Anklageerhebung gegen „FragDenStaat“-Chefredakteur
Pressemitteilung vom 20.02.2024
Gegen einen 35-jährigen Journalisten, der unter anderem als Chefredakteur und Projektleiter der Transparenz- und Rechercheplattform „FragDenStaat“ tätig ist, hat die Staatsanwaltschaft Berlin am 25. Januar 2024 Anklage wegen verbotener Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen zum Landgericht Berlin erhoben.
Der Angeschuldigte soll bei „FragDenStaat“ drei Beschlüsse des Amtsgerichts München im Wortlaut aus einem Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft München gegen Klimaaktivist:innen der „Letzten Generation“ veröffentlicht haben. Dass diese Veröffentlichung gegen § 353d des Strafgesetzbuches verstoßen haben dürfte, soll ihm dabei bewusst gewesen sein. Der Angeschuldigte geht davon aus, dass die Strafvorschrift des § 353d StGB gegen das höherrangige Recht von Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes und Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt und will dies im Rahmen des Instanzenzugs von den Gerichten überprüfen lassen.
Die Anklageerhebung zum Landgericht erfolgte vor diesem Hintergrund nicht in Hinblick auf eine etwaige Straferwartung, sondern da den aufgeworfenen Rechtsfragen eine besondere Bedeutung in Hinblick auf die Pressefreiheit zukommt. Insofern wäre die nächste Instanz im Rahmen eines Revisionsverfahrens bereits der Bundesgerichtshof, so dass jedenfalls eine bundeseinheitlich anzuwendende Bewertung der Rechtsfragen durch die Fachgerichte erfolgen würde.
§ 353d Strafgesetzbuch: Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen
Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. entgegen einem gesetzlichen Verbot über eine Gerichtsverhandlung, bei der die Öffentlichkeit ausgeschlossen war oder über den Inhalt eines die Sache betreffenden amtlichen Dokuments öffentlich eine Mitteilung macht,
2. entgegen einer vom Gericht auf Grund eines Gesetzes auferlegten Schweigepflicht Tatsachen unbefugt offenbart, die durch eine nichtöffentliche Gerichtsverhandlung oder durch ein die Sache betreffendes amtliches Dokument zu seiner Kenntnis gelangt sind, oder
3. die Anklageschrift oder andere amtliche Dokumente eines Strafverfahrens, eines Bußgeldverfahrens oder eines Dis-ziplinarverfahrens, ganz oder in wesentlichen Teilen, im Wortlaut öffentlich mitteilt, bevor sie in öffentlicher Verhandlung erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen ist.
Artikel 5 des Grundgesetzes: Recht auf freie Meinungsäußerung, Medienfreiheit, Kunst- und Wissenschaftsfreiheit
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. (3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention: Freiheit der Meinungsäußerung
(1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Dieser Artikel hindert die Staaten nicht, für Hörfunk-, Fernseh- oder Kinounternehmen eine Genehmigung vorzuschreiben.
(2) Die Ausübung dieser Freiheiten ist mit Pflichten und Verantwortung verbunden; sie kann daher Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale Sicherheit, die territoriale Unversehrtheit oder die öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral, zum Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung vertraulicher Informationen oder zur Wahrung der Autorität und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung.
Generalstaatsanwaltschaft Berlin
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