Entwicklung von realistischen Lösungsideen
Das MPI-Projekt „Industrieverkehr und Mobilitätswende“ konzentriert sich auf die Herausforderungen, vor denen die Ver- und Entsorgung Berliner Industriestandorte im Rahmen der Verkehrswende stehen: „Hier wird auch die Logistik komplexer“, so Stephan Seeck. Industrieunternehmen werden mit Rohstoffen und Teilen versorgt und müssen dann die erstellten Produkte sowie Abfälle entsorgen – diese Transporte erfolgen heute fast ausschließlich mit dem LKW. Dies ist in einer Metropole mit viel Individualverkehr wie Berlin eine große Herausforderung. Dies gilt umso mehr für Industriestandorte mit vielen klein- und mittelständischen Unternehmen, bei denen die Transporte meist ungesteuerte eintreffen und sich dann auf den Zufahrtsstraßen öfters gegenseitig blockieren.
„Wir schauen uns Engpässe an, die es heute schon gibt, und stellen Prognosen auf, welche in Zukunft dazukommen können. Unser Fokus liegt auf durch viele Unternehmen genutzte Industriestandorte wie z.B. die „Motzener Straße“, „Großbeerenstraße“ oder „Herzbergstraße“. Und wir entwickeln realistische Lösungsideen, die wir mit der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt diskutieren werden.“ Diese Lösungen können physisch oder digital sein, untersucht werden unter anderem neue Fahrzeugtypen wie ein Lastenrad-Zug, autonome Boote und eine KI-basierte Software der Steuerung von Ver- und Entsorgungsverkehren.
Seeck weist darauf hin, dass Unternehmen im Tagesgeschäft kaum dazu kommen, diese Themen in den Mittelpunkt zu rücken. „Dass man auch in zehn Jahren noch wettbewerbsfähig sein will, ist klar – entsprechend stark wird in Produkten und Innovation gedacht. Logistik ist da eher ein Nebenthema, für das oft nicht viel Raum bleibt. Unsere Lösungsideen adressieren die Stadt Berlin, welche die Logistikinfrastruktur bereitstellt.“ So könnte zum Beispiel eine Micro-Hub-Struktur aufgebaut werden, die durch ein großes Hub außerhalb der Stadt versorgt wird. Was sich Stephan Seeck von den Unternehmen der Stadt wünscht, ist vor allem Offenheit: „Die Industrie sollte Ansätze wie die, denen wir in unserer Forschung nachgehen, anhören und schauen, was davon umgesetzt werden kann – um die Verkehrswende, den Klimaschutz und die Zukunft Berlins als führenden Industriestandort in Europa mitzugestalten.“ Er möchte mit seiner Arbeit dazu beitragen, dass Berlin ein Leuchtturm der
urbanen Logistik wird: „Wir können Vorbild sein, denn was hier funktioniert, funktioniert auch in jeder kleineren Stadt. Und es kann ein Alleinstellungsmerkmal von Berlin werden, dass hier urbane Logistik anders gedacht und umgesetzt wird – dass die Stadt Vorreiter ist.“
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Ein großes Interesse an der Welt*
Seine wissenschaftlichen Wurzeln liegen in der Physik. Er studierte das Fach an der Technischen Universität Berlin, wo er dann auch promovierte. „Ich wollte aber nicht mein Leben lang im Labor stehen und habe mir deshalb neue Aufgabengebiete gesucht“, erinnert er sich. „Gleichzeitig wollte ich auch in die Lehre gehen, weil ich schon immer gern Wissen weitergegeben habe. Schon während meiner Schulzeit habe ich Nachhilfe in Mathe und Physik gegeben und später an der Uni Lehraufträge übernommen.“ Sein Faible für die Naturwissenschaften erklärt er mit einem großen Interesse an der Welt: „Ich wollte schon immer wissen, wie alles zusammenhängt.“ Zudem ist ihm diese Leidenschaft ein Stück weit in die Wiege gelegt worden: Schon sein Vater war Professor für Physik.