Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat mit Beschluss vom 18. Februar 2015 dem Antrag des Mitglieds des Abgeordnetenhauses Martin Delius auf Feststellung der Verletzung seines parlamentarischen Fragerechts aus Art. 45 Abs. 1 der Verfassung von Berlin – VvB – durch den Senat von Berlin überwiegend stattgegeben.
Der Antragsteller beanstandete die erst im verfassungsgerichtlichen Verfahren erfolgte Beantwortung von zwei Fragen, die Gegenstand einer schriftlichen Anfrage zum Themenkomplex Flughafen BER waren. Seit Juni 2012 hatte er hierzu insgesamt über 100 parlamentarische Anfragen an den Senat gerichtet.
Der Verfassungsgerichtshof hat den Antrag für zulässig gehalten. Das Rechtsschutzbedürfnis des Abgeordneten entfällt nicht durch das Nachholen einer zuvor unterbliebenen Auskunftserteilung, wenn nicht der Senat zugleich die Verpflichtung aus Art. 45 Abs. 1 VvB vorbehaltlos anerkennt. Der Senat hatte die Verletzung des Fragerechts des Abgeordneten Delius bestritten.
Dem verfassungsrechtlich verbürgten Fragerecht des Abgeordneten entspricht eine grundsätzliche Antwortpflicht des Senats. Der Informationsanspruch des Abgeordneten wird lediglich durch das Gewaltenteilungsprinzip, das Staatswohl, Grundrechte Dritter, den Schutz der Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Regierung sowie durch eine Missbrauchsgrenze begrenzt. Will der Senat von seiner grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht abweichen, Informationsansprüche der Abgeordneten zu erfüllen, muss er innerhalb der in der Verfassung von Berlin bestimmten dreiwöchigen Antwortfrist die Gründe dafür darlegen. Dem Senat ist hinsichtlich des Umfangs seiner Antwort auf beantwortungsbedürftige schriftliche Anfragen ein Spielraum eingeräumt, der durch die Pflicht zur vollständigen und zutreffen-den Antwort begrenzt wird.
Der Senat hat in dem vom Verfassungsgerichtshof entschiedenen Verfahren gegen das Fragerecht des Abgeordneten Delius verstoßen, indem er in seiner Antwort nicht ausgeführt hatte, welche von der schriftlichen Anfrage erfassten Sitzungsprotokolle ihm vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung übermittelt worden sind. Darüber hinaus hatte er zunächst nicht beantwortet, ob er mit Sicherheit ausschließen könne, dass ihn Pro-tokolle auf anderem Wege erreicht haben. Die weitere Teilfrage des Antragstellers, ob der Senat mit Sicherheit ausschließen könne, dass ihm sämtliche Protokolle in aller Vollständigkeit vorliegen, hatte der Antragsgegner dagegen ausreichend beantwortet.
Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, Beschluss vom 18. Februar 2015 VerfGH 92/14
Hinweis:
Die oben zitierte Bestimmung der Verfassung von Berlin – VvB – lautet:
Art. 45 [Abgeordnetenrechte]
(1) Das Recht des Abgeordneten, sich im Abgeordnetenhaus und in den Ausschüssen durch Rede, Anfragen und Anträge an der Willensbildung und Entscheidungsfindung zu beteiligen, darf nicht ausgeschlossen werden. Die Rechte der einzelnen Abgeordneten können nur insoweit beschränkt werden, wie es für die gemeinschaftliche Ausübung der Mitgliedschaft im Parlament notwendig ist. Das Fragerecht wird durch schriftliche Anfragen und spontane Fragen ausgeübt. Schriftliche Anfragen sind durch den Senat grundsätzlich innerhalb von drei Wochen schriftlich zu beantworten und dürfen nicht allein wegen ihres Umfangs zurückgewiesen werden. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses