Nicht weit vom Landwehrkanal entfernt, entstand 1898 bis 1901 nach Plänen von Stadtbaurat Ludwig Hoffmann die “Volksbadeanstalt” in der Baerwaldstraße, die heute zu den markantesten und populärsten Baudenkmalen im Stadtteil Kreuzberg zählt. Die wachsende Stadt und die Industrialisierung im 19. Jahrhundert machten es notwendig, öffentliche Bäder zu errichten. Dabei stand einerseits das Anliegen im Vordergrund, die Hygiene in den ärmeren Wohnvierteln der Stadt zu verbessern, da Bäder in den Wohnungen noch nicht üblich waren, und andererseits das Schwimmen als Schul- und Vereinssport zu entwickeln. Neben der Schwimmhalle mit einem großen Wasserbecken gab es abgetrennte Bereiche mit Wannen- und Brausebädern. Darüber hinaus entsprachen die Bauten den Bedürfnissen der Bevölkerung nach Freizeitvergnügen.
Die neue Bauaufgabe blieb bis in die Nachkriegszeit hinein ein besonderes Anliegen der Stadt Berlin, die die Stadtbäder in den verschiedenen Stadtbezirken betrieb. Zu den ältesten erhaltenen und denkmalgeschützten Volksbädern zählen das Stadtbad Charlottenburg in der Krummen Straße, von Paul Bratring, sowie die Bäder in der Oderberger Straße im Bezirk Prenzlauer Berg und in der Baerwaldstraße, die von Ludwig Hoffmann stammen, der wie wenige Architekten die Stadt mit seinen öffentlichen Gebäuden noch heute prägt. Für das Kreuzberger Bad orientierte er sich, abweichend vom ursprünglichen Entwurf seines Amtsvorgängers Hermann Blankenstein, an italienischen Renaissance-Palästen. Der Sockelbereich der Fassade ist mit großen Sandsteinquadern verkleidet. Die Stockwerkshöhen und die Größe der Fenster variieren, so wird die Fassade gegliedert und es lassen sich unterschiedliche Funktionen in den dahinter liegenden Bauteilen und Räumen erkennen. Der Monumentalbau setzt
sich von den Wohngebäuden der Umgebung ab. Das imposante Eingangsportal mit der Bärenplastik ist von Otto Lessing gestaltet worden.
Hinter dem Eingangsfoyer befindet sich die “bauhohe” Schwimmhalle mit dem Wasserbecken, das an den beiden Langseiten Umkleidekabinen flankieren. Sie wurden mit Holzornamenten von Ernst Westphal geschmückt. Auf einer Galerie im Obergeschoss befinden sich weitere Umkleidemöglichkeiten. Die Brauseabteilung für die Männer befand sich im Erdgeschoss, die für die Frauen im Obergeschoss. Der Zugang erfolgte über getrennte Treppenhäuser, die zu kleinen Wartesälen führten, von denen aus man in die Wannenabteilungen für Männer und Frauen gelangte. Insgesamt gab es 64 Wannen- und 68 Brausebäder.
Direkt neben dem alten Bad wurde im ersten Weltkrieg eine zweite, größere Schwimmhalle vom selben Architekten erbaut. Nun war es möglich, zur gleichen Zeit Herren- und Damen-Schwimmen anzubieten. Eine Besonderheit war zudem die Einrichtung einer Kur- und Heilabteilung. Die äußere Gestaltung des Gebäudes passt sich an die Architektur des Altbaus an, wurde jedoch einfacher gehalten. Während des zweiten Weltkrieges wurde die jüngere, größere Schwimmhalle durch Luftangriffe zerstört. Während man die Außenfassade im ursprünglichen Stil wieder errichtete, wurde die gesamte Innenarchitektur und damit auch die Schwimmhalle modern im 1950er Jahre-Stil gebaut. Die alte Halle von 1901 blieb hingegen unversehrt und ist bis heute entsprechend erhalten.
Die kontinuierliche Modernisierung der Altbauwohnungen und der Einbau von Bädern in den vergangenen Jahrzehnten machten die öffentlichen Wannen- und Brausebäder weitgehend überflüssig. In den 1990er Jahren mussten einzelne Abteilungen des Bades geschlossen werden. Im Jahre 2000 stand die endgültige Schließung durch die Berliner Bäderbetriebe an. Dank der Initiative des Kreuzberger Sportvereins TSB e.V. konnte das Bad vor der endgültigen Schließung bewahrt und 2002 erneut öffentlich zugänglich gemacht werden. Damit dienen heute beide Hallen wieder dem Schul- und Vereinsschwimmen sowie dem öffentlichen Publikumsverkehr.
Seit 2007 engagiert sich die Zukunftsbau GmbH mit dem Projekt XENOBau im Gebäude. Unterstützt durch das Bundesprogramm “XENOS – Beschäftigung, Bildung und Teilhabe vor Ort”, das Jobcenter und das Bezirksamt wird im Projekt die denkmalgerechte Sanierung mit der interkulturellen und beruflichen Bildung für junge Erwachsene verbunden. Im Rahmen des Projektes findet die Renovierung der beiden Treppenhäuser, der Umkleidekabinen in der alten Halle sowie der Nachbau von Türen nach historischen Vorlagen statt.
Stand: 2008