Den Leitfaden, Stand September 2024, finden Sie zum Download im Abschnitt Auch im Denkmal ist Energie sparen möglich.
Denkmal und Klimaschutz
Leitfaden „Denkmale und Energieeffizienz“ erschienen
Bild: Landesdenkmalamt Berlin, Susanne Willen
Denkmalpflege als Baustein des Klimaschutzes
Kaum ein gesellschaftspolitisches Thema hat derzeit so viel Relevanz, auch im Bereich des Bauens, wie der Klimaschutz. Der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen und die Reduzierung von CO2 stützen sich unter anderem auf die nachhaltige Auswahl von Bauweisen und Materialien und auf intelligente Konzepte zur Energieversorgung eines Gebäudes. Die Denkmalpflege steht dabei mit ihren Grundsätzen des Erhaltens und Reparierens sowie der Verwendung traditioneller – oft lokal gewonnener – Baustoffe nicht nur für die Bewahrung und Authentizität des kulturellen Erbes. Sie liefert auch einen wichtigen Beitrag zur Ressourcenschonung, allein durch die Weiternutzung bestehender Gebäude.
Denkmalgeschützte Gebäude unter Berücksichtigung energetischer Aspekte zu sanieren ist meist mit erhöhten Anstrengungen verbunden, da hier die Gebote des Substanzerhalts, der Materialgerechtigkeit und der Bewahrung des Erscheinungsbildes den Rahmen vorgeben. Der Erhalt von Baudenkmalen ist jedoch integraler Bestandteil einer auf ökologischer, ökonomischer und soziokulturellen Nachhaltigkeit basierenden Stadtentwicklung.
Bild: Landesdenkmalamt Berlin, Karen Andreas
Denkmale im Klimawandel: Folgen und Gefahren für Bau- und Gartendenkmale
Das sich verändernde Klima führt in unseren städtischen und ländlichen Lebensräumen zu Umwelteinflüssen, die direkte Auswirkungen auf unsere Bau- und Gartendenkmale haben. Starkregen- oder Windvorkommnisse, Trockenperioden, Grundwasserabsenkungen usw. bedrohen das kulturelle Erbe in der Substanz. Besonders betroffen sind hierbei Gartendenkmale aber auch das Inventar von Kirchen, Pfahlgründungen oder historische Dachdeckungen und andere Bauteile erleiden substanzielle Verluste. Die Aufgabe der Denkmalpflege ist es, zu diesen Effekten Daten zu sammeln und auszuwerten und gemeinsam mit Bauherren und Planern nachhaltige, denkmalverträgliche Konzepte zu entwickeln, die auf solche potentielle Gefahren reagieren, damit Bau- und Gartendenkmale unter diesen Bedingungen für die Zukunft erhalten werden können. Dabei ist immer häufiger auf akute und stark zerstörerische Ereignisse zu reagieren. Monitoring, Simulationen aber auch die Erforschung von Klimaanpassungen, die bereits historisch an Gebäuden umgesetzt wurden, sind weitere Arbeitsbereiche, die aufgrund des Klimawandels auch unmittelbare Relevanz in der Denkmalpflege haben.
Weitere Informationen:
- Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg: Historische Gärten im Klimawandel
- Fraunhofer Zentrum IMW: Kulturerbe in Gefahr – Auswirkungen des Klimawandels, Chancen der Digitalisierung
- Europa Nostra: European Cultural Heritage Green Paper
- Europäische Union: Stärkung der Resilienz des Kulturerbes gegen den Klimawandel. Der europäische Grüne Deal trifft Kulturerbe
Auch im Denkmal ist Energie sparen möglich
Denkmale sind Identifikationsorte und wertvolle Zeugnisse unserer Geschichte, die wir an unsere nachfolgenden Generationen weitergeben wollen. Daher bedarf der Umgang mit ihnen besonderer Sorgfalt: In der denkmalpflegerischen Praxis werden seit Jahrzehnten fundierte Kenntnisse und Erfahrungswerte zum ressourcenschonenden Weiterbauen am Bestand gesammelt; auch Maßnahmen zur Energieeinsparung und Effizienzsteigerung sind bei Denkmalen möglich. Um praxisorientierte Hinweise zur energieeffizienten Nutzung von Denkmalen zu vermitteln und musterhafte Lösungen für dessen energetische Ertüchtigung aufzuzeigen, hat das Landesdenkmalamt Berlin nun einen neuen Leitfaden „Denkmale und Energieeffizienz“ veröffentlicht.
