Erbbegräbnis Familie Emil Rathenau

Erbbegräbnis Familie Emil Rathenau

Erbbegräbnis Familie Emil Rathenau

  • Büste Walther Rathenaus am Spreebogen; Abguss einer 1908 von Hermann Hahn gestalteten Büste, 2012

    Büste Walther Rathenaus am Spreebogen; Abguss einer 1908 von Hermann Hahn gestalteten Büste, 2012

  • Risalit im Hof der Grabanlage, Foto 2003

    Risalit im Hof der Grabanlage, Foto 2003

  • 3-D-Modell der Grabanlage, 2012

    3-D-Modell der Grabanlage, 2012

  • Rotbuche im Hof, Foto 2008

    Rotbuche im Hof, Foto 2008

  • Rissbildung im Mauerwerk, Foto 2008

    Rissbildung im Mauerwerk, Foto 2008

  • Teilansicht Portal mit Relief und rekonstruiertem Tor, Foto 2009

    Teilansicht Portal mit Relief und rekonstruiertem Tor, Foto 2009

  • Waldfriedhof Oberschöneweide, Ausschnitt der Denkmalkarte, 2012

    Waldfriedhof Oberschöneweide, Ausschnitt der Denkmalkarte, 2012

Auf dem Waldfriedhof Oberschöneweide im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick befindet sich das Erbbegräbnis der deutsch-jüdischen Familie Emil Rathenau, einer der bedeutendsten Berliner Unternehmerfamilien der Jahrhundertwende. Beigesetzt sind hier Emil Moritz Rathenau (1838-1915), seine Ehefrau Mathilde (1845-1926) und ihre Söhne Erich (1871-1903) und Walther (1867-1922).
Der Maschinenbauingenieur Emil Rathenau initiierte 1884 die Gründung der späteren “Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft”. Unter seiner Leitung entwickelte sich die AEG zu einem der größten Elektrokonzerne seiner Zeit. Nach dem Tod von Emil Rathenau im Jahr 1915 übernahm sein ältester Sohn Walther den Vorsitz im Aufsichtsrat des Unternehmens. Bekannt wurde er jedoch vor allem durch sein politisches Engagement, so war Walther Rathenau beispielsweise an der Gründung der Deutschen Demokratischen Partei im Jahr 1918 beteiligt und bekleidete ab 1922 das Amt des Reichsaußenministers. Er starb bei einem Attentat, das am 24. Juni 1922 durch Anhänger einer rechtsextremen Organisation auf ihn verübt wurde. Seine Grabstätte im Erbbegräbnis der Familie Emil Rathenau überstand die Zeit des Nationalsozialismus und steht bereits seit 1977 unter Denkmalschutz.
Sie wurde vom Land Berlin als Ehrengrab ausgezeichnet.

Die AEG erwarb im Zuge der so genannten industriellen Randwanderung im Jahr 1895 ein weitläufiges Areal am Ufer der Spree in Oberschöneweide. 1897 erfolgte die Inbetriebnahme des Kabelwerks Oberspree, dem als erster technischer Leiter Emil Rathenaus jüngster Sohn Erich vorstand. In der Nähe des Kabelwerkes und mit diesem durch die “Rathenaustraße” verbunden stiftete Emil Rathenau 1902 ein Waldgelände zur Einrichtung eines kommunalen Friedhofs. Für seine eigene Familie sah er auf dem konfessionslosen Friedhof eine Grabstätte vor. Rascher als geplant kam es zur Ausführung der Grabanlage, da Erich im Januar 1903 unerwartet an den Folgen eines Herzinfarkts verstarb. Seine Bestattung in der Gruft fand am 14. Februar 1903 statt. Bis spätestens 1904 war die gesamte Grabanlage fertig gestellt. Emil Rathenau wurde am 23. Juni 1915 hier beigesetzt, die Beerdigung seines Sohnes Walther erfolgte am 27. Juni 1922. Mathilde Rathenau fand im Jahr 1926 in dem Erbbegräbnis auf dem Waldfriedhof Oberschöneweide ihre letzte Ruhe.

