Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat mit Beschluss vom 11. April 2018 den Antrag des Mitglieds des Abgeordnetenhauses von Berlin Marcel Luthe auf Feststellung der Verletzung seines parlamentarischen Fragerechts aus Art. 15 Abs. 1 der Verfassung von Berlin – VvB – durch den Senat von Berlin zurückgewiesen.
Der Antragsteller beanstandete die aus seiner Sicht unterbliebene Beantwortung seiner schriftlichen Anfrage zum Thema „Sicherheit an Berliner Schulen“. Unter Bezugnahme auf eine Liste mit knapp 700 Namen von Berliner Schulen und deren Anschriften hatte er beim Senat um Mitteilung gebeten, welche und wie viele Straftaten sowie wie viele Polizeieinsätze und Notrufe im Datenbanksystem der Berliner Polizei (Polizeiliches Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung – POLIKS -) zu diesen Anschriften, jeweils für die Jahre 2014, 2015 und 2016, verzeichnet seien. Der Senat teilte auf diese Anfrage mit, dass sich die Fragestellungen nicht automatisiert aus POLIKS beantworten ließen.
Der Verfassungsgerichtshof hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Dem Antragsteller fehlte das Rechtsschutzbedürfnis für seinen Antrag. Das Rechtsschutzbedürfnis im Organstreitverfahren setzt voraus, dass der Konflikt, dessen Klärung im Organstreitverfahren begehrt wird, zuvor für den Antragsgegner erkennbar geworden sein muss. Bei (vermeintlich oder tatsächlich) unrichtig beantworteten parlamentarischen Fragen trifft den Antragsteller daher eine Konfrontationsobliegenheit. Danach muss er dem Antragsgegner durch einen Hinweis auf die (mutmaßliche) Unrichtigkeit der Antwort die Möglichkeit geben, seine Antwort gegebenenfalls zu berichtigen oder zu ergänzen. Im vorliegenden Fall hatte der Antragsteller dagegen den Antragsgegner nicht vor Einleitung des Organstreitverfahrens auf seine Einwände gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Antwort des Senats hingewiesen. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen. Der Antragsteller hielt der Antwort des Senats zum
einen entgegen, dass er nach einer automatisierten Beantwortung nicht gefragt habe, mithin der Senat seiner Antwort ein falsches Verständnis der Anfrage zugrunde gelegt habe. Zum anderen beanstandete der Antragsteller die Antwort des Senats als falsch, da eine automatisierte POLIKS-Abfrage – entgegen der Antwort – möglich gewesen sei. Bei einer vor Einreichung des Organstreitantrags erfolgten Konfrontation des Antragsgegners mit diesen Einwänden hätte dieser seine Antwort gegebenenfalls ergänzen oder berichtigen können, ohne dass es der Anrufung des Verfassungsgerichtshofes bedurft hätte.
Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, Beschluss vom 11. April 2018 – VerfGH 91/17
Hinweis:
Die oben zitierte Bestimmung der Verfassung von Berlin – VvB – lautet:
Art. 45 [Abgeordnetenrechte]
(1) Das Recht des Abgeordneten, sich im Abgeordnetenhaus und in den Ausschüssen durch Rede, Anfragen und Anträge an der Willensbildung und Entscheidungsfindung zu beteiligen, darf nicht ausgeschlossen werden. Die Rechte der einzelnen Abgeordneten können nur insoweit beschränkt werden, wie es für die gemeinschaftliche Ausübung der Mitgliedschaft im Parlament notwendig ist. Das Fragerecht wird durch schriftliche Anfragen und spontane Fragen ausgeübt. Schriftliche Anfragen sind durch den Senat grundsätzlich innerhalb von drei Wochen schriftlich zu beantworten und dürfen nicht allein wegen ihres Umfangs zurückgewiesen werden. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses.