Die Ausstellung zeigte erstmals in Berlin das fotografische Werk von Ingar Krauss.
Ingar Krauss arbeitet in bildnerischen Zyklen. Die Genres, in denen er arbeitet, sind die klassischen der Malerei: Porträt, Stillleben und Landschaft.
Mit den Stillleben ist der Fotograf der Malerei am nächsten. Krauss baut dafür bühnenartige Kästen, in denen er natürliches Licht so einfängt, dass es zum subtilen Akteur des stillen Schauspiels wird. Die Abzüge bearbeitet er von Hand mit einer Lasur aus Ölfarbe, dabei geht es ihm nicht nur um eine spezielle ästhetische sondern auch metaphorische Bildsprache, die die Vorstellung von der “Fotografie als zweiter Natur” aus der Anfangszeit dieser Kunstform neu fasst.
Authentizität und Eigenständigkeit spielen in den Fotografien des Autodidakten Krauss in technischer wie auch inhaltlicher Hinsicht eine wesentliche Rolle. Mittels seiner analogen und vorwiegend schwarzweißen Arbeitsweise und dank seiner genauen Beobachtungsgabe schafft er Aufnahmen, die empathisch und zugleich eindringlich das Wesenhafte ihrer Akteure zum Ausdruck bringen.
Was Ingar Krauss’ Fotografien so beeindruckend macht, ist die Unmittelbarkeit und Eindringlichkeit von Zeit. Die Modelle seiner Kinder- und Jugendporträts stehen wie Stillleben unbewegt und ruhig in ihrer Umgebung. Die Konzentration steht so ganz auf ihren im Wachstum befindlichen Körpern und ihren Blicken, die dieser ruhenden Pose so häufig widersprechen.
In den Portraits osteuropäischer Erntehelfer, die Krauss auf den brandenburgischen Spargelfeldern traf, werden die Erwartungen an ein Arbeiterportrait als traditionelles kunsthistorisches Sujet nur bedingt bedient. Krauss rückt die Funktion der Portraitierten in den Hintergrund, um in der präzisen Reduktion auf wenige Attribute und Gesten und der gleichzeitigen Konzentration auf den individuellen Ausdruck etwas Wahres und Wesenhaftes kenntlich zu machen.
Der gebürtige Ost-Berliner Ingar Krauss (*1965) lebt und arbeitet in Berlin und im Oderbruch. Nach handwerklicher Lehre, Arbeit als Theaterhandwerker an der Berliner Volksbühne und als Betreuer in der Psychiatrie kam er Mitte der neunziger Jahre zur Fotografie. Seitdem war er an zahlreichen internationalen Ausstellungen beteiligt, wie in der Hayward Gallery, London; dem Musée de l’Elysée, Lausanne; dem Palazzo Vecchio, Florenz; und dem ICP in New York. Einzelausstellungen seiner Arbeiten gab es u.a. im Goethe-Institut Paris, dem Velan Center Turin, in der Kunsthalle Erfurt und der Guardini Stiftung Berlin; sowie in Galerien in Mailand, Paris, New York, Atlanta, Berlin und Leipzig. Er wurde gefördert durch Stipendien u.a. vom Berliner Kultursenat, der Stiftung Kunstfonds, der Robert Bosch Stiftung, der VG Bild-Kunst und vom Brandenburgischen Kulturministerium.