In der Altstadt von Spandau stand im späten 12. Jahrhundert die Moritzkirche. Ihr ehemaliger Standort war zwar ungefähr bekannt, aber vom Gebäude selbst schien nichts erhalten zu sein. Es wurde 1920 abgetragen, um dringend benötigtem Wohnungsbau zu weichen. Wie der mittelalterliche Kirchenbau aussah, der bereits in napoleonischer Zeit in eine Kaserne umgewandelt wurde, ließ sich bisher nur anhand weniger historischer Bilder rekonstruieren.
Doch das änderte sich überraschend im Sommer 2023. Bei einer Neugestaltung des Hofes in der Jüdenstraße 11/13 kamen direkt unter dem alten Hofpflaster Mauerkronen zu Tage. Dank der Unterstützung durch das Bezirksamt Spandau konnten die alten Kirchenmauern und ein Teil des zugehörigen Friedhofs umfassend archäologisch untersucht werden. Beindruckend war dabei das noch knapp einen Meter hoch erhaltene Mauerwerk, welches mit den für das 13. Jahrhundert typischen Feldsteinquadern ausgeführt war und noch einen sauber gearbeiteten Sims zeigte. Unter einem Teil dieser Fundamente fanden sich bis zu vier Lagen der Bestattungen des Friedhofs, die zu einem Vorgängerbau des imposanten Steingebäudes gehört haben. Somit steht nun fest, dass an dieser Stelle eine der Gründungskirchen der Stadt Spandau aus dem späten 12. Jahrhundert stand.
Große Mengen an Formziegeln aus der Verfüllung der Sakristei zeigen die Ausstattung mit einem Kreuzrippengewölbe. Der rechteckige Chor war durch ein Chorportal abgetrennt. Bei seiner Freilegung wurden Umbauphasen im Kirchenschiff greifbar, die belegen, dass es sich ursprünglich nicht um einen kleinen Rechteckbau gehandelt hat, wie auf historischen Fotos erkennbar. Die Kirche war vielmehr als dreischiffiger Saalbau errichtet, der jedoch später durch Abriss der Seitenschiffe verkleinert wurde.
Die historische Bedeutung der Kirche für die frühe Stadtgeschichte Spandaus wird auch durch das in unserer Region seltene Mauritius-Patrozinium deutlich, das heißt die Kirche stand unter dem Schutz des Hl. Mauritius, dem Schutzheiligen des Heeres, der Infanterie, der Messer- und Waffenschmiede. Auch der herausragende Fund eines kunstvoll vergoldeten Bronzebeschlags mit der Darstellung eines Erzengels unterstreicht die Bedeutung der Moritzkirche, denn er gehörte ursprünglich zu einem romanischen Vortragekreuz, von denen deutschlandweit nur noch wenige erhalten sind.
Seit Juli 2024 sind nun die Reste der Moritzkirche wieder sorgsam verfüllt, um sie im Boden gegen Witterungseinflüsse zu schützen. Im Zuge der Hofgestaltung hat das Bezirksamt Spandau die Nachzeichnung des Grundrisses des letzten Kirchenbaus im neugestalteten Hofpflaster mit Cortenstahlbändern umgesetzt. Diese Markierung macht den Standort der Kirche am historischen Ort erlebbar.