Teilnehmende KünstlerInnen: Achim Niemann, Rolf Wicker, Heinrich Weid, Susken Rosenthal, Maja Spassova
Gewinnerin: Maja Spassova „Garten der Sinne“
Realisierung: 2003
Durch das Bezirksamt Pankow, Abteilung Finanzen, Personal und Verwaltung, Immobilienservice Hochbau wurde 2002 ein beschränkter künstlerischer Realisierungswettbewerb für die Körperbehindertenschule Berlin-Buch ausgelobt worden. Für sie wurde in der Ernst-Busch-Straße 27 ein bereits existierendes Schulgebäude – das ehemalige Havemann-Gymnasium – behindertengerecht umgebaut. Der Umbau war in erster Linie an der Zweckbestimmung des Gebäudes orientiert und bietet, sicherlich auch durch die Plattenbauweise, keine überraschenden neuen räumlichen Situationen. Gleichzeitig sind eine Sporthalle und ein Therapieschwimmbecken neu entstanden. Die Schule besuchen Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Alter von 5 bis 20 Jahren. Davon benutzen ca. 40 Prozent einen Rollstuhl.
Da die Nutzung der Schule ausschließlich durch körperbehinderte Schüler erfolgt, musste eine Aufgabenstellung gefunden werden, die dieser besonderen Thematik Rechnung trägt.
Für Körperbehinderte ist es wichtig, mit allen Sinnen wahrnehmen zu können. Auf diese Weise können u.a. vorhandene Defizite und Einschränkungen ausgeglichen werden.
Erwartet wurde eine künstlerische Gestaltung, die sinnliche Erfahrung erlebbar macht und als eigenständiges Konzept dem Gebäude ein zusätzliches Gepräge gibt. Die Kunst sollte durch die Schülerinnen und Schüler nutzbar sein und die vorhandenen technischen Voraussetzungen der Schule bei der Realisierung einbezogen werden.
Als Standort wurden das Foyer sowie die Flurabschnitte in den jeweiligen Etagen vor den Treppenhäusern und vor den Eingängen zu den Aufzügen festgelegt. Um die Mobilität der Schülerinnen nicht einzuschränken, musste die künstlerische Gestaltung leider auf die Wandflächen beschränkt bleiben.
Zur Teilnahme am Wettbewerb wurden die Künstlerinnen und Künstler Achim Niemann, Rolf Wicker, Heinrich Weid, Susken Rosenthal und Maja Spassova eingeladen. Als Nachrücker waren Helge Warme und Christine Gersch sowie die Künstlergruppe Deutsches Handwerk vorgesehen.
Zu den Entwürfen: Maja Spassova hatte unter dem Titel “Garten der Sinne” ein Konzept vorgelegt, das in einem sehr freien Bezugsrahmen Elemente aus Naturwissenschaft, Mystik, Philosophie und Esoterik miteinander verbindet. Im Foyer und den einzelnen Fluren sollen sandgestrahlte Metallscheiben aus Edelstahl an der Wand befestigt werden. Auf diesen Scheiben befinden sich dem jeweiligen Thema entsprechende Bilder sowie Edelsteine und Edlesteinkugeln mit Klangkörpern. Sie sind drehbar. Die Metallscheiben in den einzelnen Fluren sind jeweils unterschiedlichen Themenkomplexen zugeordnet: “Die Träume, das Sonnensystem, Erde und Mond”, “Die Weltmeere, die Luftströmung, Portrait”, “Labyrinth, Landschaft, der Mensch und sein Körper” sowie “Licht und Seele, Liebe und Hoffnung”. (…)
Der Entwurf von Achim Niemann umfasst eine Vielzahl von unterschiedlichen farbigen Kunstobjekten. Die einzelnen Elemente beinhalten in Farb- und Materialwahl eine große Bandbreite und sollten durch den Wechsel von festinstallierten und variablen, starkfarbigen und in der Farbwahl reduzierten, beweglichen und statischen Objekten einen lebendigen Rhythmus erzeugen, der das gesamte Gebäude strukturiert und die Kreativität und den Gestaltungssinn der Schüler anregt. (…)
Rolf Wicker schlägt unter dem Titel “Viele Grüße” ein computergestütztes Projekt vor, das mittels eines Monitors im Foyer installiert werden soll. Kartengrüße von Schülerinnen und Schülern aus dem Urlaub oder von anderen Reisen sollen “als Dokument geleisteter Mobilität trotz körperlicher Behinderung” gescannt und auf einen Flachbildschirm projiziert werden. (…)
Der Entwurf von Susken Rosenthal trägt den Titel “Achtung Bildwechsel” und beinhaltet eine variable keramische Wandgestaltung, die traditionelle Gestaltungselemente für Kunst am Bau aufgreift. (…)
Heinrich Weid befasst sich in seinem Entwurf mit der menschlichen Figur “als Reflektion des eigenen Körpers”. Im Foyer und den einzelnen Fluren sollen Figuren als Relief, als Silhouetten und als Körper jeweils unterschiedlich formal und rhythmisch an den Wänden angeordnet werden. (…)
Die Jury hat nach einer intensiven und kontroversen Diskussion den Entwurf von Maja Spassova zur Ausführung empfohlen. Zu dieser Entscheidung trug nicht zuletzt das eindeutige Votum der Schule bei. Hervorgehoben wurde, dass der Entwurf das Gebäude in seiner Gesamtheit berücksichtigt, die einzelnen Bereiche verbindet und akzentuiert. Die Gestaltung ist zurückhaltend, setzt trotzdem deutliche Akzente, ohne der Schule den Raum für eigene Präsentationen zu nehmen. Der inhaltliche Rahmen ist sehr komplex und durch die Schüler nicht unmittelbar zu erschließen. Trotzdem ergeben sich viele Anknüpfungspunkte, die Neugier wecken und Kreativität anregen können. Der Entwurf ist im November 2003 realisiert worden.
Annette Tietz, Kulturamt Pankow
Veröffentlicht in kunststadt/stadtkunst Nr. 51, Berlin, 2004