Die mit Schaubildern, Checklisten und Praxisbeispielen versehene Handreichung richtet sich an Denkmaleigentümerinnen und –eigentümer, Planende und Denkmalbehörden im Land Berlin. Betrachtet werden neben Ertüchtigungsmöglichkeiten an der Gebäudehülle und der Optimierung der Wärme- und Kälteanlagen auch übergeordnete Themen wie die sinnvolle und ganzheitliche Konzeption von Maßnahmen zur Energieeffizienzsteigerung am Baudenkmal.
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Leitfaden "Denkmale und Energieeffizienz"
Bild: Landesdenkmalamt Berlin, Katja Kampmann
Intelligent ertüchtigen: Fenster, Wärmedämmung und passgenaue Anforderungen
Auch bei Baudenkmalen ist es möglich, durch gezielte Maßnahmen den Energieverbrauch zu senken, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und die Behaglichkeit zu erhöhen. Bestehen zudem bautechnische oder bauphysikalische Mängel sind Ertüchtigungsmaßnahmen für eine langfristige Schadensfreiheit notwendig. Voraussetzung ist immer, dass der Bestand sorgsam hinsichtlich des baulichen Zustands, seiner konstruktiven Besonderheiten und Materialien untersucht wird. Bei einem denkmalgeschützten Gebäude ist außerdem festzustellen, worin sein Denkmalwert und erhaltenswertes, charakteristisches Erscheinungsbild bestehen. Darauf aufbauend kann ein individuelles Maßnahmenpaket entwickelt werden, welches die Gebäudesubstanz schont und auf die baulichen Besonderheiten und Denkmaleigenschaften abgestimmt ist.
Oft genügen schon wenige Maßnahmen, um ein Gebäude energetisch spürbar aufzuwerten. Dies kann beispielsweise das Einbringen von Dichtungen zur Verhinderung von Zugluft oder die Ertüchtigung von Fenstern sein. Auch eine Dach- oder Kellerdeckendämmung bringt vielfach bereits eine deutliche thermische Verbesserung. In manchen Fällen kann es auch sinnvoll und denkmalverträglich sein, eine Innen- oder Außendämmung zu konzeptionieren. Nicht zuletzt ist die Modernisierung von Haustechnik eine naheliegende und effektive Maßnahme zur Energieeinsparung. Energieberater für Baudenkmale (siehe auch Fördermöglichkeiten) können Sie bei der Planung geeigneter Maßnahmen unterstützen. Ratsam ist es auch, ein Bauphysikbüro hinzuziehen.
Arbeitshilfen für die Planung in der Denkmalpflege und nützliche Informationen:
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Hinweise der Berliner Denkmalbehörden zu den Sondervorschriften für Denkmale im Gesetz zur Aufteilung der Kohlendioxidkosten (CO2KostAufG)
Bild: Landesdenkmalamt Berlin, Brit Münkewarf
Baudenkmale und Solarenergie: So kann es klappen!
