Kennen Sie das? Diesen Olympiamoment, wenn der Turmspringer vom Fünfmeterturm rückwärts abspringt und nach einem doppelten Rückwärtssalto mit rechtsgedrehter Schraube anschließend geräusch- und spritzwasserarm elegant ins Becken eintaucht?
Wir hatten gestern so einen Moment, als uns bei der Bewertung der vorliegenden Gesetzespakete zur Besoldungsanpassung und Anhebung des Pensionseintrittsalters das Big Picture dahinter klar wurde…
Der Senat hat es meisterlich verstanden, die Themen Personalmangel und die Weiterentwicklung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums unter einen Hut zu bringen, für Nachwuchs zu sorgen, Geld zu sparen und sogar die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts einzuhalten und das alles unter der Überschrift …“ und Änderung weiterer Gesetze“. Und das geht so:
1. Der Beamte ist auf den Schutz der Verfassung vereidigt worden. Fortschreitendem Personal- (= Nachwuchsmangel) muss der Beamte daher aktiv entgegentreten.
2. Das Bild des Alleinverdienerfamilienmodells, welches das Bundesverfassungsgericht immer als Modell zum Vergleich mit der Familie mit zwei Kindern in der Sozialhilfe heranzog, wird kurzerhand als unmodern abgeschafft, die Hinzuverdienerfamilie neu eingeführt. Per Gesetz wird unterstellt, dass der verheiratete oder verpartnerte Beamte eine/n Partner/in hat, der/die auch arbeitet. Mindestabstand zur Sozialhilfefamilie eingehalten.
3. Die Besoldungsbestandteile für Verheiratete werden runtergeschraubt, die kinderbezogenen Besoldungsanteile werden hoch angesetzt, vor allem ab dem dritten Kinde geht es richtig zur Sache.
4. Wenn wegen Kinder im Alter von bis zu drei Jahren der/die Partner/in doch tatsächlich nicht arbeitet, dann gibt es noch einen ergänzenden Familienzuschlag, nur für die unteren Beamtenkollegen in A5 bis A 10.
6. Die im Sinne des Kinder- bzw. Nachwuchsmachens nutzlosen Boomer-Jahrgänge sind durch Beamtendasein von regelmäßig mehr als dreißig Jahren nichts anderes mehr gewöhnt, werden als Großeltern nicht gebraucht, weil ja eh die Mütter fortwährend die Kinder hüten und dürfen daher zum Dank dem Dienstherrn noch länger dienen.
7. Dem Bundesverfassungsgericht wird auf Nachfrage in einigen Jahren juristisch sauber dargelegt, dass durch die Abschaffung des Alleinverdienerfamilienmodells und Erweiterung der Berufsbeamtentumspflicht um „hat durch Schaffen von Kindern für rechtsstaatssichernden Nachwuchs zu sorgen!“ die Alleinverdienerehe durch den Drehtüreffekt wieder im Sinne des hohen Gerichts eingeführt wurde. Die durchschnittliche Beamtenfamilie im Jahr 2030 hat 3,45 Kinder, die Frauen bleiben zu Hause und bekommen alle 2 Jahre und 10 Monate ein Kind und das tradierte Familienmodell wird also zwar nicht per Gesetz angenommen, aber faktisch gelebt. Problem erledigt.
Und so nebenbei müssen wir im Zusammenhang mit dem Berufsbeamtentum nicht mehr gendern, jedenfalls solange die Männer noch keine Kinder bekommen können.
Interessant wird die Frage sein, ob sich eine Relation zwischen Homeofficezeiten und der Kinderquote nachweisen lässt. Wir gehen davon aus, dass im Sinne des BigPictures der staatstragende Akt der Kinderzeugung als ruhegehaltsfähige Dienstzeit angesehen wird.
Und wir freuen uns auf die nächsten Tarifverhandlungen, wenn im Wege der Statusgruppengerechtigkeit diese Regelungen tarifiert werden.