Das große Potenzial von Deeptech-Startups in Berlin

Mann zeigt auf großen Bildschrim mit Satellitenbildern von Häusern

Akteurinnen und Akteure aus Industrie und Gründerszene diskutierten beim ersten MPI Deep Dive, wie Deeptech-Startups den Industriestandort Berlin stärken können.

Vernetzung kann enorme Kräfte freisetzen: Sie ermöglicht es, Wissen, Ideen und Erfahrungen zu teilen, um Neues zu kreieren. Genau das ist eines der wichtigsten Ziele des Masterplan Industriestadt Berlin, der Industrieakteurinnen und -akteure in Berlin zusammenbringt, um Synergien zu heben. Der MPI Deep Dive ist eines der Veranstaltungsformate, die das unterstützen wollen. Beim ersten MPI Deep Dive im Herbst 2023 trafen René Giese, Geschäftsführer des Innovation Hub und Makerspace MotionLab.Berlin, und Martin Kretschmann, Projektmanager bei Composites United – einem Verein, der Verbundwerkstoffe fördert – aufeinander. Sie entwickelten gemeinsam die Idee eines „Technologie-Matchings“ für kleine und mittelständische Unternehmen sowie Institutionen aus Forschung und Entwicklung. Diese kommen dabei mit Startups darüber ins Gespräch, wie Prototypen mit Leichtbau-Materialien und -Technologien optimiert werden können. Einen ersten Termin dafür gibt es bereits: den 20. Februar 2024 ab 14 Uhr im MotionLab.Berlin.

Ein Foto von einem Monitor auf dem ein Screenshot des MPI Titelbildes zu sehen ist

Wissen, Ideen und Erfahrungen teilen

„Das Wissen um Leichtbautechnologien und deren Potenziale ist noch nicht umfassend verbreitet“, sagt Martin Kretschmann. „Das ist schade, weil oftmals die letzten zehn, zwanzig Prozent Effizienz nur mit innovativen Hochleistungsmaterialien zu erschließen sind. Es gibt viel Nachholbedarf – zumal sich die Technologien schnell entwickeln. Deshalb ist der Austausch darüber umso wichtiger.“ Die Idee des Technologie-Matchings soll das unterstützen. Die Mitglieder von Composites United arbeiten vorwettbewerblich im Rahmen von Clustern und Arbeitsgruppen gemeinsam an innovativen Ansätzen und Lösungen für den faserbasierten multimaterialen Leichtbau. Damit bietet der Verein dem Leichtbau eine Bühne und erleichtert den Technologietransfer. Martin Kretschmann will das noch tiefer in die Region Berlin-Brandenburg tragen. „Regionale Wertschöpfungsketten lassen sich weiterentwickeln oder erst initiieren, indem ansässige Kompetenzträger gegenseitige Sichtbarkeit erlangen und effizient mit passenden Kooperationspartnern in den Austausch treten.“ Zwei MPI-Projekte mit dem Leichtbau-Verband sind bereits abgeschlossen worden, eines davon beschäftigte sich beispielsweise mit dem Schwerpunkt Weiterbildung. Ein weiteres Projekt läuft aktuell: Die Kampagne „Leichtbau made in Berlin“ soll Berliner und Brandenburger Unternehmen für die Potenziale des Leichtbaus sensibilisieren, indem sie unter anderem regional etablierte Akteure mit starken Leichtbaukompetenzen vorstellt und Fallbeispiele für bereits entstandene Innovationen und Wertschöpfungsketten zeigt.

Martin Kretschmann Portrait
Regionale Wertschöpfungsketten lassen sich weiterentwickeln oder erst initiieren, indem ansässige Kompetenzträger gegenseitige Sichtbarkeit erlangen…
Martin Kretschmann Projektmanager Composites United