Solaranlagen zur Unterstützung der Energieversorgung eines Gebäudes gewinnen im Hinblick auf Energiesicherheit und Ressourcenschonung weiter an Bedeutung. Berlin verfügt über einen großen Bestand an Flachdächern. Dies ermöglicht, dass dort installierte Anlagen meist unauffällig bleiben, auch am Denkmal. Ein prominentes Beispiel hierfür ist das Rote Rathaus, welches über eine große Anzahl an Solarmodulen auf dem Dach verfügt, die vom öffentlichen Raum jedoch nicht wahrnehmbar sind. Ab 2023 gilt in Berlin die Solarpflicht für Neubauten und bei wesentlichen Baumaßnahmen an Dächern. Für Denkmale und deren Umgebung gibt es jedoch Ausnahmen, wenn eine Denkmalverträglichkeit nicht gewährleistet werden kann. Solaranlagen dürfen die historische Aussagekraft und das Erscheinungsbild von prägenden Dachflächen mit ihren charakteristischen Dachdeckungen nicht schmälern. Gegebenenfalls lassen sich aber Kompensationsflächen (z.B. untergeordnete Nebengebäude oder die Beteiligung an Gemeinschaftsanlagen oder Anlagen, die aus öffentlich zugänglichen Bereichen nicht einsehbar sind) finden. Auch wird zu beobachten sein, welche weiteren Produkte die Solarindustrie in den nächsten Jahren auf den Markt bringt und ob diese im Einzelfall als denkmalverträglich bewertet werden können. In Kürze veröffentlicht das Landesdenkmalamt einen Leitfaden “Baudenkmale und Solarenergie”, der umfassend über Möglichkeiten und Restriktionen informiert. Für eine Beratung zu den Möglichkeiten der Umsetzung einer Solaranlage auf Ihrem denkmalgeschützten Gebäude sollten Sie frühzeitig Kontakt mit der zuständigen Denkmalschutzbehörde aufnehmen.
Außerdem hat das Landesdenkmalamt Berlin Solarkataster mit Gestaltungsleitfäden für verschiedene denkmalgeschützte Siedlungen in Berlin in Auftrag gegeben. Diese sollen die Genehmigung von PV-Anlagen in den Ensembles erleichtern und werden in nächster Zeit ebenfalls hier abrufbar sein.
Arbeitshilfen zum Thema Baudenkmale und Solarenergie und weiterführende Informationen:
- Solarleitfaden (in zwei Fassungen) unten zum Download
- PV-Konzepte für Siedlungen anhand von zehn Beispielen – siehe Hefte (PDF-Dokumente) unten
- Masterplan Solarcity
Denkmalschutz und Solarenergie (Solarleitfaden Berlin)
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Denkmale und Solaranlagen
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Solarleitfaden (Kurzfassung)
Vertiefende Erfassung von denkmalgeschützten Berliner Siedlungen zur Eignung von Solaranlagen
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Heft 1: Siedlung Siemensstadt (Spandau)
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Heft 2: Kleinhaussiedlung Johannisthal (Treptow-Köpenick)
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Heft 3: Siedlung Buch (Pankow)
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Heft 4: Wohnanlage Paul-Francke-Straße und Grabbeallee (Pankow)
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Heft 5: Finnenhaussiedlung (Steglitz-Zehlendorf)
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Heft 6: Siedlung Salzunger Pfad (Steglitz-Zehlendorf)
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Heft 7: Demonstrations-Bauvorhaben Reinickendorf (Reinickendorf)
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Heft 8: Gartenstadt am Südwestkorso mit Künstlerkolonie (Charlottenburg-Wilmersdorf)
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Heft 9: Siedlung Lindenhof I (Tempelhof-Schöneberg)
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Heft 10: Siedlung Grazer Damm (Tempelhof-Schöneberg)
Bild: Landesdenkmalamt Berlin, Ruth Klawun
Damals und heute: Sommerlicher Wärmeschutz
Der Schutz vor sommerlicher Überhitzung von Wohn- und Arbeitsbereichen ist seit jeher ein Thema des Bauens. Berlins historischer Baubestand zeugt von einer Vielzahl an Verschattungselementen, die Teil der Fassade und oft bewusst in die Architekturgestaltung einbezogen sind. Der Aspekt gewinnt in Anbetracht von Klimaveränderungen und gebotener Energieeinsparung durch Verzicht auf Klimaanlagen noch mehr an Bedeutung.
