Innovationstreiber Robotik

Ein orangener Roboterarm

Mit einem starken Netzwerk aus Unternehmen, Startups und Forschungsinstituten bietet die Industriestadt Berlin sehr gute Bedingungen für die Erforschung und Anwendung von Robotertechnologie.

Roboter können industrielle Prozesse effizienter machen, insbesondere komplexe Montagearbeiten präzise automatisieren, die Kosten von Produktion senken und dabei deren Qualität steigern sowie Innovationen fördern. In Berlin sind derzeit rund 60 Unternehmen aktiv, die Roboter entwickeln und produzieren. Weiterhin beschäftigen sich etwa 30 Forschungseinrichtungen mit der Technologie. Die Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH (BPWT) hat eine Vernetzungsinitiative angestoßen: das durch den Masterplan Industriestadt Berlin unterstützte Berliner Robotik-Netzwerk: Auf dieser offenen Plattform organisiert BPWT Treffen für die Robotik-Community sowie Akteurinnen und Akteuren aus der Industrie. Der Austausch untereinander soll unter anderem gemeinsame Innovationsprojekte initiieren. Über das Netzwerk finden insbesondere Startups, die mit neuen Ideen in den Markt kommen, schnell Anschluss an die Robotik-Szene der Hauptstadt.

Collage aus zwei Bildern. Links ein Roboterarm in einer Halle, rechts eine Frau an einem kleine Roboterarm auf einem Tisch

Fokusthema Cobots

„Die Bandbreite an Typen und Einsatzbereichen von Robotern ist sehr groß“, sagt Jens Woelki, Manager Innovation und Initiator des Robotiknetzwerks bei Berlin Partner. „In Berlin liegt der Schwerpunkt auf Industrierobotik und Automatisierung, Pflege und Gesundheit sowie Software und Machine Learning. Es sind einige relevante Player hier ansässig wie das Startup Micropsi Industries, das mit rund 70 Millionen Euro bewertet wird. Es hat eine KI-gestützte Computer Vision entwickelt, mit der Industrieroboter visuelle Aufgaben durchführen können. Sie können darüber mit Varianzen umgehen und zum Beispiel flexible Kabel stecken.“ Und Berlin bietet dem Thema eine breite Landschaft an Forschungsinstitutionen, Unternehmen und Initiativen: „Hier wird viel Neues entwickelt, es gibt viele Startups und Integratoren. Und es wird intensiv vor allem auch an Technologien wie künstlicher Intelligenz gearbeitet“, so Woelki. Der MPI unterstützt dieses Engagement: Die Innovationskraft der Berliner Industrie soll gestärkt und die Entwicklung, Erprobung und Anwendung von unter anderem Künstlicher Intelligenz, Additiver Fertigung oder Leichtbau gefördert werden. Schließlich kann der Einsatz dieser Schlüsseltechnologien Energie und Ressourcen sparen, die urbane Verträglichkeit in der industriellen Produktion stärken und damit den Klimaschutz fördern.

Jens Woelki sieht beispielsweise Cobots als ein Fokusthema in der Berliner Innovationslandschaft: Das sind kollaborative Roboter, die Menschen bei der Arbeit unterstützen sollen, statt sie zu ersetzen. „Sie ermöglichen deutlich flexiblere Anwendungen.“ Im Gegensatz zu Industrierobotern, die sehr gut strukturelle Prozesse mit wiederkehrenden Aufgaben automatisieren können: „Diese stoßen an Grenzen, wenn von einem Produkt nicht 5.000, sondern nur 20 Stück produziert werden sollen.“ Aus diesem Grund gebe es auch bisher keine Unternehmen in Berlin, die ihre Produktion nahezu komplett automatisiert hätten, so der Experte: „Die meisten haben weniger als 50 Mitarbeitende und produzieren entsprechend kleine Mittelserien.“ Dort können kollaborative Roboter ihr volles Potenzial ausspielen.

Jens Woelki
In Berlin wird viel Neues entwickelt, 
es gibt viele Startups und Integratoren.
Jens Woelki, Manager Innovation und Initiator des Robotiknetzwerks bei Berlin Partner

Intelligente Automatisierung unterstützen

An einer Cobots-Lösung arbeitet Continuum Innovation, ein Startup aus Berlin: Es entwickelt einen besonders flexiblen Roboterarm und integriert ihn in die Prozesse von Unternehmen. Damit will das Team die intelligente Automatisierung von Produktionsanlagen unterstützen und deren Effizienz sowie Sicherheit erhöhen. Letztere ist eine besonders große Herausforderung, wenn Mensch und Maschine direkt zusammenarbeiten. Technologisch können Kamera- und Sensorsysteme unterstützen – Continuum Innovation integriert beides, ergänzt durch eine Steuerung, die Kollisionen vermeidet. Berlin Partner plant für September 2024 eine Veranstaltung zu Sicherheitstechnologien für kollaborative Roboter.

