Unser Rechtsstaat ist eine Systembombe, die droht zu explodieren, sobald die öffentliche Sicherheit und Freiheit gefährdet scheint. Steht eine Einzelperson in Verdacht ein Staatsfeind oder Terrorverdächtiger zu sein, werden deren Rechte plötzlich brüchig. Im Wahn nach Kontrolle und dem Schutz unserer Demokratie steht die Balance zwischen dem Recht des Staates und der Einzelperson in Frage. Was in Deutschland und anderen europäischen Staaten schon längst begonnen hat, ist ein Terrorkrieg, der in einer Informationsflut der Medien und der öffentlichen Meinung und Institutionen expandiert und unser Rechtsstaatssystem mit all seinen Werten ins Wanken bringt. Der 23-jährige Deutsche Josef S. wurde am 24. Januar 2014 auf einer Demonstration gegen den sogenannten Wiener Akademikerball festgenommen und am 14. Juli 2014, nach einem halben Jahr in Untersuchungshaft, zu einer Haftstrafe von zwölf Monaten verurteilt. Er hat keine Bomben gelegt, er hat nicht getötet, er war auf einer Demonstration. Clemens Lahner, der Anwalt von Josef S., ist der Ansicht, sein Mandant sei in den Fokus der Ermittlungen geraten, weil er einen Pullover mit der Aufschrift „Boykott“ trug, den man auch im Dunkeln gut erkennen konnte. Ein ORF-Bericht belege, dass Josef S. einen Mistkübel aufgestellt und nicht geworfen habe. Auf Überwachungskameras von Geschäften in der Fußgängerzone ist Josef S. nur laufend, nie prügelnd zu sehen. Wenn die Verwundbarkeit offenbar wird, greift das System zu Maßnahmen, die unmittelbar die Rechte und das Schicksal des Individuums betreffen. Doch damit droht es außer Kontrolle zu geraten und an seinem eigenen Fundament zu scheitern. Begeht der Rechtsstaat damit nicht selbst einen Terrorakt?
Eine Eigenproduktion des monsun.theaters gefördert durch die Behörde für Kultur und Medien Hamburg.