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Deep Tech Talk: Im Interview mit SAFIA Technologies GmbH

Lesezeit: 10 Minuten

Unser Deep Tech Star 2024 in der Kategorie “Social & Sustainable Impact” ist: SAFIA Technologies! Herzlichen Glückwunsch.

Die SAFIA Technologies GmbH hat sich auf partikelbasierte Schnelltestverfahren zur Detektion von Kontaminanten in Lebensmitteln spezialisiert. Der besondere Fokus liegt dabei auf Mykotoxinen. Als eine unserer 15 Finalistinnen und Finalisten haben wir SAFIA Technologies interviewt. Am 11.07.2024 wurden sie zum Deep Tech Award Gewinner 2024 gekürt. Lesen Sie jetzt mehr über SAFIAs Arbeit und Mission!

Herzlichen Glückwunsch, Ihr seid eine der Finalistinnen und Finalisten des 9. Deep Tech Awards! Was bedeutet der Deep Tech Award für Euch und was war die Motivation für Eure Bewerbung?
Vielen Dank! Wir freuen uns sehr über die Nominierung und die Anerkennung durch die Jury des Deep Tech Awards. Unsere Motivation zur Bewerbung war der Wunsch, die Vielfalt der Berliner Startup-Landschaft zu repräsentieren. Oftmals werden Startups in Berlin primär mit Marketing oder FinTech assoziiert, doch die Stadt bietet weitaus mehr. Mit unserer Teilnahme wollten wir verdeutlichen, wie Startups wie wir und unsere Mitfinalisten mit technischer Innovation die Welt verbessern können. Der Deep Tech Award bietet uns eine hervorragende Plattform, um diese Botschaft rüberzubringen.

DTA Ceremony 6

Berlin gilt als eines der wenigen deutschen Zentren für technologische Innovation. Wie erlebt Ihr die lokale Tech-Infrastruktur und wie wird diese durch den Deep Tech Award beeinflusst?
Wir erleben die lokale Infrastruktur in Berlin als hervorragend. Unser Firmensitz in Adlershof, einem der größten Wissenschaftsparks Europas, bietet uns Zugang zu einer einzigartigen Umgebung und einem ausgezeichneten Netzwerk. Die Nähe zur Humboldt-Universität und zu technologischen Instituten wie der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) ermöglicht es uns, wertvolle Kooperationen einzugehen. Diese strategischen Partnerschaften sind entscheidend für die Entwicklung und Implementierung von Spitzentechnologien.

Lasst uns die Perspektive wechseln und ein wenig mehr über Euch sprechen. Ihr habt Euch mit Eurem SAFIA beworben. Bitte gebt uns einen kleinen Einblick in Eure Gründungsgeschichte und Eure Hauptmotivation, dieses Produkt zu entwickeln.
Wir sind eine Ausgründung der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM). Die Grundlagentechnologie hinter SAFIA wurde von Peter Carl während seiner Doktorarbeit entwickelt, ursprünglich zur Überwachung von Abwasser. Nach seiner Promotion entschloss sich Peter gemeinsam mit Timm Schwaar und Nick Gundermann, diese Technologie weiterzuentwickeln, um einen Schnelltest für die Lebensmittelüberwachung zu entwickeln. Unser Ziel war es, eine kostengünstige und einfache Methode zur Detektion von Kontaminanten (Schimmelpilzgiften) in Lebensmitteln zu schaffen. Mit Unterstützung einer EXIST-Förderung des BMWKs konnten wir unser Produkt zur Marktreife bringen. Vor etwa einem Jahr haben wir dann unser erstes Produkt auf den Markt gebracht, das die sechs wichtigsten Schimmelpilztoxine in Lebensmitteln nachweist. Mit diesem Produkt konnten wir erste wichtige Kunden gewinnen, darunter die Bundeswehr, die unsere Technologie nutzt, um die Sicherheit von Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz zu gewährleisten. Zusätzlich arbeiten wir mit dem Institut für medizinische Diagnostik (IMD) Berlin zusammen, um auch eine effiziente Diagnostik von Schimmelpilztoxine zu entwickeln, um eine Vergiftung nachweisen zu können, was bisher nicht ohne weiteres möglich war.
Anfang dieses Jahres sind wir zudem eine Vertriebskooperation mit dem Unternehmen Sysmex eingegangen, um unsere Lösung weltweit anzubieten.