Viele weitere gute Ideen wachsen derzeit in der Hauptstadt: Klero hat etwa einen Lernroboter und eine Anlage für das ABB Ausbildungszentrum gebaut, der die Qualifizierung von Fachkräften im Bereich Metall- und Elektrotechnik unterstützt. N Robotics hat sich das Ziel gesetzt, den Zugang zu High-End-Technologien und Robotern für Industrie und akademische Einrichtungen leichter zu machen – mit mobilen Robotiklösungen, die auf die individuellen Anforderungen der Nutzerinnen und Nutzer zugeschnitten werden. Als „Full-Stack-Robotik-Unternehmen“ deckt es sämtliche Aspekte der Entwicklung, Produktion und des Betriebs von Robotertechnologie ab: Das Startup entwickelt und produziert alle elektronischen und mechanischen Komponenten, die es baut, selbst.

Anwendung bei etablierten Unternehmen

Nicht nur Startups beschäftigen sich mit Robotik-Ideen, auch etablierte Unternehmen ergänzen damit ihr Portfolio – häufig aus dem Bedarf heraus, neue Geschäftsfelder zu bespielen oder dem Fachkräftemangel zu begegnen. Ein Beispiel dafür ist Dreusicke, ein Berliner Unternehmen mit mehr als 100 Jahren Geschichte: Es stellt Gummiwalzen und Einzugsrollen her, die unter anderem in Kontoauszugsdruckern eingesetzt werden. Dreusicke hat kollaborative Roboter von Universal Robots in der eigenen Produktion integriert und selbst ein modulares System entwickelt, das mit Standard-Komponenten arbeitet. Diese bietet es nun auch anderen Mittelständlern an, die Robotik bei sich einsetzen wollen, berät in der Konzeption von Roboterzellen mit Cobots und bietet entsprechende Servicedienstleistungen an. „Das zeigt gut, dass man kein Konzern sein muss, um die Technologie für sich nutzen zu können“, so Jens Woelki. Eine Investition bedeutet die Anschaffung natürlich: Ein Cobot von Universal Robots kostet mindestens ungefähr 30.000 Euro – inklusive Integration müsse man etwa mit dem dreifachen Preis rechnen: „Das ist keine ganz kleine Summe. Es kann sich aber für viele Unternehmen schnell rechnen, vor allem wenn sie zu wenig Personal finden.“

Forschung und Ausbildung

Auf der einen Seite steht die Anwendung, auf der anderen die Forschung. Das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (Fraunhofer IPK) ist beispielsweise ein wichtiger Partner für die Industrie, mit dem sie viele Projekte umsetzt. An der Technischen Universität Berlin läuft ein Forschungsprojekt zur Interaktion von Mensch und Maschine im öffentlichen Raum. Und dort wird an „Soft Hands“ gearbeitet: Diese bestehen aus weichen Materialien und besonders flexibler Mechanik und sollen damit beispielsweise ermöglichen, drucksensible Dinge wie Früchte zu fassen. Auch im Bereich Ausbildung gibt es viele Angebote wie einen Masterstudiengang „Industrie 4.0: Automatisierung, Robotik und 3D-Fertigung“ an der Berlin University of Applied Science.

Als Querschnittsthema, zu dem auch KI, Sensorik oder Softwareentwicklung gehören, steht Robotik mit vielen verschiedenen Akteurinnen und Akteuren in Verbindung. Berlin Partner hat das Berliner Robotiknetzwerk auch gegründet, weil es zuvor keine eine andere Institution gab, die diese Menschen zusammengeführt hat. „Gleichzeitig ist die Community sehr offen und der Wunsch nach Austausch war da“, so Woelki. Seit 2022 organisiert sein Team nun drei Termine im Jahr, zum Beispiel kleine Messen oder Besuche bei Unternehmen, um von deren Erfahrungen zu lernen. Aus den Gesprächen dort liest Woelki zwei Perspektiven heraus: „Ich denke, die größten Themen für die kommenden Jahre sind erstens die Frage, wie man KI mit Robotik verknüpfen kann und zweitens der Wunsch, Roboter immer flexibler zu machen.“