Das Staatsratsgebäude wurde 1962-64 als erstes Repräsentationsgebäude der DDR nach dem Mauerbau errichtet. Unter Beibehaltung eines Vorentwurfes für die Fassade von Josef Kaiser (1910-1991) entwickelte der Architekt Roland Korn (geb. 1930) die Planung.
Herausragendes Merkmal des Gebäudes ist das in die Fassade eingefügte Portal IV (1706 von J.F. Eosander von Göthe) des 1950 gesprengten Berliner Stadtschlosses. Dieses wurde in die Front des Neubaus eingefügt, weil von seinem Balkon aus Karl Liebknecht am 9. November 1918 die Sozialistische Republik ausgerufen hatte.
Der mit Sandstein und rotem Granit verkleidete dreigeschossige Stahlskelettbau ist in seinen Proportionen und seiner inneren Aufteilung ganz auf das ehemalige Schlossportal ausgerichtet. Die Übernahme der Proportionen und der Geschosshöhen des Schlossrisalits am Außenbau bewirkte, dass auch das Gebäudeinnere Schlossdimensionen erhielt. Ein großzügiges Treppenhaus, weitläufige Foyers, große Säle und saalartige Funktionsräume bestimmen den Raumeindruck.
Verantwortlich für die Innengestaltung war Hans-Erich Bogatzky und Bruno Hess. Bemerkenswert ist hierbei die differenzierte Materialwahl für die einzelnen Räume und die Aufmerksamkeit, die auch Details geschenkt wurde. So ist jedem Büroraum eine eigene Furnierart zugewiesen, die dann von den Einbauschränken bis zu den Fußleisten konsequent durchgehalten wurde.
Die Deutschen Werkstätten Hellerau und der VEB Edelholzbau Berlin führten nicht nur die Inneneinrichtung aus, sondern entwarfen auch Möbel für den Staatsrat. Für wichtige Räume haben Künstler auf die Funktion abgestimmte Werke geschaffen. Beispiele hierfür sind das Glasbild in der großen Treppenhalle von Walter Womacka, “Darstellungen aus der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung”, eine geätzte Stahlwand von Fritz Kühn im Sitzungssaal des Staatsrates sowie ein Wandfries, “Das Leben in der DDR” aus Meißener Porzellan im Bankettsaal von Günther Brendel. Von Fritz Kühn stammen auch die Entwürfe für die Metallarbeiten an den Türen zum Diplomatensaal, sowie die Heizkörperverkleidungen und Geländer in der Treppenhalle.
Nach der Wende diente das ehemalige Staatsratsgebäude seit 1996 als Sitz des Umzugsbeauftragten der Bundesregierung, von 1999 bis 2001 als provisorischer Sitz der Bundesregierung sowie davor und danach als Gebäude für Veranstaltungen, Ausstellungen und Kongresse.
Im Jahre 2004 übernahm die European School of Management (ESMT) das Gebäude. Nach einer umfassenden Instandsetzung und Modernisierung wurde die ESMT im Januar 2006 eröffnet.
Im Rahmen der Einpassungsplanung mussten einerseits die Anforderungen der Denkmalpflege und der Nutzer abgeglichen sowie bauordnungsrechtliche und sicherheitstechnische Belange berücksichtigt werden. Wesentlichster baulicher Eingriff ist der Einbau eines notwendigen Sicherheitstreppenhauses.
Der Konflikt zwischen Nutzer- und Erhaltungsinteresse lag vor allem in den großzügigen Raumzuschnitten einerseits und dem Wunsch des Nutzers nach vielen kleinen Arbeits- und Seminarräumen. Im Ergebnis konzentrierte sich die Denkmalpflege auf die denkmalgerechte Erhaltung der großen Foyers sowie der Repräsentationsräume, die in ihrer Gestaltung und bis auf eine Ausnahme auch in ihrer Größe erhalten wurden. Lediglich der Festsaal im 2. OG wurde durch eine reversible, transparente Zwischenwand in zwei Vorlesungssäle geteilt. Um die Anzahl der erforderlichen kleinen Arbeitsräume sicherzustellen, wurden die Bereiche der Funktions- und Arbeitsräume sowie der kleineren Sitzungssäle den Nutzeranforderungen angepasst und im 1. OG an der Hoffassade teilweise eine zusätzliche Raumebene eingezogen.
Mit der Erhaltung und sehr behutsamen Restaurierung und Instandsetzung der Repräsentationsräume sowie der zurückhaltend modernen Gestaltung der Umbauten ist das Staatsratsgebäude ein gelungenes Beispiel für die Erhaltung und Weiternutzung eines bedeutenden Bauwerks der Nachkriegszeit und der Moderne der DDR.
Stand: 2007