Nach dreijähriger Bauzeit wurden im Juni 2005 die Sicherungs- und Restaurierungsarbeiten an der Portalruine abgeschlossen und damit ein besonderes Denkmal wieder erlebbar. Der bauliche Überrest des ehemaligen Anhalter Bahnhofs erinnert nachhaltig an Krieg und Zerstörung, die politische Vergangenheit der geteilten Stadt Berlin sowie die stadt- und verkehrsplanerische Entwicklung der Nachkriegszeit.
Das auf mehreren Vorentwürfen fußende Projekt für den im Jahre 1880 in Betrieb genommenen Bahnhofsbau stammte von Franz Schwechten, dem Chefarchitekten der Berlin-Anhaltischen Eisenbahn-Aktiengesellschaft. Der weit über die Grenzen Berlins bekannte Repräsentationsbau galt als Höhepunkt der Berliner Backsteinarchitektur der Nach-Schinkelzeit sowie als Symbol der wirtschaftlichen Stärke und der politischen Interessen des industriellen Bürgertums. Die Bahnsteighalle hatte eine Ausdehnung von 60 × 177 m, hinzu kamen über 1.000 qm Empfangs- und Wartesäle.
Nach Kriegszerstörungen blieben bis heute der Portikus und Teile des Vestibülgiebels mit ihrer reichen bauplastischen Gliederung erhalten. Die Ziegelfassade besteht aus vielfach geformten Verblendsteinen und aufwändigem Terrakotaschmuck. Den Portikus schmücken florale Reliefs mit dem Gründungsjahr der Anhaltischen Bahn 1839 und dem Baujahr der Fassade 1879. Auf dem Dach des Portikus sind Fragmente der allegorischen Figuren “Berolina” und “Anhaltina” von Gustav Eberlein erhalten. Die kreisrunden Figurenreliefs “Architektur” (zerstört) und “Ingenieur-Wissenschaft” an den Eckrisaliten des Vestibüls schuf 1879 Otto Geyer. Den Vestibülgiebel bekrönen die Figuren “Tag” und “Nacht” des Bildhauers Ludwig Brunow.
Die langjährige Bewitterung der Ruine, Korrosion eiserner Verankerungen und Pflanzenbewuchs führten zu umfangreichen Beschädigungen. Die Folge waren Rissbildungen, verstärktes Eindringen von Feuchtigkeit in das Mauerwerk und herab fallende Steine. Weitere Zerstörungen waren nur durch eine grundlegende Sanierung zu verhindern. Dabei sollten die Schadensursachen soweit beseitigt werden, dass trotz der Erhaltung als Ruine ein baulich dauerhafter Zustand gesichert und durch respektvollen Umgang das Denkmal als Dokument herausragender handwerklicher Leistung des 19. Jahrhunderts überliefert wird. Größere Schäden und das Erscheinungsbild stark störende, frühere Reparaturen wurden durch den Austausch mit neu gebrannten Steinen entsprechend Erbauungszustand behoben und die Abbruchkanten mit einer Bleiabdeckung versehen. Die Wandmalereien über den Eingängen unter dem Portikus und die Fragmente der Sandsteinfiguren auf dem Dach sicherten Restauratoren. Um ehemalige
Innenraumgliederungen an der heutigen Ruinenrückwand zu verdeutlichen, wurden die zuvor konservierten Putz- und Stuckreste exemplarisch in Neuputzflächen eingebunden. Die maroden Innenkonstruktionen von “Tag” und “Nacht”, zwei der wenigen jemals in dieser Größe hergestellten Galvanoplastiken, ließen deren Wiederaufstellung nicht zu. Deshalb ersetzte man sie durch Nachgüsse aus Bronze. Die Originale befinden sich heute im Museum für Verkehr und Technik, Berlin.
Stand: 2005