In Zusammenarbeit mit der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) hat das Landesdenkmalamt daher einen Katalog zusammengestellt, der denkmalverträgliche Lösungen für die Ertüchtigung von Baudenkmalen mit Verschattungsanlagen vorschlägt.
Weitere Informationen:
Denk mal nachhaltig: Ökobilanzen und Lebenszyklen
Bei der energetischen Ertüchtigung ist immer auch zu bedenken, ob die einzelne Maßnahme ökologisch sinnvoll ist, denn Baustoffe müssen in der Regel unter hohem Energieaufwand hergestellt und transportiert werden. Vor dem Hintergrund, dass der Bausektor einen wesentlichen Teil der klimaschädlichen CO2-Emmissionen zu verantworten hat und die natürlichen Ressourcenvorkommen endlich sind, ist das nachhaltige Bauen in den letzten Jahren immer weiter in den Fokus gerückt. Die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) und das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) haben Leitfäden für verschiedene Anwendungszwecke erarbeitet, die es möglich machen, anhand bestimmter Kriterien, Gebäude hinsichtlich ihrer ökologischen, ökonomischen soziokulturellen Qualität zu bewerten. Planung, Betrieb und Standort des Gebäudes werden ebenfalls einbezogen. Die Ökobilanzierung ermöglicht hierbei über eine neutrale Berechnungs- und Optimierungsmethode die Analyse des Lebenszyklus (LCA) eines Gebäudes, eines Produkts oder einer Dienstleistung. Von der „Wiege bis zur Bahre“ werden sämtliche Emissionen und Ressourcenverbräuche erfasst; die Ermittlung entsprechender Lebenszykluskosten trifft dabei eine Aussage zur wirtschaftlichen Nachhaltigkeit (s. Grafik).
Der denkmalgeschützte Baubestand kann aufgrund seiner besonderen Anforderungen an den Erhalt von Substanz und Erscheinungsbild vielfach im Rahmen einer Sanierungsmaßnahme nicht die thermische Qualität einer nach diesen Prinzipien optimierten, neu errichteten Gebäudehülle erreichen. Nachweisverfahren zur Energieeffizienz konzentrieren sich zudem bisher auf den Gebäudebetrieb. Allerdings lässt sich für Bestandsgebäude in die Waagschale legen, dass diese bereits in vieler Hinsicht normierte Lebenszyklen überdauert haben und „graue Energie“ nicht unerheblich binden. Rückblickend kann hierauf bisher zwar kaum auf belastbare Vergleichs- und Modellberechnungen zurückgegriffen werden. Jedoch ist für eine denkmalgerechte Instandsetzung, die auf Reparatur, schonende Ertüchtigungsmaßnahmen und auf die Verwendung traditioneller Baustoffe setzt, weniger Treibhauspotenzial zu bilanzieren als bei Abriss und großflächiger Erneuerung von Bauteilen. In dieser Hinsicht trägt eine substanzschonende Denkmalinstandsetzung zum Klimaschutz bei. Ökobilanzierungen werden zukünftig sicher eine noch verbreitetere Rolle in der Bautätigkeit haben. In diesem Zusammenhang sollten die Aspekte von Ressourcenschonung, Abfallvermeidung und die Verlängerung der Nutzungsdauer von bereits bestehender, – Energie bindender – Gebäudesubstanz mehr Gewicht bekommen.
Baudenkmale tragen nicht nur zur lokalen und kulturellen Identität bei, sondern sie vermitteln auch wertvolles Wissen über lokale Bautraditionen und über Jahrhunderte erprobte bauklimatische Aspekte. Auch aus diesem Grund müssen sie als Teil einer nachhaltigen Entwicklung von Lebensräumen verstanden werden.