Das Restaurant Moskau

Das Restaurant Moskau

Das Restaurant Moskau

  • Karl-Marx-Allee, 1963

    Karl-Marx-Allee, 1963

  • Schillingstraße, 1964

    Schillingstraße, 1964

  • Innenhof, 2009

    Innenhof, 2009

  • Porzellanrelief "Moskau", 2009

    Porzellanrelief "Moskau", 2009

  • Mosaik 'Aus dem Leben der Völker der Sowjetunion', 2010

    Mosaik 'Aus dem Leben der Völker der Sowjetunion', 2010

  • Großer Saal Obergeschoss, 2009

    Großer Saal Obergeschoss, 2009

Das Restaurant Moskau ist Bestandteil des in den Jahren 1959-65 zwischen Alexanderplatz und Strausberger Platz entstandenen zweiten Bauabschnittes der Karl-Marx-Allee (ehemalige Stalinallee). Im Gegensatz zu dem noch in traditioneller Bauweise errichteten ersten Bauabschnitt, zwischen Strausberger Platz und Frankfurter Tor, wurde der zweite Bauabschnitt, als erstes Wohngebiet Berlins, vollständig in industrieller Bauweise ausgeführt und markiert damit den Übergang von der Gestaltung der nationalen Tradition zur industrialisierten und typisierten Bauweise.

Entlang der Magistrale wurden unter der künstlerischen Gesamtleitung des Architekten Josef Kaiser 2-geschossige Pavillonbauten für übergeordnete Handelseinrichtungen und am Kreuzungspunkt mit der Schillingstraße ein Gebäudeensemble errichtet, das aus dem Restaurant Moskau, dem Kosmetiksalon Babette, der Mokka-Milch-Eisbar, einem Pavillon mit U-Bahnzugang, Blumenhaus ‘Interflor’ und Modesalon ‘Madeleine’, dem Kino International und dem inzwischen durch einen Neubau ersetzten Hotel Berolina bestand.

Das Restaurant Moskau, das zwischen 1960 und 1964 nach Entwurf des Architekten Josef Kaiser errichtet wurde, bot als Nationalitätenrestaurant landestypische Spezialitäten der Sowjetunion an. Es beinhaltete ein Restaurant, ein Weinrestaurant, einen Laden für sowjetische Volkskunst, ein Konzert- und Tanzcafé, Mocca- und Teestuben sowie Räume für geschlossene Gesellschaften. Die Nachtbar im Untergeschoss rundete das gastronomische Angebot ab.

Der zweigeschossige Atriumsbau, mit dem leicht auskragenden, raumhoch verglasten Obergeschoss, ist geprägt durch Offenheit, Transparenz, Ornamentlosigkeit und die Durchdringung von Innen und Außen. Das durchlaufende Fensterband wird lediglich an der Ecke am Haupteingang durch eine offene, ‘schwebende’ Gitterstruktur aus Stahlbeton unterbrochen. Der dahinter liegende, in die Gebäudekubatur eingeschnittene kleine Vorplatz vor dem Haupteingang wird durch ein 9 × 15 m großes Wandmosaik mit dem Titel ‘Aus dem Leben der Völker der Sowjetunion’ bestimmt, dessen Entwurf von Bert Heller stammt. Ausgeführt wurde das Mosaik durch Heinrich Jungbloedt. Ein Sputnik-Satellit kündet auf dem Mosaik wie auch als 1:1 Modell auf einer Stele über der Ecke die Botschaft vom technischen Fortschritt der Sowjetunion. Schöpfer des kugelförmigen Kunstobjektes im Innenhof war Fritz Kühn.

Die bandartige Leuchtschrift in Einzelbuchstaben nach Entwurf des Grafikers Klaus Wittkugel, die auch auf den Dächern der anderen Pavillonbauten und dem Kino International angebracht waren, unterstützen die Ensemblewirkung der Straße.
Anfang der 80er Jahre wurde das Gebäude innenräumlich vollständig umgestaltet und der Küchenbereich erweitert. Die als zu kühl und nüchtern empfundene Gestaltung der Innenräume wurde zugunsten dunklerer, warmtoniger Farben und einer geschlosseneren Raumwirkung zurückgedrängt. Nach der Wende diente das Gebäude als Veranstaltungs- und Ausstellungsgebäude.

2008/09 wurde das Gebäude im Auftrag des neuen Eigentümers und Bauherrn, der Nicolas Berggruen Holdings, durch die HSH Architekten, Hoyer, Schindele, Hirschmüller, zu einem Konferenz- und Veranstaltungsgebäude umgebaut. In Abstimmung mit dem Landesdenkmalamt wurde der bauzeitliche, transparente und offene Charakter des Gebäudes sowie der zwischenzeitlich veränderte Grundriss wieder hergestellt, durch Anstriche und Verkleidungen verdeckte ursprüngliche Oberflächen wieder freigelegt, die veränderten Decken in Anlehnung an die bauzeitliche Gestaltung erneuert und das Mosaik restauriert.
Die Konstruktion der großflächigen Fenster wurde erhalten und durch den Einbau von Wärmeschutzgläsern technisch aufgerüstet.
Das im oberen Foyer erhaltene Porzellanrelief ‘Moskau’, die Keramikbilder im Bereich des ehemaligen grusinischen Zimmers und die ins Erdgeschoss versetzte Wandverkleidung des Salons Tallin stammen aus dem Umbau der 80er Jahre. Aus funktionalen Gründen wurde an der Ostseite, im Bereich der ehemaligen Küche, ein neuer, zusätzlicher Zugang mit großzügigem Foyer, Treppen und Aufzug geschaffen. Dadurch wurden alle Geschosse – auch das Kellergeschoss mit Tanzcafé – sichtbar und behindertengerecht verbunden.
Zur Karl-Marx-Allee präsentiert sich der neue Eingang als reflektierende dunkle Glaswand, die bei Veranstaltungen mit LED-Technik eine zeitgenössische Antwort auf die Bildsprache am Haupteingang gibt. Der 80er Jahre Anbau wurde als Veranstaltungsraum komplett entkernt und zum Rosengarten hin geöffnet. Durch die Komplettverglasung des Anbaus Richtung
Rosengarten und die Verspiegelung des neuen Haupteingangs zur Karl-Marx-Allee wird das Thema der Transparenz und Reflexion, ein Hauptmotiv der ursprünglichen architektonischen Konzeption, aufgegriffen und weitergeführt.

Das Restaurant Moskau dokumentiert in seiner der bauzeitlichen Gestaltung verpflichteten Instandsetzung die konsequent moderne Haltung der Architektur der frühen 60er Jahre in der DDR.

Stand: 2009

Faltblatt-Impressum

  • Herausgeber: Landesdenkmalamt Berlin
  • Abbildungen:
    Farbaufnahmen – Stefan Müller, HSH Architekten;
    Mosaik-Haupteingang (1) – Franziska Schmidt, Landesdenkmalamt Berlin
    Historische Aufnahmen – Deutsche Architektur 8/1963 und 7/1964
  • Text: Norbert Heuler, Landesdenkmalamt Berlin
  • Idee / Redaktion: Sibylle Schulz / Franziska Schmidt, Landesdenkmalamt Berlin
  • Herstellung / Gestaltung: pro.fund gmbh / © Jo Hartmann
  • Aus der Reihe: Erkennen und Erhalten in Berlin 2009, Nr. 29
    Initiative Landesdenkmalamt Berlin