WASSERKUNST FÜR DEN ANTONPLATZ SÜD
Der Antonplatz entstand um 1874 und ist Mittelpunkt des historischen Ortszentrums von Weißensee, an dem die wichtigsten Verbindungsst raßen des Stadtraumes aufeinander treffen. Er ist heute Bestandteil des Sanierungsgebietes Komponistenviertel im Ortsteil Weißensee im Bezirk Pankow. Die südlich gelegene Fläche war ursprünglich mit Gebäuden aus der Gründerzeit bebaut, die im 2. Weltkrieg zerstört wurden. Die Brachfläche wurde in den 1950er Jahren als Grünfläche gestaltet und seitdem als Freiraum genutzt. Der gegenüberliegende Platz, als Antonplatz Nord bezeichnet, ist bereits 2001 als Stadt- und Marktplatz neu gestaltet worden. Beide Platzhälften wurden durch die stark frequentierte Berliner Allee getrennt, so dass eine Einheit heute weder optisch noch funktional gegeben ist. Jahrelang vernachlässigt weist der Antonplatzes Süd derzeit weder Freiflächen noch Aufenthaltsqualität auf. Der Bezirk Pankow hat deshalb im März 2006 ein landschaftsplanerisches Gutachterverfahren zur Neugestaltung des Antonplatzes Süd mit dem Ziel ausgelobt und durchgeführt, den Antonplatz Süd als Eingangsbereich zum Wohngebiet Komponistenviertel und als zentralen Stadtplatz im Ortsteil Weißensee deutlich aufzuwerten. Im Ergebnis des Gutachterverfahrens wurde der Entwurf des Büros Hanke & Partner zur Ausführung empfohlen. Mit der Auslobung zum Gutachterverfahren wurde bereits darauf hingewiesen, dass für 17/20 den bislang dort existierenden Brunnen eine Wasserkunst als Ersatz geschaffen werden soll. Zu diesem Zweck wurde von der Kommission für Kunst im öffentlichen Raum in Pankow ein Kunstwettbewerb vorbereitet. Dieser wurde im November 2006 als eingeladener Kunstwettbewerb ausgelobt und vom Sanierungsbeauftragten Werkstadt in Kooperation mit dem Bezirksamt Pankow durchgeführt. Die Trennung von landschaftsplanerischem Gutachterverfahren und Kunstwettbewerb wurde im Vorfeld stark kritisiert, konnte aber nicht mehr rückgängig gemacht werden. Wettbewerbsaufgabe war ein künstlerischer Gestaltungsvorschlag für eine Wasserkunst auf dem Antonplatz Süd. Die Bezeichnung Wasserkunst wurde bewusst gewählt, um sich einer Bandbreite zeitgenössischer künstlerischer Ausdrucksformen zu öffnen und so von einer traditionellen Brunnengestaltung abzusetzen. In der bisherigen Gestaltung des Antonplatzes Süd dominierte den Platz ein 1972 aufgestellter Brunnen aus Keramik von Margit Liedke, entstanden als Diplomarbeit an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Dieser Brunnen war baufällig und ist abgetragen worden. Innerhalb der neuen Planung wird zwischen nördlicher und südlicher Grünfläche eine Platzerweiterung entstehen, die als Standort für eine Wasserkunst ausgewählt wurde. Wegen der unklaren Bebauungssituation der östlichen und westlichen Platzkanten ist derzeit nicht von einer klaren städtebaulichen Struktur auszugehen, so dass ein solitäres Kunstwerk, das die Platzmitte vertikal betont, seitens des Auslobers ausgeschlossen wurde. Inhaltlich sollte sich die künstlerische Umsetzung mit dem Thema Wasser beschäftigen. Es konnten aber auch historische Aspekte der Entwicklung des Platzes berücksichtigt werden. Die Kosten für die Wasser/-Brunnentechnik, die Fundamentierung und die Erdarbeiten werden vom Bauherrn übernommen. Der vorgegebene Kostenrahmen beträgt hierfür max. 30.000,- €. Für die Umsetzung des Entwurfs (Material, Herstellung, Künstlerhonorar) stehen max. 70.000,- € zur Verfügung. Am 1.2.2007 fand unter Vorsitz von Prof. Rainer W. Ernst die Jurysitzung statt. Mitglieder der Jury waren Matthias Köhne (Bezirksbürgermeister von Pankow), Elfi Czaika (Büro Werkstadt), Stephan Krueskemper (Künstler), Patricia Pisani (Künstlerin), Gisela Genthner (Künstlerin), Annette Tietz (Galerie Pankow). Die eingereichten Entwürfe haben sich auf sehr verschiedene Art und Weise mit dem Medium Wasser beschäftigt und unterschiedliche Gestaltungsvorschläge eingebracht – objekthaft, skulptural, installativ.
