Am 18. Januar 2011 eröffnete die Galerie Parterre die gemeinsam mit der Arno Schmidt Stiftung Bargfeld und dem BERLINER KABINETT e. V. organisierte Ausstellung um den Schriftsteller Arno Schmidt (1914–1979), an der 40 Bildende Künstler beteiligt waren. Und “Obwohl” wie Bernd Rauschenbach, der Leiter der Arno Schmidt Stiftung darlegte, sich die Erzähler in Schmidts Werken “gern abfällig über moderne Kunst äußern (mit Genugtuung werden z.B. Lastkraftwagenfahrer geschildert, die fähig seien, “eine abstrakte Kleinplastik notfalls als Büchsenöffner zu verwenden”), hatten sich bildende Künstler immer wieder durch die expressionistisch-bildmächtige Sprache Schmidts zu eigenen Bilderfindungen anregen lassen.”
Die Galerie und der Berliner Kabinett e. V. sind erprobte Kooperationspartner. Mit dieser Ausstellung und ihrem Begleitprogramm legten sie ihre bisher umfassendste und komplexeste Produktion vor. Sie wurde durch eine Kofinanzierung aus Mitteln des Bezirkskulturfonds und der Arno Schmidt Stiftung Bargfeld ermöglicht.
Zur Ausstellung erscheint eine Publikation, die sich auch entlang des Begleitprogramms mit den unterschiedlichsten Fragestellungen in Schmidts beziehungsreichem und verzweigtem Werk, den Impulsen, die von ihm bis heute – oder überhaupt erst jetzt – ausgehen, beschäftigt. Schmidts Verhältnis zur bildenden Kunst wird darin von Bernd Rauschenbach ebenso beschrieben, wie Eugen Blume, Leiter des Hamburger Bahnhof, eine ideenreiche und anregende Skizze zu Arno Schmidt und FLUXUS verfasste, der Filmhistoriker Günter Agde die Intention des kontrastreichen und sorgfältig gebauten Filmprogramms erläutert und der Leser Informationen zu Anliegen und Entstehung der Ausstellung erhält. Nicht zuletzt kommt der Schriftsteller selbst hier mit seinen eigenen Texten (und auch Zeichnungen!) zu Wort und Bild.
Das Begleitprogramm suchte – über die Ausstellungsfläche hinausgehende – Zusammenhänge herzustellen, die auch und gerade für den heutigen Leser und Ausstellungsbesucher von Interesse sind. Es beschäftigt sich mit dem von Arno Schmidt geschätzten Einzelgänger, dem visionären Universalgelehrten Ernst Fuhrmann, dem frühen und beständig präsenten Einfluss Jules Vernes auf Schmidts eigenes Schreiben, seiner Jugend in dem von seiner Jugend inzwischen verlassenen Görlitz, dabei zugleich dem Einfluss der schlesischen Heimat auf seine Literatur und natürlich mit Arno Schmidt und der DDR. Vorgestellt wird der „Schriftsteller als Fotograf“, aber auch die Frage „Arno Schmidt und Design“, spielt eine Rolle. Denn 1955 erhielt Arno Schmidt einen Ruf an die eben sich gründende Ulmer Hochschule für Gestaltung, deren Rektor zu diesem Zeitpunkt der Schweizer Architekt, Bildhauer und Maler Max Bill war; Schmidts Erzählung „Seelandschaft mit Pocahontas“ bietet den Anlass für die Beschäftigung mit der Stimmung in der BRD des Nachkriegs, dem amerikanischen Gründungsmythos um das Indianermädchen Pocahontas und Schmidts Wertschätzung für James Cooper. Und natürlich fehlt, wo New York im Titel steht, Woody Allens „Manhattan“ ebenso wenig wie „King Kong und die weiße Frau“.
Die nur scheinbar disparate Begleitmelodie wird aus Schmidts ablehnend-spöttischem Verhältnis zur Stadt gebildet, das sich im Titel ironisch spiegelt und bei seinem kurzen Aufenthalt in Darmstadt manifestierte: “Die Unruhe, die zahlreichen Ablenkungen und vor allem die lokalen Kollegen, die ihn in ihre Kreise ziehen und, wie er abfällig sagte, „Literatur quatschen“ wollten, waren seinem konzentriert-fleißigen Arbeitsstil und seiner Gesundheit abträglich. Schmidt wollte wieder in der „ihm gemäßen“ Landschaft der norddeutschen Tiefebene leben und bezog 1958 ein kleines Holzhaus in der Südheide östlich von Celle. In dem Dorf Bargfeld fand er die ersehnte Ruhe und steigerte sein bislang schon umfangreiches Arbeitspensum noch einmal erheblich.” (Bernd Rauschenbach im Begleitheft zur Ausstellung)