Hintergrundinformationen zu den neuen Namen der Petersallee

Anna-Mungunda-Allee

Anna Mungunda (1932-1959)
Über Anna Mugundas kurzes Leben ist relativ wenig bekannt. Sie war eine Herero, Tochter eines Wanderarbeiters und arbeitete als Hausangestellte.

Die wenigen Überlieferungen sind oft widersprüchlich. Mungunda steht jedoch für ein ganz zentrales Ereignis der jüngeren Geschichte Namibias, das Massaker an der Alten Werft (Old location uprising) in Windhoek im Dezember 1959.

Hintergrund dieses Ereignisses waren Pläne der Regierung, die Menschen aus diesem Viertel in ein anderes Township umzusiedeln, aber auch die zunehmenden Versuche, den illegalen Bierhandel einzudämmen, von dem für viele Anwohnerinnen und Anwohner, nicht zuletzt Frauen, der Lebensunterhalt abhing.

Am 8. Dezember war, unter maßgeblicher Beteiligung von Frauen, ein Boykott der Busse und der Bierhallen im Township beschlossen worden. Zwei Tage darauf entlud sich die allgemeine Frustration vor einer Bierwirtschaft in Gewalt. Die Polizei schoss, 11 Menschen starben, darunter als einzige Frau Anna Mungunda. Die genauen Umstände ihrer Ermordung sind weiterhin unklar.

Die polizeiliche Gewalt löste jedenfalls einen großen Schock in der Bevölkerung aus. Ein Beteiligter erinnert sich: „Wir hätten nie gedacht, dass die Südafrikaner schießen würden… schließlich handelte es sich um ein Mandatsgebiet… Außerdem dachten wir, die Vereinten Nationen würden etwas unternehmen.” Aus dem Ereignis resultierten eine weitere Radikalisierung der Bevölkerung und verstärkter Widerstand gegen die südafrikanische Mandatsherrschaft. Anlässlich der Eröffnung des „Heroes’ Acre” in der Nähe von Windhoek 2002 wurde Anna Mungunda als eine von neun nationalen Heldinnen und Helden Namibias präsentiert. Sie steht auch für die unzähligen, oft namenlos gebliebenen Frauen und Männer, die unter der kolonialen Unterdrückung oder Apardheit versuchten, ein Leben in Würde zu führen und sich regelmäßig gegen die Zumutungen der Fremdherrschaft zur Wehr setzten.

Überdies steht ihr Schicksal für koloniale Willkür, Repression und Gewalt – hier dezidiert in einem ehemaligen deutschen Kolonialgebiet. Die Tatsache, dass Anna Mungunda Herero war, setzt bei der Benennung der Straße nach ihr ein wichtiges Erinnerungszeichen an den von Deutschen begangenen Völkermord an den Herero und Nama.
Prof. Dr. Andreas Eckert, 2024

Maji-Maji-Allee

Maji-Maji
Der Maji-Maji-Krieg 1905-1906 war der größte Widerstandskrieg gegen die deutsche Kolonialherrschaft. Etwa 20 Volksgruppen, vorwiegend aus dem Südosten der damaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika vereinigten sich, um gegen die Fremdherrschaft zu kämpfen.

Die Ursachen des Maji-Maji-Krieges lagen vor allem in der unmenschlichen, durch Ausbeutung und Gewalt gekennzeichneten deutschen Kolonialpolitik. So zerstörten zum Beispiel immer höhere Abgaben und Zwangsarbeit die gewachsenen Lebensgrundlagen vor Ort. Das gemeinsame Vorgehen verschiedenster Volksgruppen wurde nicht zuletzt durch Kinjikitile Ngwale und den Maji-Maji-Kult möglich.

Kinjikitile soll, der Überlieferung nach, eines Morgens von einem Geist ergriffen worden sein. Er fing an, prophetische Reden zu halten, in denen er drei Botschaften verkündete:

1. Er versprach die Rückkehr der verstorbenen Ahnen, was Schutz und Hilfe im Kampf gegen die deutschen Kolonialherren geben sollte.

2. Kinjikitile beschwor die Einheit der verschiedenen Volksgruppen. Er verkündete, dass die Rivalitäten untereinander ein Ende haben müssten, um dann gemeinsam die deutsche Fremdherrschaft zu beenden.

3. Kinjikitile verkündete, dass er eine Medizin von Bokero, dem mächtigsten Gott im Gebiet des Rufiji-Flusses, erhalten habe, das Maji (Kiswahili „Wasser”). Das Maji würde gegen deutsche Gewehrkugeln unverwundbar machen. Es wurde zum Symbol für den gemeinsamen Kampf gegen die Fremdherrschaft.

Nach anfänglichen Erfolgen erlitten die Widerstandskämpfer im September 1905 die entscheidende Niederlage beim Versuch, den deutschen Militärposten Mahenge zu erstürmen. Von da an verwandelte sich der Krieg in einen Guerillakrieg. Die deutschen Truppen antworteten darauf mit der „Strategie der verbrannten Erde“: Dörfer und Felder wurden vernichtet, um der Bevölkerung die Lebensgrundlagen zu nehmen und so den Aufstand zu beenden.

Es kam zu Hungersnöten und zu großen Verlusten an Menschenleben; der Widerstand wurde niedergeschlagen. Man schätzt, dass in den betroffenen Regionen 250.000 bis 300.000 Menschen direkt durch den Krieg oder indirekt durch Hunger und Krankheiten ums Leben kamen.

Julius Nyerere, von 1964 bis 1985 der erste Präsident des unabhängigen Tansania, bezeichnete den erstmalige Zusammenschluss von verschiedenen Volksgruppen als einen ersten Schritt zur nationalen Einheit Tansanias, an deren Ende 1964 die Staatsgründung stand.
Prof. Dr. Marianne Bechhaus-Gerst, 2018