JULIA HANSEN schlug in ihrem Entwurf drei anthrazitfarbene Betonkuben vor, deren äußere als Quellsteine einen flächigen, vertikalen Wasserverlauf aufweisen. Als Liegende entwickelt sich der Reiz der Formengruppe aus dem tektonischen Kräftespiel der Massen. Die Jury würdigte die Arbeit als überzeugende skulpturale Setzung. Allerdings bestanden Vorbehalte hinsichtlich einer möglichen Barrierewirkung der anthrazitfarbenen Kuben mit einer Gesamtlänge von 9m und einer maximalen Höhe von 2,10 m.
MATTHIAS HEINZ Entwurf beinhaltete ein begehbares Brunnenrelief. Im Wechsel angeordnete keilförmige Granitelemente bilden ein Gefälle. Das durchfließende Wasser bildet in unterschiedlichen Formen. Die räumlich zurückhaltende Arbeit wirkt in erster Linie aus der Nähe. Die Jury wertete positiv, das konsequent aus dem umgebenen Parkgelände entwickelte Brunnenrelief zur kontemplativen Betrachtung und Benutzung einlädt. In Anspielung an den Weißen See schlug DIETER LUTSCH eine skulpturale Installation »Der weiße Berg« vor. Dazu sollte aus einer funktionsfähigen Straßenlaterne an einer Ansatzleuchte Kunstschnee austreten und je nach Außentemperatur einen unterschiedlich hohen Schneeberg erzeugen. Der nachts beleuchtete Schneeberg sollte durch das Wetter und von Besuchern skulptural bearbeitet werden und ständig seine Form wechseln. Das Preisgericht würdigte den außergewöhnlichen künstlerischen Ansatz des Entwurfes. Die Auseinandersetzung mit den Themen Klimawandel, Temperatur und Stadt wirkt spe ktakulär und weit über den eigentlichen Standort hinaus. Eine Realisierung ist allerdings auf Grund der hohen Kosten, die den Wettbewerbsrahmen bei weitem übersteigen, nicht möglich. Darüber hinaus erschienen der Jury die technischen und physikalischen Parameter für eine dauerhafte Funktionsfähigkeit und die angestrebte Wirkung nicht ausreichend bedacht.
Der Entwurf von SUSANNE LORENZ sah die Aufstellung von drei handelsüblichen Zimmerspringbrunnen in vergrößerter Form vor. Die drei Zimmerbrunnen thematisierten auf spielerische, poetische und zugleich humorvolle Weise das Verhältnis von Öffentlichem und Privatem und suchen so einen Bezugspunkt zum Charakter des Vorortes Weißensee. Die Umsetzung der Alltagsobjekte in Kunstobjekte durch eine Maßstabveränderung erschien der Jury allerdings nicht ausreichend transformiert. Zudem bergen die teilweise fragilen Elemente Gefahrenquellen und sind anfällig für Diebstahl und Beschädigung. Eine Brunneninstallation aus Badewannen und Wasserfontänen sollte nach dem Entwurf von PING QUI nahezu den gesamten befestigten Bereich zwischen den Rasenflächen einnehmen. Die Installation bietet einen interessanten Ansatz, der ebenfalls mit den Themen Privat und Öffentlichkeit spielt und vielfältige Assoziationen ermöglicht. Allerdings dominiert die großdimensionierte Brunnenanlage den gesamten Platzbereich und lässt 18 / 20 keine weitere Nutzungsmöglichkeit zu. Seitens der Sachverständigen und Jurymitglieder wurden außerdem erhebliche Sicherheitsbedenken formuliert. Innerhalb des Preisgerichtes wurden die künstlerischen Vorschläge intensiv diskutiert und in drei Wertungsgängen die Stärken und die Schwächen der unterschiedlichen Entwürfe deutlich gemacht. Die Realisierungsempfehlung wurde einstimmig für den Entwurf des Brunnenreliefs von Matthias Heinz ausgesprochen. Ausschlaggebend war aus Sicht der Jury die konsequente Entwurfskonzeption, die sich von allen Entwürfen am besten in die Parkanlage einpasst. Das Brunnenrelief ist für die Anlieger als Wasserspiel nutzbar und besticht durch seine kontemplative Wirkung. Eine solche Brunnenanlage bedarf allerdings einer sorgfältigen Pflege und benötigt hierfür das Engagement auch der Anlieger. Der Auslober wurde gebeten, die Preisentscheidung den Anliegern entsprechend zu vermitteln. Eine Unterstützung seitens des Preisgerichts wurde dafür zugesagt.
Annette Tietz, Galerie Pankow
Veröffentlicht in kunststadt/stadtkunst Nr. 54, Berlin 2009