Warum glaubt Ihr, dass SAFIA Technologies es auf die Liste der Finalist:innen geschafft hat und warum ist es Deep Tech?
Wir glauben, dass SAFIA Technologies es auf die Liste der Finalist geschafft hat, weil wir demonstriert haben, wie unsere Technologie nachhaltigen Mehrwert schafft, indem sie auch in unterversorgten Gemeinschaften Lebensmittelsicherheit und Gesundheitsversorgung sicherstellt. Zudem zeigt SAFIA erfolgreich, wie der Transfer von akademischer Forschung in ein Produkt, das vielen Menschen helfen kann, gelingt.
SAFIA gilt als Deep Tech, weil es die Schnelltest-Technologie revolutioniert, indem es die Begrenzung herkömmlicher Tests überwindet und die simultane Analyse mehrerer Parameter ermöglicht, was schnelle und umfassende Informationen liefert.

Was ist die wichtigste technologische Innovation in Euer SAFIA und warum bringt sie den Stand der Technik voran?
SAFIA stellt eine entscheidende Weiterentwicklung in der Schnelltest-Technologie dar. Während der Corona-Pandemie haben wir die Vorteile solcher Tests alle erlebt, vor allem in Bezug auf Geschwindigkeit und Anwenderfreundlichkeit. Der wesentliche Nachteil herkömmlicher Schnelltests liegt allerdings in ihrer Begrenzung, nur einzelne Parameter erfassen zu können, was die erhaltenen Informationen stark einschränkt. SAFIA überwindet diese entscheidende Schwäche durch den Einsatz der revolutionären SAFIA Technologie, die die simultane Analyse mehrerer Parameter ermöglicht, wodurch umfassende Informationen schnell und effizient bereitgestellt werden können.

SAFIA Technologies GmbH

Was waren die größten Hindernisse in Eurem Entwicklungsprozess? Wie habt Ihr sie überwunden?
Eines unserer größten Herausforderungen war die Entwicklung von Testkits, die sowohl in verschiedenen Lebensmitteln als auch in humanen Proben wie Urin und Blutplasma zuverlässig funktionieren. Die Aufgabe bestand darin, die optimale Zusammensetzung für unsere Kits zu finden, was besonders bei komplexen Lebensmittelproben wie Gewürzen schwierig ist. Wir mussten mehrere Rückschläge hinnehmen, da in solchen Fällen oft nur experimentelles Ausprobieren weiterhilft. Nach intensiver Forschung und Entwicklung gelang es uns schließlich, eine Zusammensetzung zu finden, die bei nahezu allen getesteten Proben zuverlässige Ergebnisse liefert.

Wie messt Ihr die sozialen und ökologischen Auswirkungen von Eurem SAFIA, und welche Ergebnisse habt Ihr bisher gesehen?
Als junges Startup stehen wir vor der Herausforderung, die sozialen und ökologischen Auswirkungen unseres Produkts direkt zu messen. Wir sind uns dieser Verantwortung bewusst und streben an, in Zukunft robuste Methoden zur Bewertung dieser Auswirkungen zu entwickeln und einzusetzen. Unser Ziel ist es, nicht nur die Effektivität unserer Technologie nachzuweisen, sondern auch deren positiven Einfluss auf die Gesellschaft und die Umwelt transparent und messbar zu machen.

