Abspannwerk Scharnhorst

Abspannwerk Scharnhorst

Abspannwerk Scharnhorst

  • Westfassade während des Baus

    Westfassade während des Baus

  • Nordfassade 2006

    Nordfassade 2006

  • Ostfassade während des Baus 1928

    Ostfassade während des Baus 1928

  • Lageplan aktuell

    Lageplan aktuell

  • Ostfassade nach der Sanierung 2006

    Ostfassade nach der Sanierung 2006

  • Anpassung von Geschosebene, Fassade und Statik, Zwischenzustand

    Anpassung von Geschossebene, Fassade und Statik, Zwischenzustand

  • Grundriss

    Grundriss

  • Lichthof und Lichtwarte, Ausschnitt, nach Sanierung 2006

    Lichthof und Lichtwarte, Ausschnitt, nach Sanierung 2006

  • Anpassung von Geschossebene, Fassade und Statik, Endzustand

    Anpassung von Geschossebene, Fassade und Statik, Endzustand

Unter den ungewohnten Einblicken in Berliner Stadtquartiere, die nun von den neuen Bahntrassen nördlich des Hauptbahnhofes aus möglich wurden, fasziniert das Gelände südlich der Sellerstraße mit dem mächtigen, breit gelagerten Backsteingebäude des Abspannwerks Scharnhorst. Eine Lichtwarte bekrönt das Dach und das Logo markiert den Standort als Vertriebszentrum der Vattenfall Europe Berlin AG (früher BEWAG).

Das Werksgebäude wurde 1928 als Bestandteil des seit 1924 in Berlin gültigen Stromverteilungskonzeptes nach Plänen von Hans Heinrich Müller, dem damaligen Architekten der Berliner Städtische Elektrizitätswerke Aktiengesellschaft (BEWAG), errichtet. Die Verbesserung der Stromverteilung machte den Bau von Abspannwerken notwendig. Hier wurde der aus den Kraftwerken zugeleitete Strom von einer sehr hohen Spannung auf eine geringere Verteilungsspannung reduziert. Das denkmalgeschützte Abspannwerk Scharnhorst ist bezeichnend für Müllers Backsteinarchitektur, die im gesamten Stadtgebiet zu finden ist, und steht repräsentativ für die Bauten der Stromversorgung der 1920er Jahre in der Metropole Berlin. 1984 wurde das Werk abgeschaltet und 1992 stillgelegt. Ab 2002 bis 2006 erfolgte der Umbau zu einem Bürogebäude durch das Architekturbüro Kahlfeldt Architekten in Zusammenarbeit mit dem Büro AIC, Herr Funke.

Die zum Nordhafen ausgerichtete Westfassade ist durch einen gleichmäßigen Rhythmus dreieckiger vorspringender Mauerpfeiler gegliedert. Sie wirkt dadurch wie gefaltet. Auch die rückseitige Ostfassade gliederte Müller durch vor- und zurückspringende Wandflächen. Hier bilden die vorgesetzten (ehemaligen) Transformatorenkammern mit ihren Dächern und Schornsteinen hausartige Einheiten. Die kurze Nord- bzw. Südseite des Gebäudes ist durch äußerst flächig gehaltene Fassaden, ohne vor- oder zurückspringende Gliederungselemente, geschlossen. Hinter diesen Seitenfronten, die durch eine gleichmäßige Anordnung der Fenster durchbrochen sind, befanden sich die Abrechnungsbüros und Personalräume. Der größere Abstand der Fenster an den Gebäudeecken lässt die Position der Treppenhäuser erkennen. Im Grundriss gruppieren sich die einzelnen Schaltebenen um zwei schmale Lichthöfe. Diese dienten der Belüftung und der Entrauchung der technischen Anlagen. Hinter der Backsteinfassade verbirgt sich eine tragende Stahlskelettkonstruktion. Das Gebäude wird von einem mächtigen, auskragenden Kranzgesims gekrönt.

Im Rahmen des neuen Nutzungskonzeptes als Bürogebäude mit Vertriebszentrum und Call-Center bot die erforderliche Erhöhung von Geschossflächen eine besondere Herausforderung an die planenden Architekten. So war eine Veränderung der Geschossebenen an der Westfassade notwendig. Die ursprünglich erhaltenen hohen Fenster wurden durch eine Verkleidung verkleinert, um gleich große neue Fenster ergänzt und entsprechend den veränderten Geschossebenen angeordnet. Die neuen entsprechen in Material, Konstruktion und Gliederung den bauzeitlichen Fenstern. Das horizontale Band der kleinen Fenster im oberen Geschoss assoziiert ein abschließendes Gesimsgeschoss und wurde als denkmalbegründendes Gestaltungselement beibehalten. Die Treppenhäuser an den Gebäudeecken wurden erhalten und die Stufen den neuen Geschosshöhen angeglichen. Die historischen Deckenträger im Innern wurden in die neue Konstruktion eingebunden und die vorhandenen Stützen mit Stahlbeton ummantelt. Die auf dem Dach befindliche Lichtwarte wurde dem bauzeitlichen Zustand entsprechend wiederhergestellt.

Im Vorfeld der Baumaßnahmen wurden die für eine denkmalgerechte Instandsetzung notwendigen Bestandsuntersuchungen und Dokumentationen vorgenommen. Die Sanierung und Modernisierung des Gebäudes erfolgten unter größtmöglicher Bewahrung von historischer Substanz. Die funktionsbedingten, in den Außenfassaden wirksamen baulichen Veränderungen fügen sich in die Grundstruktur der ursprünglichen Gestaltung ein.

Heute befinden sich in dem Gebäude 650 zeitgenössische Arbeitsplätze in unterschiedlichen Raumkonfigurationen. Das Erdgeschoss beherbergt das öffentlich zugängliche Kundenzentrum mit einer Beratungs- und Kassenhalle. Eine dort befindliche Lichtdecke erinnert an die ursprünglich in dem Gebäude untergebrachte Schaltwarte. Die Lichthöfe sind um eine Achse verbreitert und mit hellen Spaltklinkern verblendet, um eine optimale Belüftung und Belichtung der Räume bis ins Erdgeschoss vornehmen zu können. Die ursprüngliche Grundrissdisposition aus parallel zur Fassade liegenden Erschließungsfluren und quer dazu angeordneten Funktionsräumen blieb mit dem Umbau erhalten. Zukünftig soll auf der zur Zeit als Kundenparkplatz genutzten Fläche ein Ergänzungsgebäude, ebenfalls zur Nutzung durch Vattenfall, errichtet werden.

Stand: 2006

Faltblatt-Impressum

  • Herausgeber: Vattenfall Europe Berlin AG
  • Abbildungen:
    Pläne – Kahlfeldt Architekten BDA
    Farbfotos – Stefan Müller
    Historisch – Archiv BEWAG
  • Text: Doreen Marke
  • Idee / Redaktion: Sibylle Schulz, Landesdenkmalamt Berlin
  • Herstellung / Gestaltung: Divergenz GmbH / © Jo Hartmann
  • Aus der Reihe: Erkennen und Erhalten in Berlin 2006, Nr. 12
    Initiative Landesdenkmalamt Berlin
  • Kahlfeldt Architekten BDA, Kurfürstendamm 58, 10707 Berlin
    www.kahlfeldt-architekten.de