Produktionsnetzwerk soll Wertschöpfung sichern

„Deeptech-Startups kann man meiner Meinung nach vor allem durch entsprechende Strukturen und Ökosysteme fördern“, sagt Madlen Dietrich, Referatsleiterin Startup-Wirtschaft und Digitalisierung der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB). Der Verband ermöglicht Vernetzung unter anderem über Veranstaltungen wie „Industrie trifft Startups XXL, wo etablierte Unternehmen und Startups in den Austausch kommen und Partner für Innovationsprojekte finden können. Dietrich brachte zum MPI Deep Dive ihre Idee eines Produktionsnetzwerks ein: „Deeptech-Startups brauchen früh mögliche Produzenten. Denn viele Aspekte müssen bereits am Anfang der Entwicklung bedacht werden, um später effizient vom Prototypenstatus in die Serie zu kommen.“ Das Netzwerk solle Startups mit Unternehmen zusammenbringen, die unterschiedliche Komponenten herstellen und die zugehörige Expertise abdecken. Wichtig ist für Dietrich auch der regionale Aspekt: „Es ist erstrebenswert, dass die Wertschöpfung in der Region bleibt – und das wird unterstützt, wenn Innovationen von Anfang an technologisch direkt vor Ort begleitet werden. Daran hängen letztlich auch Arbeitsplätze in der Industrie, in Produktion und Fertigung, und ganze Unternehmen.“

Weiterhin regt Dietrich eine Kartierung von Deeptech-Startups in der Region an: „Als Ergänzung der Berliner Startup Map könnte sie deren Sichtbarkeit erhöhen. So wie beispielsweise zunehmend sichtbar wird, dass Berlin stark aufgestellt ist beim Thema Robotik oder Quantentechnologie.“ Die Umsetzung der Kartierung sei für sie unter anderem in Kooperation mit der Technologiestiftung denkbar – für weitere Interessentinnen und Interessenten ist sie offen.

Gruppe von Menschen im Gsrpäch

Vielfältige Fördermöglichkeiten

Jede Innovation braucht eine solide Finanzierung. Laut Dessislawa Thordsen, Key Account Managerin Industrie & Dienstleistung der Investitionsbank Berlin, kurz: IBB, haben Deeptech-Startups ihrer Erfahrung nach oft einen höheren Kapitalbedarf: „Die Teams sind häufig größer, weil verschiedenste Fachkenntnisse benötigt werden.“ Weiterhin dauert die Entwicklung in der Regel länger, weil es einfach Zeit und unzählige Tests braucht, bis ein Prototyp entsteht und Marktreife erreicht wird. Und genau dafür benötigen die Unternehmen Förder- und Finanzierungsmittel. „In Berlin haben wir für technologieorientierte KMU und Gründungen ein breites Angebot“, so Thordsen. „Das ist unsere Kernkompetenz in der IBB. Um die verschiedenen Angebote von Zuschüssen, Fremdkapital, Mezzanine-Kapital und Eigenkapital zu durchdringen, beraten wir aus der Kundenberatung Wirtschaftsförderung gern.“ So wird beispielsweise jeden Donnerstag von 14 bis 16 Uhr ein kostenloser, digitaler Förder- und Finanzierungsworkshop zu den Programmen Berlin Start, Mikrokredit, GründungsBONUS und Berliner InvestitionsBONUS angeboten. Eine Anmeldung zu dem Workshop ist hier möglich. Alternativ kann der individuelle Bedarf per Kontaktformular auf der Website der IBB skizziert werden.

Bei den Förderprogrammen rät die Expertin, sich gründlich mit den Richtlinien zu beschäftigen. Generell gilt: Auch wenn bei den Förderprogrammen Deeptech-Unternehmen als Zielgruppe nicht direkt benannt werden, kann sich die Auseinandersetzung mit dem Thema lohnen. So konnten beispielsweise mit dem Programm Pro FIT unter anderem auch zahlreiche Innovationsvorhaben von Deeptech-Startups gefördert werden.

Für Dessislawa Thordsen zeigt der MPI Deep Dive die gute Vernetzung in Berlin: „Das Format bietet den Akteurinnen und Akteuren, bestehend aus Startups, Unternehmen, Berlin Partner, der Senatsverwaltung, Banken, MotionLab und Projektentwicklern, die Möglichkeit, in großer Runde zusammenzukommen und ganz offen darüber zu sprechen, was gut läuft, was sie noch brauchen und wohin sie sich entwickeln wollen.“ Das sei eine gute Grundlage, um die realen Bedarfe zu identifizieren und Erkenntnisse und Ideen für künftige Förderangebote zu sammeln.