Wie arbeitet Ihr mit lokalen Gemeinschaften oder Interessengruppen zusammen, um sicherzustellen, dass Eure Innovation deren Bedürfnisse erfüllt und ihnen direkt zugutekommt?
Wir pflegen eine enge Zusammenarbeit mit unseren Kunden, um sicherzustellen, dass unsere Innovationen direkt auf ihre Bedürfnisse abgestimmt sind. Durch regelmäßigen Austausch mit Interessengruppen passen wir unsere Kits kontinuierlich an neue toxikologische Erkenntnisse und regulatorische Anforderungen an.

Welche Strategien habt Ihr, um Eure Technologie zu verbreiten und ihren Erfolg in anderen Regionen oder Kontexten zu wiederholen?
Um unsere Technologie weltweit anzubieten, setzen wir auf eine strategische Vertriebspartnerschaft mit Sysmex, um deren globales Vertriebsnetz zu nutzen und unsere Kits weltweit anbieten zu können.
Zusätzlich entwickeln wir in Kooperation mit Forschungsinstituten, wie der BAM, neue Nachweismethoden. Beispielsweise planen wir, in das Umweltmonitoring einzusteigen, um die Wasseraufbereitung effektiver überwachen zu können. Auch die Allergendiagnostik ist ein vielversprechendes Anwendungsgebiet, und wir befinden uns bereits in intensivem Austausch mit Forschungsgruppen, um dieses Thema anzugehen.

Was sind Eure langfristigen Ziele für SAFIA Technologies, und wie wollt Ihr seine Wirkung im Laufe der Zeit erhalten?
Unsere langfristigen Ziele für SAFIA Technologies ist es, unsere Technologie in verschiedenen Bereichen zu etablieren und auszubauen. Wir wollen mit unseren Produkten eine globale Messinfrastruktur schaffen, die es ermöglicht, Menschen weltweit vor lebensbedrohlichen Kontaminationen in Lebensmitteln zu schützen. Wir wollen unsere Produkte kontinuierlich weiterentwickeln und verbessern, basierend auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Kundenbedürfnissen.

Was wünscht Ihr Euch für unsere technologische oder digitale Zukunft?
Wir wünschen uns für die Zukunft, dass neben der Weiterentwicklung von beeindruckenden neuen KI-Systemen auch die Bedeutung der Technologien, die zur Datenerzeugung benötigt werden, nicht aus dem Auge verloren wird. Solche revolutionären Technologien sind unerlässlich, denn sie liefern die notwendigen Daten, die Künstliche Intelligenzen benötigen, um zu lernen und effektiv zu arbeiten. Wir hoffen, dass die Entwicklung dieser grundlegenden Technologien weiterhin intensiv gefördert wird, um eine robuste Basis für den technologischen Fortschritt zu sichern.

Welchen Rat möchtet Ihr jungen Unternehmer:innen und Tech-Innovator:innen geben, die ihre Ziele erreichen wollen und vielleicht auch am Deep Tech Award 2025 teilnehmen möchten? Da Ihr es von 100 Bewerbern unter die Finalist:innen geschafft habt, gehen wir davon aus, dass Ihr hier einige echte Profi-Tipps habt.
Durchhalten und aus jedem Feedback und/oder Rückschlag lernen. Wir haben bereits an einigen Wettbewerben teilgenommen und wurden nicht immer ausgezeichnet. Doch jedes Stück Feedback von Expertinnen und Experten war wertvoll, um uns weiterzuentwickeln und zu dem Punkt zu gelangen, an dem wir heute sind. Dies gilt auch im Umgang mit Kunden: Nehmt Feedback oder Kritik an der Idee oder später am Produkt ernst und nutzt es als Chance, eure Lösungen so anzupassen, dass sie die Bedürfnisse der Kunden noch besser erfüllen. Beharrlichkeit und die Fähigkeit, konstruktiv auf Rückmeldungen zu reagieren, sind entscheidend für den Erfolg in der Tech-Branche.

Vielen Dank für all Eure faszinierenden Einblicke!