Anatomisches Theater

Anatomisches Theater

Anatomisches Theater

  • Ansicht um 1800 (historischer Stich)

    Ansicht um 1800 (historischer Stich)

  • Hörsaal, 2012

    Hörsaal, 2012

  • Hörsaal, 2012

    Hörsaal, 2012

  • Verformungsgerechtes Handaufmaß der Bohlenbinderkonstruktion

    Verformungsgerechtes Handaufmaß der Bohlenbinderkonstruktion

  • Blick in die Kuppel des Hörsaals, 2012

    Blick in die Kuppel des Hörsaals, 2012

  • Ansicht von Südwesten, 2012

    Ansicht von Südwesten, 2012

  • Bibliothek, 2012

    Bibliothek, 2012

  • Schemat. Darstellung der Bohlenbinderkuppel mit versch. Bauphasen

    Schemat. Darstellung der Bohlenbinderkuppel mit versch. Bauphasen

  • Kuppelkonstruktion mit eingebrachter Abfangkonstruktion, 2010

    Kuppelkonstruktion mit eingebrachter Abfangkonstruktion, 2010

Auf dem Gelände der Charité im Bezirk Mitte befindet sich mit dem Anatomischen Theater das älteste erhaltene akademische Lehrgebäude in Berlin. Im Zusammenhang mit der Einrichtung einer Königlichen Tierarzneischule auf dem Gelände des ehemaligen Reußschen Gartens ließ König Friedrich Wilhelm II. nach Entwurf des Architekten Carl Gotthard Langhans (1732-1808) das Anatomische Theater in den Jahren 1789/90 errichten. Das Bauwerk gilt als ein Meisterwerk des deutschen Frühklassizismus und neben dem Brandenburger Tor als bedeutendstes erhaltenes Bauwerk von Langhans in Berlin. An- und Umbauten in den Jahren 1874 und 1935 machen die Nutzung und Nutzungsänderungen innerhalb der Tierärztlichen Hochschule und der veterinärmedizinischen Forschung der Berliner Universität am Gebäude ablesbar. Jedoch orientieren sich die Anbauten in ihrer Gestaltung an der frühklassizistischen Formensprache des Langhansbaus und sind Ausdruck des Respekts vor der Leistung des Baumeisters. Seit 2013 wird das Gebäude vom Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik, einer interdisziplinären Forschungseinrichtung der Humboldt-Universität, für Ausstellungen und als öffentliche Vortrags- und Veranstaltungsstätte genutzt.

Langhans bezog bewusst den Standort in einem Garten in seinen Entwurf mit ein und schuf einen überkuppelten Zentralbau nach dem Vorbild von Palladios Villa Rotonda, die sich nach allen vier Seiten in die gestaltete Landschaft öffnet. Das streng gegliederte zweigeschossige Gebäude ist auf quadratischem Grundriss achsensymmetrisch angelegt. Ein übergiebelter Portalbau mit eingestellten toskanischen Säulen markiert den Haupteingang. Das Zentrum bildet der kreisrunde Hörsaal, dessen oberer Abschluss als Kuppel ausgebildet ist. Die Kuppel erhielt ihre Ausmalung mit illusionistischer Kassettierung und antikisierenden Darstellungen der Tierhaltung durch den Maler Bernhard Rode (1725-1797). Ursprünglich in Freskotechnik ausgeführt, wurde die Ausmalung bei Sanierungsarbeiten im Jahr 1970 fast vollständig in Leimfarbe erneuert. Ein Fragment des ursprünglichen Freskos, das bei den jüngsten Restaurierungsarbeiten freigelegt und gesichert werden konnte, vermittelt einen Eindruck von der ursprünglichen Farbigkeit der Kuppel und der Qualität der bauzeitlichen Ausmalung. Das Gestühl des runden Hauptraums, die Haupttreppe des Foyers und die Bibliothek gehören zur originalen Ausstattung.

