Seit dem 16.11.2022 ist es nun amtlich: die Berliner Wahlen im September 2021 müssen komplett wiederholt werden. Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat eine entsprechende Wahlwiederholung angeordnet, weil schon die Wahlvorbereitung für sich gesehen einen Wahlfehler darstellte ((https://www.berlin.de/gerichte/sonstige-gerichte/verfassungsgerichtshof/pressemitteilungen/2022/pressemitteilung.1265423.php)). Diese Vorbereitungsmängel haben nach Ansicht des Gerichts dann zu weiteren Wahlfehlern am Wahltag geführt…
Dieses Debakel ist ohne Beispiel in der Geschichte des Landes und stellt den beschämenden Höhepunkt einer Entwicklung dar, die seitens des Hauptpersonalrats stellvertretend für alle Beschäftigtenvertretungen und seitens der Gewerkschaften seit vielen Jahren angeprangert wurde. Sie hat aus unserer Sicht zwei Ursachen:
1) Es besteht grundsätzlich und strukturell keine auskömmliche Personalausstattung, insbesondere in den Bürgerdiensten, aber auch in den anderen Bereichen des Berliner öffentlichen Dienstes mit Bürgerkontakt;
2) eine Verantwortungsdiffusion auf der politischen Ebene, die mittlerweile jede/r aus der Politik beklagt, allein, das Problem wird nicht angegangen. Mal wird es „Behördenpingpong“, mal „organisierte Verantwortungslosigkeit“ genannt, wir nennen es die „Berliner Krankheit“. Sie führte dazu, dass zwischen der Landeswahlleiterin, der Hausspitze der Senatsinnenverwaltung und den für die Bezirkswahlämter zuständigen Stadträten die vom Verfassungsgerichtshof benannten Fehl- oder Nichtentscheidungen getroffen wurden, die letztendlich das Wahldebakel zur Folge hatten.
Für den Hauptpersonalrat wollen wir hier ganz klar festhalten, dass die Ursache für dieses Staatsversagen nicht bei den Beschäftigten in den Bürgerämtern, aus denen sich die Bezirkswahlämter rekrutiert haben, und nicht bei den Wahlhelfenden liegt. In diesem Zusammenhang von einer dysfunktionalen Verwaltung zu sprechen, führt in die falsche Richtung, weil dieser Begriff suggeriert, die Beschäftigten seien schuld. Dies weisen wir als oberste Beschäftigtenvertretung in aller Form zurück!
Wenn die Beschäftigten aus den Bürgerämtern auch diejenigen Beschäftigten sind, die das Bezirkswahlamt besetzen und wenn wir in diesem Bereich seit vielen Jahren und unter zahlreichen Regierungen eine chronische Terminproblemlage verzeichnen, aus haushalterischen Gründen aber eine echte Personalbedarfsberechnung und Umsetzung bisher nie erfolgte, dann ist das ein struktureller Fehler im (Wahl)System, den nur und ausschließlich die politische Ebene zu verantworten hat. Hierzu gab es in der Vergangenheit eine unselige quasi „Allparteienallianz“, insofern kann sich aus Sicht des HPR dafür auch niemand aus der Verantwortung stehlen!
Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst halten seit Jahren den Laden am Laufen und müssen für die Umstände, unter denen sie tätig werden, auch häufig genug von den Menschen der Stadt die Kritik einstecken. Es ist an der Zeit, dass die Berliner Parteien sich in einer Allparteienallianz zum Wohle der Stadt eine Verantwortungsstruktur geben, die dieser Metropole und der Tatsache, dass sie Bundesland und Kommune und Hauptstadtfunktion abbilden muss, endlich gerecht wird. Hierzu sollte eine Expertenkommission einer späteren verfassungsändernden Mehrheit an die Seite gestellt werden.