürfe vertiefen
sollten. Prof. Egon Eiermann (1904-1970), einer der bekanntesten deutschen Architekten seiner Zeit, gewann den Wettbewerb.
Er überarbeitete seinen Entwurf 1957/58 und bezog auf Drängen der Öffentlichkeit die Turmruine als Wahrzeichen und als Mahnmal in seine Komposition mit ein. So entstand 1959-1963 auf einer langgestreckten, rechteckigen Plattform die neue Kirche, die aus dem achteckigen Kirchenbau mit der nach Westen vorgelagerten Sakristei, dem Glockenturm und der Kapelle besteht. Die Anlage gehört zu den künstlerisch bedeutendsten Sakralbauten aus der Zeit nach 1945 in Deutschland und bildet mit ihrer gegliederten Baugruppe das Zentrum des Breitscheidplatzes vor den ruhigen Wänden der städtebaulichen Randbebauung.
Der als Ruine gesicherte alte Turm beherbergt eine Gedenkhalle. Für seine bauliche Hülle besteht seit längerer Zeit dringender Sanierungsbedarf. Ruinendenkmale wie dieses stellen eine besondere konservatorische Herausforderung dar, da das fragmentierte Mauerwerk umfassend Witterungseinflüssen und Verkehrserschütterungen ungeschützt ausgeliefert ist. Die Zerstörung als historisches Dokument und heutige technische wie statische Anforderungen sind miteinander zu vereinbaren. Nach aktuellen Schätzungen werden mindestens 4,2 Millionen Euro für die Turmsanierung benötigt.
Spendenaufruf
In der Verantwortung für die Erhaltung der alten Turmruine bitten die Evangelische Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirchengemeinde und die Stiftung der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche um Ihre Unterstützung.
Spenden bitte an:
Stiftung der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche,
Konto-Nr. 22222, BLZ 100 200 00, Berliner Bank
Stand: 2008