Für den Bau der Kuppel verwendete der Architekt eine der ersten in Deutschland ausgeführten Bohlenbinderkonstruktionen. Diese relativ leicht zu bauende und äußerst sparsame Konstruktion wird aus mehreren Lagen übereinander versetzter, kurzer Brettbohlen gebildet, die große Spannweiten ermöglichen. Mehrfach publiziert fand diese äußerst ökonomische Holzbauweise schnell Anklang.

In den Jahren 2005 bis 2012 erfolgte die denkmalgerechte Sanierung des Langhansbaus auf Grundlage eines umfassenden Restaurierungs- und Instandsetzungskonzeptes. Dabei galt es, die Anforderungen der Denkmalpflege auch mit zeitgemäßen Nutzungsbedingungen, wie z.B. einer barrierefreien Erschließung, in Einklang zu bringen. Um die Qualität der ursprünglichen, in Kalk gebundenen Farbfassung des Gebäudes zurückzugewinnen, wurde der zementhaltige Fassadenputz aus der Nachkriegszeit durch einen reinen Kalkputz vollständig ersetzt. Besondere Herausforderungen waren die Erhaltung und die behutsame Instandsetzung der weitgehend bauzeitlichen Bohlenbinderkonstruktion der Kuppel. Vorbereitende Untersuchungen an der historischen Holzkonstruktion ergaben eine Schwächung der Tragfähigkeit infolge eines Befalls mit Holzschädlingen und echtem Hausschwamm. Entgegen einer herkömmlichen Sanierungsmethode, die den Austausch der originalen Hölzer erfordert hätte, verständigten sich die Verantwortlichen auf eine vollständige Erhaltung der bedeutenden Originalkonstruktion. Auf Anregung des Landesdenkmalamtes wurde der Sanierungsprozess von einem Expertenteam begleitet, mit dem die Instandsetzungsmöglichkeiten erörtert und festgelegt wurden. Das Anatomische Theater ist nicht zuletzt wegen dieser seltenen, in ihren originalen Bestandteilen erhaltenen Bohlenbinderkonstruktion von herausragender Bedeutung für die Berliner Denkmallandschaft. Die modellhafte Sanierung und Restaurierung dieses national bedeutenden Baudenkmals wurde durch die verständnisvolle Förderung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der Hermann Reemtsma Stiftung und aus dem Programm Städtebaulicher Denkmalschutz ermöglicht.

Stand: 7/2015

Zeittafel

  • 1789/90

    Errichtung des Anatomischen Theaters durch Carl Gotthard Langhans

  • 1874

    Erweiterung des Gebäudes durch einen Anbau (Gerlachbau)

  • 1935

    Umbauten im Inneren und weitere Erweiterungen

  • 1944

    Schäden am Dach, westlichem Risalit und dem Kuppelsaal mit anschließenden Räumen durch Bombentreffer

  • ab 1945

    Behebung der Kriegsschäden und Restaurierungsarbeiten an der Kuppelausmalung

  • 1970

    Neufassung der Kuppelausmahlung in Leimfarbe

  • 2005-2012

    Denkmalgerechte Sanierung des Langhansbaus, Nutzung als Ausstellungs- und Veranstaltungsort durch das Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik (Humboldt-Universität)

  • ab 2014

    Sanierung der Erweiterungsbauten

Faltblatt-Impressum

  • Herausgeber: Landesdenkmalamt Berlin
  • Abbildungen:
    Farbaufnahmen – Wolfgang Bittner, Landesdenkmalamt Berlin
    historischer Stich, Zeichnung, Bauphasenplan und Foto Kuppelkonstruktion – Archiv Landesdenkmalamt Berlin
    Zeichnungen – Architekturbüro Jan & Rolf Rave, Werkbericht
  • Text / Redaktion: Björn Schmidt, Landesdenkmalamt Berlin
  • Herstellung / Gestaltung: pro.fund gmbh / © Jo Hartmann
  • Aus der Reihe: Erkennen und Erhalten in Berlin 2016, Nr. 54