Mit dem Entwurf der Grabanlage war der renommierte Berliner Architekt Alfred Messel (1853-1909) beauftragt worden. Der Bildhauer Hermann Hahn (1868-1945), welcher der Familie Rathenau persönlich verbunden war, fertigte den aufwändigen Bauschmuck. Gemeinsam schufen Messel und Hahn eine an die Formensprache der Antike angelehnte, freistehende Grabanlage, die als offener Hof auf rechteckigem Grundriss angelegt ist und von hohen, mit Muschelkalkquadern verkleideten Mauern umgeben wird. Von ihrem schmalen Eingangsportal führen drei Stufen zu der erhöhten Ebene des Innenraumes. Ein massiver Dreiecksgiebel überfängt das Portal und wird von den überlebensgroßen Skulpturen “Morgen” und “Abend” flankiert. Gegenüber dem Eingang befindet sich ein reliefgeschmückter Risalit, auf dem die Namen der beigesetzten Familienmitglieder festgehalten sind. Seit 1962 erinnert eine Gedenktafel an den gewaltsamen Tod Walther Rathenaus.

Auf der Grundlage eines umfassenden Gutachtens von 2008 wurde die denkmalgerechte Sanierung des Objektes initiiert. Feuchtigkeit war im Laufe der Jahre in die Zwischenräume des dreischaligen Mauerwerks eingedrungen und hatte zu Rissbildung geführt. Im südwestlichen Bereich der Anlage waren die Mauern zudem durch die Wurzeln einer Rotbuche angehoben worden, welche zur Erhaltung der Grabanlage gefällt werden musste. Drei Viertel der Anlage wurden nach einer sorgfältigen Kartierung abgetragen, restauriert und wieder aufgebaut. In der Gruft des Erbbegräbnisses, die fast vollständig unter Wasser stand, mussten umfangreiche Maßnahmen zur Trockenlegung und Sanierung durchgeführt werden. Auch die Rekonstruktion des bereits vor Jahrzehnten verschollenen Eingangstors war Bestandteil der Wiederherstellung des Erbbegräbnisses der Familie Emil Rathenau.

Stand: 2012

Faltblatt-Impressum

  • Herausgeber: Landesdenkmalamt Berlin
  • Abbildungen:
    Titel – Bauarchiv Treptow-Köpenick, Scan Nedelykov Moreira Architekten
    Vorderseite Mitte (1) – Jessica Hänsel, Landesdenkmalamt Berlin
    Vorderseite unten (2) – Wolfgang Bittner, Landesdenkmalamt Berlin
    Rückseite oben (3) – Nedelykov Moreira Architekten
    Rückseite Mitte (4) – Pedro Moreira, Nedelykov Moreira Architekten
  • Text: Jessica Hänsel, Landesdenkmalamt Berlin
    Redaktionsassistenz: Samir Dib
  • Idee / Redaktion: Sibylle Schulz / Jessica Hänsel, Antje Graumann, Landesdenkmalamt Berlin
  • Herstellung / Gestaltung: pro.fund gmbh / © Jo Hartmann
  • Aus der Reihe: Erkennen und Erhalten in Berlin 2012, Nr. 33
    Initiative Landesdenkmalamt Berlin

Die Restaurierung des Erbbegräbnisses Rathenau wurde durchgeführt von:
Bezirksamt Treptow-Köpenick, Abteilung Bauen, Stadtentwicklung und Umwelt, Grünflächenamt; Landesdenkmalamt Berlin; Planung und Bauleitung Nedelykov Moreira Architekten

und gefördert durch:
Hermann-Reemtsma Stiftung; Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages; Deutsche Stiftung Denkmalschutz; Auswärtiges Amt